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Advent, Advent…Komplette Privatisierung von Weihnachtsmärkten unzulässig

Outsourcing liegt im Trend, auch bei der öffentlichen Hand. Gleichwohl gibt es Grenzen, z.B. bei der Privatisierung eines gemeindlichen Weihnachtsmarktes, woran angesichts des Kalenders erinnert werden soll. Das hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit Urteil vom 4.3.2010, Az: 8 A 2613/09 entschieden, als es nach der Privatisierung des Offenbacher Weihnachtsmarktes Streit um die „Vergabe“ eines Standplatzes gab. Nach dem VGH ist die vollständige Übertragung der Organisation und Durchführung des Weihnachtsmarktes unzulässig, weil es einer Kommune nicht erlaubt sei, sich einer einmal übernommenen freiwilligen Aufgabe ohne Einschränkung zu entledigen.

Arme Wurst

Dabei hatte der VGH das zunächst in einem früheren Urteil anders gesehen. Hintergrund war die Entscheidung der Stadt Offenbach am Main, den seit Ende der siebziger Jahre von ihr veranstalteten Weihnachtsmarkt komplett von einer privaten Betreibergesellschaft durchführen zu lassen. Dem Inhaber eines Würstchen-Standes wurde daraufhin sowohl im Jahr 2004 als auch 2005 die Teilnahme am Weihnachtsmarkt von der privaten Betreibergesellschaft versagt. Er klage hiergegen auf Feststellung, dass die Stadt nicht berechtigt sei, die Entscheidung über die Vergabe von Standplätzen durch private Dritte treffen zu lassen, sondern hierrüber selbst entscheiden müsse. Er verlor in zwei Instanzen, erst das BVerwG (BVerwG, Urteil v. 27.5.2009, Az: 8 C 10/08) gab ihm Recht, hob das Urteil des VGH auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Der VGH entschied in Folge anders und lies den Würstchenverkäufer zu.

Die Entscheidung des BVerwG

Nach Auffassung des BVerwG ist es einer Kommune nicht erlaubt, sich einer einmal übernommenen freiwilligen Aufgabe mit sozialer, kultureller und traditioneller Prägung ohne Einschränkung zu entledigen. Vielmehr müsse diese weiterhin Steuerungs- und Einwirkungsmöglichkeiten auf den Privaten haben. Insbesondere dürfe sie im konkreten Fall die Letztentscheidungskompetenz über die Zulassung zum Weihnachtsmarkt nicht völlig aus der Hand geben.

Und Offenbach…

In Offenbach hatte man nach dem Urteil entschieden, den Weihnachtsmarkt auch künftig von der privaten Betreibergesellschaft organisiern und durchführen zu lassen. Allerdings wurde eine “Vergabekommission” eingerichtet, an der auch die Stadt beteiligt ist und die nun bei Streitfällen über die Vergabe von Standplätze jedenfalls mitentscheiden soll. Allerdings hatte die Stadt auch bekundet, künftig mehr Stände mit Weihnachtsartikeln und weniger Imbissbuden zuzulassen. Recht haben und bekommen ist eben immer noch ein Unterschied.

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