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Politik und Markt

Bund will kommunale Investitionen mit 90 % fördern

Die Bundesregierung will Investitionen von finanzschwachen Kommunen fördern. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf vorgelegt.

Der Gesetzentwurf „zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern“ wurde gemeinsam mit dem Entwurf des Nachtragshaushalts (18/4600) am 23. April erstmals im Bundestag beraten. Danach will die Bundesregierung ein Sondervermögen „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ in Höhe von 3,5 Milliarden Euro einrichten, aus dem in den Jahren 2015 bis 2018 Investitionen von struktur- und finanzschwachen Kommunen mit einem Fördersatz von bis zu 90 Prozent gefördert werden sollen. Zudem will die Bundesregierung den Kommunen im Jahr 2017 weitere 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, um ihnen so Spielräume für zusätzliche Investitionen zu eröffnen.

Weiter soll mit dem Gesetzentwurf die Verständigung zwischen Bund und Ländern über ein Gesamtkonzept zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern umgesetzt werden, nach dem Länder und Kommunen in diesem Jahr um 500 Millionen Euro entlastet werden sollen. 2016 will der Bund weitere 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen, heißt es im Gesetzentwurf.

Die Investitionen der Kommunen würden sich seit dem Jahr 2013 zwar positiv entwickeln, allerdings werde diese Entwicklung in der Hauptsache von finanzstarken Kommunen getragen, heißt es zur Begründung. Dem gegenüber könnten finanzschwache Kommunen erforderliche Investitionen zum Beispiel in die örtliche Infrastruktur häufig nicht finanzieren. Damit sei die Gefahr einer weiteren Verfestigung der Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen strukturstarken und strukturschwachen Kommunen und Regionen verbunden.

Positive Resonanz

Die Spitzenverbände der Städte, Gemeinden und Kreise begrüßen die Pläne der Bundesregierung, für kommunale Investitionen sowie die Unterbringung von Flüchtlingen zusätzliche Fördermittel bereitzustellen. Dennoch blicken sie nicht ohne finanzielle Sorgen in die Zukunft. Das hat eine Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestages ergeben. Die Abgeordneten unter Vorsitz von Gesine Lötsch (Die Linke) befragten die Verbandsvertreter und weitere Sachverständige zum Gesetzentwur.

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, begrüßte die Zielsetzung des Gesetzentwurfs und bescheinigte darüberhinaus dem jetzigen Regierungsbündnis, ihre Koalitionsvereinbarung sei die bisher „kommunalfreundlichste“. Er bedauerte aber, dass die geplante Förderung einen Großteil der erforderlichen Investitionen gar nicht abdecke, weil der Bund wegen der grundgesetzlichen Trennung der föderalen Ebenen nur Investitionen finanzieren darf, für die er die Gesetzgebungskompetenz hat. Deshalb sieht der Gesetzentwurf vor, dass im Straßenbau nur Investitionen in den Lärmschutz und bei Gebäuden etwa von Schulen nur die energetische Sanierung finanziert werden darf.

Die Staatssekretärin im brandenburgischen Finanzministerium Daniela Trochowski forderte deshalb, solche Beschränkungen aufzuheben. Dem hielt Dr. Martin Junkernheinrich, Professor für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern, entgegen, dass auch innerhalb der von Gesetzentwurf abgedeckten Bereiche der Investitionsbedarf höher sei als die jetzt vorgesehenen Gelder. Langfristig solle man aber über die mit der Föderalismusreform geschaffenen Abgrenzungen noch einmal nachdenken.

Auch der Deutsche Städtetag, der Verband der Großstädte, fordert nicht, die Kriterien zu erweitern, wie dessen Vertreter Stefan Anton klarstellte. Denn der Städtetag wolle vor allem schnelle Handlungsfähigkeit. Anton begrüßte, dass der Gesetzentwurf, von den verfassungsbedingten Einschränkungen abgesehen, wenig Vorgaben mache. Die Kommunen könnten am besten einschätzen, wo welche Investitionen sinnvoll seien. Positiv wertete Anton auch, dass den Ländern ein großer Spielraum bleibe, das Kriterium „finanzschwach“ für ihre Kommunen zu definieren. Allerdings kritisierte Daniela Trochowski für das Land Brandenburg, dass die Inanspruchnahme von Kassenkrediten eines der Kriterien sei, nach denen die Finanzschwäche bemessen werden solle. Gemeinden mit hohen Kassenkrediten stünden aber „zum Teil bei der Steuerkraft an der Spitze“, konstatierte sie.

Thema mehrerer Sachverständiger war, dass der Gesetzentwurf einen mindestens zehnprozentigen Eigenanteil bei den geförderten Investitionen verlangt. Besonders finanzschwache Kommunen könnten oft selbst diesen geringen Anteil nicht aufbringen. Jörg Zeuner von der Kreditanstalt für Wiederaufbau forderte daher die Länder auf, notfalls aus eigenen Haushaltsmitteln sicherzustellen, dass „diese zehn Prozent da sind“.

Da Fördergelder des Bundes für Kommunen immer über die Länder laufen, spielten in mehreren Fragen von Abgeordneten die berüchtigten „klebrigen Hände“ eine Rolle. Damit ist gemeint, dass die Gelder oft nicht vollständig an die Kommunen weitergereicht werden. Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, der die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Landkreistages leitet, stellte aber fest, dass der vorliegende Gesetzentwurf den Ländern keine Möglichkeit lasse, Gelder abzuzweigen.

Zu der im selben Gesetzentwurf geregelten Entlastung bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern stellten die Sachverständigen einhellig fest, dass angesicht der aktuell prognostizierten Flüchtlingszahlen die Mittel bei weitem nicht ausreichen würden. Die Kölner Stadtkämmerin Gabriele Klug wies darauf hin, dass diese zusammen mit den anderen Formen der Zuwanderung vor allem die größten Städte vor erhebliche Herausforderungen stelle. Es entstehe ein erheblicher Mehrbedarf etwa bei der Bildung, Kinderbetreuung und Jugendhilfe. Gleichzeitig erfordere die wachsende Zahl älterer Menschen Investitionen beispielsweise in die Barrierefreiheit. Derzeit noch strukturstarke Städte wie Köln stießen dadurch an ihre finanziellen Grenzen. Das jetzt diskutierte Vorhaben solle daher der „Einstieg in die Diskussion werden“, wie solche Städte „vor dem Kippen bewahrt werden“, wünschte sich Klug.

Quelle: u.a. Bundestag

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