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Drei von vier Unternehmen befürworten ökologische öffentliche Beschaffung – Nachlese der DIHK Fachkonferenz von Juni

Drei von vier deutschen Unternehmen befürworten eine an ökologischen Kriterien ausgerichtete öffentliche Beschaffung. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Befragung von Unternehmen durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), Berlin. Bislang allerdings, so die überwiegende Einschätzung von Teilnehmern einer DIHK-Fachkonferenz [1] von Mitte Juni,  ist die Nachfrage deutscher Behörden beispielsweise nach energiesparenden Lampen und Computern noch gering.

Reform noch nicht angekommen

Nach Beobachtung von Annette Karstedt-Meierrieks, Referatsleiterin Öffentliches Auftragswesen beim DIHK, wissen viele Beschaffer erst wenig mit den neuen Möglichkeiten, die § 97 IV GWB für eine ökologische Beschaffung eröffnet, anzufangen: „In vielen Vergabestellen ist die Reform noch nicht angekommen“, so die Juristin. Sachbearbeiter, die in Bundesministerien oder -Ämtern für den Einkauf verantwortlich seien, wüssten oft nicht, wie sie Umweltaspekte in Ausschreibungen berücksichtigen könnten. Ihnen fehle häufig der Überblick über ökologische Alternativen auf dem Markt. Auch mangele es an betriebswirtschaftlichem Wissen zur Berechnung der Lebenszykluskosten eines Produktes. Dies aber sei zentrale Voraussetzung für nachhaltigere Einkaufsentscheidungen.

Schulungsbedarf

Auf seiner Fachkonferenz Mitte Juni [1] hat der DIHK über solche Veränderungsmöglichkeiten mit öffentlichen Auftraggebern und mit Unternehmen diskutiert. Deutlich geworden, so Karstedt-Meierrieks, sei dabei der Bedarf nach mehr Schulungen und Informationen für die Einkäufer der öffentlichen Hand. „Sinnvoll wäre aus unserer Sicht auch die Bündelung des Einkaufs-Know-how des Staates“, sagt sie.

Wirtschaft profitiert

Von nachhaltigerer Beschaffung profitiere nicht nur der Staat durch sinkende Betriebskosten, sondern auch die Wirtschaft. Je stärker die Regierung durch ihre Nachfrage Nachhaltigkeitsinnovationen von Unternehmen einfordere, desto eher käme die Wirtschaft dem mit Öko-Innovationen nach, so Karstedt-Meierrieks. Mit solchen Innovationen stärkten Unternehmen ihre Wettbewerbschancen in Zukunftsmärkten.

„Nachhaltigkeit ist eine Chance für die deutsche Wirtschaft“, sagte auch Marlehn Thieme, Mitglied des Anfang Juni von Bundeskanzlerin Merkel neu berufenen Rates für Nachhaltige Entwicklung in ihrem Eröffnungsvortrag [2] auf der der DIHK-Fachkonferenz. „Viele Unternehmen“, so die Direktorin der Deutschen Bank, „haben die wirtschaftlichen Chancen von einer Orientierung an Nachhaltigkeit bereits erkannt“. Nur: Das Umdenken der Unternehmer finde bislang „nicht in ausreichendem Maße Eingang in das Handeln der staatlichen Beschaffung“.

Die Bundesregierung, so Thieme, bleibe dadurch nicht nur auf höheren Kosten sitzen. Wenn sie Nachhaltigkeitsinnovationen von Unternehmen nicht durch die Nachfrage der öffentlichen Hand fördere, dann riskiere sie „dass nachhaltig angelegte Angebote das Nachsehen haben und diese nicht als gutes Beispiel ins Schaufenster für den Export gestellt werden können“. Über ausreichende Möglichkeiten für eine stärkere Förderung von Nachhaltigkeitsinnovationen verfügt der Bund nach Ansicht des Ratsmitglieds dank seines jährlichen Einkaufsbudgets von 250 Milliarden Euro. Diese Milliarden stärker nachhaltigkeitsorientiert auszugeben, so Thieme, sei „konkrete Wirtschaftsförderung ohne komplizierte Subventionspolitik“.

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