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Einer ist keiner: Auch bei Teilinsolvenz von Bietergemeinschaft kein Angebotsausschluß

Was passiert eigentlich, wenn ein Mitglied einer Bietergemeinschaft insolvent geht? Mit dieser ebenso interessanten wie realistischen Fallkonstellation sah sich das OLG Celle konfrontiert. Mit Beschluß vom 5.9.2007 (13 Verg 9/07) vertrat es die Auffassung, dass ein Ausschluß des abgegebenen Angebots aus diesem Grund unzulässig sei. In diesem Falle habe der Auftraggeber nur die Eignung der Bietergemeinschaft neu zu prüfen.

Folgender Sachverhalt lag zugrunde: Über das Vermögen eines von insgesamt fünf Gesellschaftern einer Bietergemeinschaft wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der öffentliche Beschaffer schloß daraufhin das Angebot mit der Begründung aus, es habe sich gem. §§ 728 II, 736 I BGB durch die Insolvenz eines Gesellschafters die Zusammensetzung und damit letztlich auch das konkrete Angebot geändert. Hiergegen wandte sich die Bietergemeinschaft.

Nach Ansicht des OLG ändere sich durch die Insolvenz eines Mitglieds der Gemeinschaft zwar deren Zusammensetzung. Allerdings bleibe „die personelle Identität des Bieters“ – vorliegend handelte es sich um eine GbR – unter Bezugnahme auf die Rspr. des BGH zur Rechtsfähigkeit der Außen-GbR gewahrt. Eine Angebotsänderung läge daher nicht vor.

Für die Ansicht des OLG spricht im Ergebnis aber vor allem Folgendes: Die Insolvenz eines Einzelbieters führt regelmäßig nur zu einer neuen Eignungsprüfung (§ 8 Nr. 5 Ia VOB/A). Daher kann die Insolvenz nur eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft erst recht nicht zum Ausschluß des Angebots führen.

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Über Marco Junk [1]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [2]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [3]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [4] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [5]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [6] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [7] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [8] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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