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Produktneutrale Ausschreibung von ITK: Erster Open Source Benchmark entwickelt

itk Gem. § 8 VOL/A sind Ausschreibungen „produktneutral“ zu formulieren. So soll sichergestellt werden, das nicht durch diskriminierende Formulierungen bestimmte Bieter ausgeschlossen werden. Gerade im ITK-Bereich aufgrund der technischen Komplexität keine leichte Aufgabe, weshalb in der Vergangenheit nicht selten auf einschlägige Produktnamen Bezug genommen wurde. Um den öffentlichen Einkäufern hier eine praxisgerechte Hilfe an die Hand zu geben, entwickelten öffentliche Beschaffer gemeinsam mit BITKOM in der Initiative „itk-beschaffung.de [1]“ Leitfäden zur produktneutralen Ausschreibung. Einziges Manko: Diese waren auf die Windows-Welt beschränkt – das soll sich nun ändern.

Produktneutrale Ausschreibungen von ITK sind keine einfache Angelegenheit: Beschaffer müssen in einem aufwändigen Prozess die Anforderungen an die Systeme möglichst detailliert beschreiben, ohne einen bestimmten Hersteller zu bevorzugen. Das Mittel der Wahl stellen daher Benchmarks dar. Diese herstellerneutrale Software testet das System, indem sie – im optimalen Fall  – dessen täglichen Arbeitseinsatz simuliert (sog. anwendungsbezogene Benchmarks). Die so gewonnen Ergebnisse machen die Leistung von Desktop-PCs, Notebooks oder Servern erstmals objektiv miteinander vergleichbar. Dementsprechend lassen sich Ausschreibungen formulieren, die – produktneutral – einen bestimmten, vom Benchmark zu erreichenden Performance-Wert fordern.

Die Arbeitsgruppe hinter „itk-beschaffung.de [1]„, bestehend aus Beschaffungsamt des BMI, IT-Amt der Bundeswehr, UBA und BITKOM hatte sich dabei auf den „Sysmark 2007 Preview“ als herstellerneutralen Benchmark verständigt. Dieser läuft aber ausschließlich in einer Windows-Umgebung, ein Benchmark zur Berücksichtigung des Linux-Betriebssystem oder von Open-Source-Software war bislang nicht verfügbar. Die Linux Solutions Group e.V. (LiSoG) [2], ein Netzwerk zur Förderung Open-Source-basierter Lösungen im deutschsprachigen Raum, veröffentlichte nun die Spezifikation des ersten Open Source Desktop Benchmarks (OSDtBench). Der Benchmark macht das Linux-Betriebssystem und Open-Source-Anwendungen erstmals für produktneutrale Ausschreibungen vergleichbar.

Das LiSoG-Projektteam erstellte von August 2007 bis April 2009 eine Spezifikation sowie einen Prototypen in Form einer Fedora-live-DVD. Damit können Anwender alltägliche Arbeitsschritte mit Open-Source-Software im Büroumfeld testen – wie zum Beispiel Dokumentenerstellung und -speicherung oder Grafikbearbeitung. „Dieses Projekt ist für alle öffentlichen Institutionen interessant, da sie damit ihre Ausschreibungen tatsächlich produktneutral und herstellerunabhängig gestalten können“, erklärt Thomas Winkelbauer vom Open Source Software Kompetenzzentrum im Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung.

„Unser Ziel war es zu zeigen, dass ein auf Open Source basierter Benchmark möglich ist“, erläutert Dr. Jutta Kreyss, Senior IT Architekt, IBM Deutschland Research & Development GmbH und LiSoG-Projektmitglied. „Im nächsten Schritt werden wir die Spezifikation implementieren und den Prototypen baldmöglichst zur Marktreife bringen. Denn dann profitieren alle Unternehmen und Institutionen von einem kostenfreien Open-Source-Desktop-Benchmark.“

Weitere Hintergründe zum Projekt finden Sie hier [3].

Die gemeinsame Initiative von Beschaffungsamt des BMI, IT-Amt der Bundeswehr, Umweltbundesamt und BITKOM zur produktneutralen wie umweltfreundlichen Ausschreibung von ITK finden Sie unter www.itk-beschaffung.de [1].

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Über Marco Junk [4]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [5]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [6]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [7] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [8]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [9] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [10] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [11] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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