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Zentralisierte Beschaffung: 80 Krankenkassen bündeln ihre Marktmacht

Das Gemeinschaftsunternehmen der Betriebskrankenkassen, spectrum|K, hat am 27. Juli sein Vergabeverfahren für Rabattverträge gestartet (vgl. EU-Amtsblatt vom 28. Juli 2009; Az. 2009/S 142-207880). Die Ausschreibung dient dem Abschluss von Rabattverträgen von Medikamenten. Die Besonderheit: An dem Vergabeverfahren beteiligen sich 80 Krankenkassen, darunter neben Betriebskrankenkassen auch Vertreter anderer Kassenarten. Damit umfasst die Ausschreibung ein Auftragsvolumen für ca. 7,3 Millionen Versicherte – wie war das noch mit dem Kartellrecht und den Krankenkassen?

Vertragsgegenstand der Rabattvereinbarungen, deren Rechtsgrundlage sich in § 130a Abs. 8 SGB V findet, sind insgesamt 52 Wirkstoffe in 79 Fachlosen, dabei sollen jeweils vier Bieter je Fachlos den Zuschlag erhalten. Laut einer Pressemitteilung von spectrum|K sollen „aufgrund des hohen Auftragsvolumens…attraktive Rabattkonditionen für alle beteiligten Krankenkassen“ erzielt werden.

Mit einer geplanten Laufzeit von zwei Jahren ist der Abschluss der ausgeschriebenen Rabattverträge zweimal um jeweils ein Jahr verlängerbar. Die Gebote finden in Form mengenabhängiger Staffelrabatte statt. Das Vergabeverfahren wird komplett in elektronischer Form abgewickelt.

Bei einer solchen gebündelten Beschaffung drängt sich allerdings § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf, der da lautet

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

Nun ist zwar umstritten, ob auch § 1 GWB auf Krankenkassen Anwendung findet (laut § 69 SGB V ist das nicht der Fall). Letztlich agieren die Kassen hier aber wie Unternehmen am Markt. Ein Maßstab für eine wettbewerbsverzerrende Wirkung ist dabei, ob der Anbieter leicht auf andere Nachfrager ausweichen könnte. Bei dieser konkreten vertragsgegenständlichen Leistung und angesichts von 80 Kassen….

Die zumindest für die Verbraucher positive Nachricht: Für alle ausgeschriebenen Medikamente sollen die Versicherten von den sonst üblichen Medikamentenzuzahlungen befreit werden.

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