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Ausschuss der Regionen der EU: Deutliche Stellungnahme zur Konzessionsrichtlinie

EUDie Aufgabe des EU-Ausschusses der Regionen (AdR) besteht darin, den Standpunkt der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Rechtsvorschriften der EU einzubringen. EU-Kommission, -Rat und -Parlament müssen den Ausschuss anhören. Am 13.09.2012 hat der AdR eine Stellungnahme (2012/C 277/09) zur geplanten EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe abgegeben, die dem Kommissionsentwurf deutliche Grenzen setzen will.

Anwendungsbereich beschränken

Der AdR räumt ein, dass, “da bestimmte Konzessionen den Binnenmarkt beeinflussen können, klare Regeln sowie eine einheitliche Auslegung und ein einheitlicher Ansatz wünschenswert” sind. Deshalb hält der Ausschuss für gerechtfertigt, eine Reglementierung “zu  erwägen”. Sehr vorsichtig heisst es, daher seien “Erläuterungen zu den Vergabemodalitäten einer Konzession wünschenswert”.

Allerdings müsse sich die geplante Richtlinie auf Konzes­sionen beziehen, die den Binnenmarkt beeinflussen. Konzessionen, die aufgrund ihres geringen Wertes keinen Einfluss auf den Binnenmarkt haben, “müssen freihändig vergeben werden können”, so der AdR.

Zudem sollten solche Sektoren nicht mit einbezogen werden, die bereits durch bereichsspezifische Regelungen des Unionsrechts erfasst werden oder aufgrund von Entscheidungen des Unionsgesetz­gebers bewusst nicht geregelt worden sind.

Der AdR verweist darauf, dass Konzessionen in den verschiedenen Mitgliedstaaten sehr  unterschiedlich eingesetzt werden, womit sich die Richtlinie je nach Mitgliedstaat unterschiedlich auswirken könne:

“Die  Kommission  sollte  deshalb  eindeutig  klarstellen und  definieren,  welche  Vertragskonstellationen  als  „Konzessio­nen“  betrachtet  werden  und  welche  Arten  von  Vertragsverhält­nissen  in  den  Anwendungsbereich  der  Richtlinie  fallen.”

Freiräume wahren

Öffentlichen Auftraggebern müsse ein angemessener Handlungsspielraum verbleiben, auch, um der Autonomie der Mitgliedstaaten   Rechnung zu tragen. Jeder Regelung der EU zur Konzessionsvergabe müsse dabei dem Grundsatz der Subsidiarität genügen:

“Lokale  und regionale  Gebietskörperschaften  müssen  nach  wie  vor  frei  entscheiden  können,  ob  sie  die  Bauarbeiten und  Dienstleistungen  selbst  ausführen  bzw.  erbringen  oder  ob  sie  sie  an  Dritte  vergeben.  Wenn  sich die  lokalen  und  regionalen  Gebietskörperschaften  für  eine  Vergabe  entscheiden,  dann  können  sie selbst  das  Rechtsinstrument  bestimmen:  Lizenz,  öffentlicher  Auftrag  oder  Konzession.”

Li­zenzen, einschließlich beschränkter Betriebslizenzen, seien vom Anwendungsbereich der geplanten Richtlinie  auszuschließen. Das  gelte auch für die bloße Finanzierung von Tätigkeiten, die häufig mit der Verpflichtung verbunden sind, erhaltene Beträge bei nicht bestimmungsgemäßer Verwendung zurückzuzahlen. Entsprechend sei hierfür “eine explizite Ausnahme in Form eines Artikels [in der Richtlinie] notwendig”.

Zu Komplex

Der AdR äußert sich besorgt über die Komplexität der geplanten Vorschrif­ten: “Die Vergabebehörden empfinden die derzeitigen Vergaberichtlinien als unnötig komplex. Es besteht die Sorge, dass sich diese Richtlinie über Konzessionen ebenfalls zu einer komplexen Materie entwickeln wird”. Der AdR “ersucht die Europäische Kommission deshalb, die Richtlinie und die möglicherweise folgenden Mitteilungen der Kommission einfach zu halten”.

“Vergabefremde Aspekte”

Im Zusammenhang mit der geplanten Richtlinie zu Konzessionen etwas überraschend weist der AdR am Ende seiner Stellungnahme darauf hin, dass öffentliche Auftraggeber, “umfassende Möglichkeiten haben müssen, sich für soziale und nachhaltige Kriterien zu entscheiden”.

Die Vollständige Stellungnahe des AdR zu Konzessionen finden Sie hier [1].

Deutsches Vergabenetzwerk [2]Zum EU-Ausschuss der Regionen

Der Vertrag von Lissabon verpflichtet die EU-Kommission, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU bereits in der prälegislativen Phase anzuhören. So kann sich der AdR in seiner Funktion als deren Sprachrohr in den Prozess einbringen.

Der AdR hat derzeit 344 Mitglieder und ebenso viele Stellvertreter aus allen 27 EU-Mitgliedstaaten. Diese werden von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Rat auf fünf Jahre ernannt. Zwar wendet jedes Land bei der Auswahl seiner Mitglieder sein eigenes Verfahren an, aber in jeder Delegation wird eine politisch, geografisch und regional/lokal ausgewogene Vertretung des betreffenden Mitgliedstaates gewährleistet. Die Mitglieder sind entweder gewählte Mandatsträger oder maßgebliche Akteure der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihrer Heimatregion.

Jährlich finden fünf Plenartagungen des AdR statt, auf denen seine allgemeine Politik festgelegt und die Stellungnahmen verabschiedet werden. Es gibt sechs „Fachkommissionen“, die die Stellungnahmen vorbereiten, die auf den Plenartagungen erörtert werden.

dvnwlogoThema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren [3].

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Über Marco Junk [4]

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) [5]. Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer [6]und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom [7] tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck [8]. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom [9] und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. [10] Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos [11] tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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