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Transparency fordert Bundesländer auf, zu alten Wertgrenzen bei der Auftragsvergabe zurückzukehren

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland stellt anlässlich der Ende des Jahres in den Bundesländern auslaufenden Wertgrenzenerlasse erstmals einen umfassenden Forderungskatalog zum Thema „Vergaberecht und Korruptionsbekämpfung“ vor. Transparency spricht sich darin u.a. entschieden für die Rückkehr zu den alten Wertgrenzen für Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibungen aus, welche im Zuge des zweiten Konjunkturpaketes im Jahr 2009 [1] deutlich erhöht wurden.

Diese wurden von der Bundesregierung für die Beschaffungsstellen der Bundesverwaltung für den Bereich der Liefer- und Dienstleistungen auf 100.000 EUR, für den Bereich der Bauleistungen auf 1.000.000 EUR (Beschränkte Ausschreibungen) bzw. 100.000 EUR (Freihändige Vergaben) erhöht. Während der Bund die bis Ende 2011 befristete Anhebung nicht verlängert hat, haben nahezu alle Bundesländer diese Ausnahmebestimmung zwischenzeitlich zum Regelfall erklärt. Einen Überblick finden Sie hier [2].

Christian Lantermann, Leiter der Arbeitsgruppe Vergabe und Zentralregister bei Transparency: „Die angehobenen Wertgrenzen führen zu einer Ausweitung intransparenter Auftragsvergaben und leisten damit der Korruption Vorschub. Gerade bei der Verwendung öffentlicher Mittel zur Vergabe öffentlicher Aufträge muss größte Sorgfalt walten.“ Nach Auffassung von Transparency ermöglichen es die erhöhten Wertgrenzen dem öffentlichen Auftraggeber, den Vertragspartner weitgehend frei und ohne transparentes Verfahren auszusuchen und somit von vornherein nur solche Unternehmen zu berücksichtigen, “die ihm genehm” sind. Das Korruptionsrisiko steige so erheblich.

Antrag von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen kritisiert

Im nordrhein-westfälischen Landtag wird derzeit ein Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Wertgrenzen auch nach dem Jahr 2011 im Sinne einer beschleunigten, effizienten und transparenten öffentlichen Auftragsvergabe festlegen“ (Drucksache 15/2864) diskutiert. Er wird voraussichtlich am 14.12.2011 oder am 18.01.2012 im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des nordrhein-westfälischen Landtages beraten.

„Der aktuelle Antrag von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen, nicht zu den alten Wertgrenzen zurückzukehren, ist strikt abzulehnen“, so Andreas Riegel, Leiter der Regionalgruppe Rheinland von Transparency. Der Antrag setzte ein falsches Signal in der Diskussion um die Wertgrenzen.

Bundesrechnungshof befürwortet Rückkehr zu alten Wertgrenzen

Transparency Deutschland warnt ausdrücklich vor einer Verlängerung der Wertgrenzenerlasse und bezieht sich dabei auch auf einen nicht-öffentlichen Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) an den Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages, den Vergabeblog exklusiv veröffentlichte [3]. Laut BRH führte die Lockerung der Wertgrenzen bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen durch die Bundesverwaltung “zu Einschränkungen des Wettbewerbs und der Transparenz, die in keinem angemessenen Verhältnis zu ihren wenigen Vorteilen stehen”. Der BRH hält es daher “für sachgerecht, dass der Bund die Vergaberechtslockerungen nicht verlängert hat”.

„Die bereits Anfang des Jahres getroffene Entscheidung des Bundes, zu den alten Grenzwerten zurückzukehren, begrüßen wir ausdrücklich“, so Gabriele C. Klug, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland (Interview im Vergabeblog hier [4]).

Positionspapier

Das Positionspapier „Vergaberecht und Korruptionsprävention“ von Transparency Deutschland umfasst neben dem Thema der Wertgrenzenerlasse unter anderem die Forderung der Einführung eines zentralen Korruptionsregisters sowie einer zentralen Veröffentlichungsplattform für öffentliche Ausschreibungen, Ausdehnung der Transparenzpflichten und die Angleichung der Rechtschutzmöglichkeiten im Unter- und Oberschwellenbereich sowie erweiterte Veröffentlichungspflichten bei beschränkten und freihändigen Vergaben. Sie finden das Positionspapier hier [5].

dvnwlogoThema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren [6].

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