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Neues Portal „Interkommunale Zusammenarbeit in Baden-Württemberg“ gestartet

@ Die Freistellung der Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) vom Vergaberecht war einer der größten Zankäpfel im Rahmen der 2009 GWB-Reform. Am Ende entschied sich die große Koalition gegen eine solche ausdrückliche Regelung [1] in § 99 GWB. Die bekannte sog. Teckal-Rechtsprechung des EuGH [2] war hierzu bislang sehr restriktiv, wenngleich das Gericht mit Urteil vom 9. Juni letzten Jahres (RS C-480/06, „Stadtreinigung Hamburg“) [3] die Tür hierfür wieder etwas geöffnet zu haben schien. Eine klarstellende EU-rechtliche Regelung lässt nach wie vor auf sich warten. Ein neues Internetportal von und für Kommunen in Baden-Württemberg soll in diesem rechtlich wie tatsächlich schwierigen Umfeld Hilfe und Orientierung geben.

Das Portal wird gemeinsam vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg, dem Baden-Württembergischen Städtetag und dem Gemeindetag getragen und bietet Städten und Gemeinden Informationen und Veröffentlichungen rund um das Thema IKZ. Dazu zählen Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen und aktuelle Studien, wie auch die Datenbank „IKZ in der Praxis“ mit praktischen Beispielen für bestehende Kooperationen aus ganz Baden-Württemberg. Die Inhalte werden dabei von Kommunen für Kommunen bereitgestellt.

„Interkommunale Zusammenarbeit ist ein wichtiges Zukunftsthema vor allem für Kommunen im Ländlichen Raum. Durch erfolgreiche Kooperationen können bestehende Dienstleistungen der öffentlichen Hand für die Bürgerinnen und Bürger des Landes effizient gesteuert und weiterentwickelt werden“, so der baden-württembergische Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk, MdL, in einer Pressemitteilung des Ministeriums zum Start des Portals. Dabei stehe auch nicht immer die Kostenfrage im Mittelpunkt: „Der Transfer von Wissen und Kompetenzen sowie der Austausch von Informationen und Ideen sind ebenfalls wichtige Faktoren für die erfolgreiche Entwicklung gemeinsamer Vorhaben“, so der Minister.

Neben der Sicherung bestehender Dienst- und Infrastrukturleistungen durch eine Bündelung von Ressourcen und ein effektives Personalmanagement könnten mit Hilfe eines gemeinsamen und gebündelten Engagements auch neue Projekte in Angriff genommen werden. So erweise sich eine Zusammenarbeit von Kommunen in den Bereichen Tourismus und Kultur oft als unverzichtbar und beinhalte gleichzeitig eine echte Chance, sich im Standortwettbewerb zu behaupten.

In Baden-Württemberg hat man aber offenbar noch weitreichendere Pläne: IKZ werde im Hinblick auf die demografischen Veränderungen, die angespannte Haushaltssituation vieler Kommunen sowie unter dem Gesichtspunkt eines verstärkten Standortwettbewerbs weiter an Bedeutung gewinnen. „Was in einigen Bereichen, zum Beispiel bei der Wasserversorgung oder den kommunalen Rechenzentren, seit vielen Jahren praktiziert werde, lässt sich in verschiedenen Formen auf fast alle Verwaltungsbereiche ausdehnen“, wird Hauk zitiert. – Auf fast alle Verwaltungsbereiche? Selbst unter Beachtung des genannten EuGH-Urteils vom Juli 2009 eine wohl doch mutige Aussage.

Die Landesregierung unterstützt im Rahmen ihrer Förderung Gemeinden, die interkommunal zusammenarbeiten. So sei bei Bauhöfen die Trägerschaft von zwei oder mehr Gemeinden eine Fördervoraussetzung. Beim Modellprojekt EULE [4] zur innovativen Kommunalentwicklung hätten Kommunalverbünde einen Vorrang vor Einzelgemeinden gehabt.

Das Portal finden Sie unter www.ikz-bw.de [5]. Es wird gemeinsam vom Ministerium, Städtetag und Gemeindetag getragen und finanziert und ist leider nur für Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg zugänglich.

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Über Marco Junk [6]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [7]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [8]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [9] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [10]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [11] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [12] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [13] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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