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BMI veröffentlicht einseitig EVB-IT Systemvertrag

Ende August hat das Bundesministerium des Innern (BMI) [1] den EVB-IT Systemvertrag einseitig veröffentlicht und damit die Vertragsbedingungen öffentlicher Aufträge in der Informationstechnik deutlich verschärft. Das BMI hatte zuvor die Verhandlungen mit der Wirtschaft über die so genannten „Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen“ (EVB-IT) abgebrochen und damit die über Jahrzehnte hinweg praktizierte und bewährte Praxis der gemeinsamen und abgestimmten Erarbeitung ausgewogener Beschaffungsbedingungen aufgegeben.


Der EVB-IT Systemvertrag dient der Beschaffung großer, komplexer IT-Systeme. Die Delegationen von BITKOM [2] und BMI verhandelten seit Mitte 2006 am eigentlichen Vertragstext. Dem aktuellen Vertragsstand konnte BITKOM nicht zustimmen, da dieser wesentliche, für die Wirtschaft nicht akzeptable Punkte enthält. Dazu gehörten insbesondere eine lückenhafte Haftungsbegrenzung, umfangreiche Nutzungs- und Verwertungsrechte an Individualsoftware, lange Gewährleistungsfristen und eine unzureichende Umsetzung von Teilabnahmen. Diese Kritikpunkte werden vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) [3] und dem Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie (ZVEI) [4] ausdrücklich mitgetragen.

BITKOM hatte mehrfach vergeblich versucht, das BMI zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen. Auch der BDI hatte sich darüber hinaus für eine Fortsetzung der Verhandlungen eingesetzt. Durch die einseitige Veröffentlichung der EVB-IT System wird nach BDI-Ansicht die langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und Wirtschaft gefährdet.

Hintergrund

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) verhandelt seit 2000 mit dem Bundesministerium des Innern und Vertretern der Länder die EVB-IT (Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen). Die EVB-IT sind Musterverträge und Musterbedingungen für den Einkauf von IT-Produkten und -Dienstleistungen durch die Öffentliche Hand. Für die Bundesbehörden sind die Vertragsmuster verbindlich. Mit den bereits veröffentlichten EVB-IT-Vertragstypen konnten allgemein anerkannte und ausgewogene Bedingungen für den öffentlichen ITK-Markt erreicht werden. Aktuell verhandelt wurde der EVB-IT Systemvertrag, der der Beschaffung großer, komplexer IT-Systeme dient.

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Über Marco Junk [5]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [6]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [7]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [2] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [8]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [9] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [10] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [11] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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