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Tellerrand: Baden-Württemberg führt als erstes Bundesland vollelektronische Gerichtsakte ein

Als erstes Bundesland führt Baden-Württemberg die vollelektronische Akte in gerichtlichen Streitverfahren ein, ganz ohne Aktenführung in Papier.

Beim Landgericht Mannheim und beim Arbeitsgericht Stuttgart erproben jeweils vier Kammern im Rahmen eines Pilotprojekts diesen grundlegenden Wandel in der Justiz.

Keine papiernen Aktenstapel, keine rollenden Aktenwagen auf den Gängen, sondern modernste Hard- und Software, schneller Datenaustausch und komfortable Verfahrensbearbeitung am PC. Der Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf hat beim Landgericht Mannheim im Rahmen einer Feierstunde das Pilotprojekt der elektronischen Gerichtsakte offiziell gestartet und das Engagement aller Projektbeteiligten gewürdigt.

„Das Landgericht Mannheim und das Arbeitsgericht Stuttgart sind bundesweit die ersten beiden Gerichte, an denen die Akten in gerichtlichen Streitverfahren verbindlich elektronisch geführt werden. In allen neu eingehenden Verfahren gibt es keine Papierakten mehr, die Verfahren werden vollständig digital bearbeitet. Damit ist Baden-Württemberg Vorreiter für eine moderne Justiz“, sagte Minister Guido Wolf. Er wies auf die großen Vorteile eines digitalen Justizwesens für die Bürgerinnen und Bürger hin: „Anträge und andere Schreiben können rein elektronisch bei Gericht eingereicht werden, die vollelektronische Übermittlung und Bearbeitung von Daten beschleunigt die Verfahren zum Wohl der rechtsuchenden Menschen. Moderne Verschlüsselungssysteme gewährleisten dabei stets einen umfassenden Datenschutz“, so Minister Wolf.

Der Minister dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre rege und aufgeschlossene Begleitung des Projekts: „Unsere elektronische Akte hat den klaren Anspruch, die gewohnten und bewährten Arbeitsabläufe abzubilden und die tagtägliche Arbeit zu erleichtern. Die elektronischen Dokumente lassen sich künftig deutlich leichter durchsuchen und strukturieren, zitierte Gerichtsentscheidungen etwa können komfortabel mit einem Klick in juristischen Datenbanken abgerufen werden. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht die jederzeitige Verfügbarkeit der elektronischen Akte zudem mobiles Arbeiten und abteilungsübergreifende Vertretungen“, erläuterte Minister Wolf.

Den Präsidenten der beiden Pilotgerichte Günter Zöbeley und Jürgen Gneiting, den Pilotanwendern beim Landgericht Mannheim und Arbeitsgericht Stuttgart sowie den verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im IuK-Fachzentrum der Justiz und im Ministerium sprach Minister Wolf seinen Dank und seine Anerkennung aus. „Mit großem persönlichen Einsatz und echter Begeisterung haben Sie für einen erfolgreichen Start dieses Mammutprojekts gesorgt. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken“, so der Minister. Auch dem Projektpartner, dem Software-Unternehmen PDV-Systeme GmbH, dankte Minister Wolf. „Bei der Auswahl der Software für die elektronische Akte haben wir uns bewusst für ein Produkt entschieden, das in der Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen schon seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird. Unser erfahrener Partner, die PDV-Systeme GmbH, passt diese erprobte Basissoftware an die speziellen Bedürfnisse der Justiz an. Auch der Bundesgerichtshof, das Bundespatentgericht und die Justiz in Schleswig-Holstein haben sich bereits für diese Lösung entschieden“, so der Minister. Ebenso dankte er dem Unternehmen T-Systems, mit dem die Justiz im Bereich Hardware und Infrastruktur zusammenarbeitet.

Die elektronische Gerichtsakte

Die Einführung der elektronischen Gerichtsakte steht im Zusammenhang mit der Etablierung des flächendeckenden elektronischen Rechtsverkehrs. Alle Rechtsanwälte werden künftig über besondere elektronische Anwaltspostfächer verfügen. Bis zum 1. Januar 2018 ist die bundesweite flächendeckende Öffnung des elektronischen Rechtsverkehrs auf der Basis neuer und einheitlicher Regelungen vorgesehen. Die Gerichte sind dann bundesgesetzlich verpflichtet, Post auf sicheren elektronischen Wegen rechtsverbindlich entgegenzunehmen. Bis spätestens zum 1. Januar 2022 müssen Rechtsanwälte, Behörden und andere so genannte „professionelle Einreicher“ ihre Schreiben rein elektronisch bei den Gerichten einreichen. Die Bürgerinnen und Bürger haben die Wahl, ob sie ihre Schreiben elektronisch oder schriftlich per Post oder Fax an das Gericht senden.

Die elektronische Akte stellt sicher, dass die digitale Post innerhalb des Gerichts ohne Medienbrüche papierlos bearbeitet werden kann. Die aktuelle Pilotierung ist im Mai beziehungsweise Juni 2016 beim Arbeitsgericht Stuttgart und Landgericht Mannheim gestartet, 43 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen sich in der ersten Stufe an dem auf ein Jahr angelegten Projekt. Im Jahr 2017 soll die Pilotierung auf weitere Gerichtsbarkeiten und Fachbereiche ausgedehnt werden. Bis 2020 soll die papierlose elektronische Akte bei allen baden-württembergischen Gerichten eingeführt sein.

Die Straf- und auch die Verfassungsgerichtsbarkeit sind von diesen Regelungen bislang nicht erfasst, entsprechende Vorschriften durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sind jedoch in Planung. Die Bundesregierung hat bereits am 4. Mai 2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vorgelegt.

Quelle: Staatsministerium Baden-Württemberg

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