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Bundesregierung: „Einbeziehung der Dienstleistungskonzessionen ins Vergaberecht nicht sinnvoll“

Die Bundesregierung misst der angekündigten Rechtssetzungsinitiative der EU-Kommission für Dienstleistungskonzessionen (zum Begriff hier [1]) erhebliche Bedeutung bei und “verfolgt die Entwicklung sehr aufmerksam”, so die Regierung in ihrer Antwort (17/5624 [2]) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/5288 [3]). Dabei hält sie eine Einbeziehung der Dienstleistungskonzessionen ins Vergaberecht im Sinne der uneingeschränkten Anwendbarkeit der vergaberechtlichen Regelungen “nicht für erforderlich oder sinnvoll”. Interessant: Bündnis 90/Die Grünen wollten von der Regierung auch wissen, wann sie denn beabsichtige, dem Parlament den bereits für 2010 angekündigten Entwurf für eine erneute nationale Vergaberechtsreform vorzustellen.

Zunächst Prüfung

Allerdings könne man erst dann, wenn der angekündigte Vorschlag der EU-Kommission vorliegt, diesen genau prüfen und sich eine abschließende Meinung bilden, so die Regierung. Dabei wolle sie die von verschiedenen Seiten vorgebrachten Bedenken gegen die angekündigte Rechtsetzungsinitiative bei der Meinungsbildung berücksichtigen. Man beabsichtige jedoch nicht, noch vor der Vorlage der Rechtssetzungsinitiative gegenüber der EU-Kommission eine Stellungnahme abzugeben. Bereits in den deutschen Stellungnahmen vom 22. Juli 2010 und vom 17. Januar 2011 habe die Regierung gegenüber der Kommission auf die in Deutschland bestehenden deutlichen Widerstände gegen den geplanten Rechtsakt hingewiesen.

Interessen der Kommunen berücksichtigen

Insbesondere seien bei einer rechtliche Normierung von Dienstleistungskonzessionen die Interessen der Kommunen zu berücksichtigen, so die Regierung weiter: “Die Entscheidungshoheit, ob eine Aufgabe der Daseinsvorsorge durch die Kommune selbst oder durch Dritte erledigt wird, muss auch weiterhin der öffentlichen Hand überlassen bleiben”. Nach bisherigem Kenntnisstand solle die staatliche Organisationshoheit durch den geplanten Rechtsakt allerdings nicht angetastet werden. Vielmehr sollen nur bestimmte Verfahrensvorschriften für den Fall vorgesehen werden, dass die Kommune Aufgaben im Wege der Konzessionsvergabe an Dritte übertragen will. Eine Verpflichtung zum Abschluss von Dienstleistungskonzessionen wäre damit nach Auffassung der Regierung nicht verbunden.

Nationale Vergaberechtsreform

Bündnis 90/Die Grünen wollten bei der Gelegenheit auch wissen, wann die Regierung plant, die im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP bereits für 2010 angekündigte Reform des Vergaberechts dem Parlament vorzulegen. Die Regierung verweist darauf, dass man auf europäischer Ebene gerade ein Grünbuch zum öffentlichen Auftragswesen vorgelegt habe, weshalb “vor dem Ergebnis der Untersuchung auf EU-Ebene keine neue Zwischen-Reform angegangen werden sollte”.

Was den im Rahmen dieser Reform geplanten wirksamen Rechtsschutz für Unterschwellenvergaben angeht, verweist die Regierung auf das hierzu vor Kurzem in Auftrag gegebene Gutachten, dass den Umfang von Aufträgen ober- und unterhalb der EU-Schwellenwerte auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene ermitteln soll (Bericht hier [4]). Nach Vorlage des Gutachtens soll über das weitere Vorgehen entschieden werden.

Das kann dann ja noch dauern.

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Über Marco Junk [5]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [6]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [7]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [8] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [9]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [10] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [11] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [12] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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