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Rechnungshof rügt schwere Verfahrensfehler beim Euro-Hawk-Projekt

Die Projektverantwortlichen beim Euro-Hawk haben nach Einschätzung des Bundesrechnungshofes an entscheidenden Stellen versagt und hätten das Drohnen-Projekt schon vor Jahren grundsätzlich infrage stellen müssen. Ministerialrätin Angelika Bauch vom Rechnungshof sagte am heutigen Mittwoch als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss zur Euro-Hawk-Affäre, bereits 2009, aber spätestens 2011 hätte das Projekt vom Bundesverteidigungsministerium neu bewertet werden müssen. Bauch stellte fest: „Das Projektcontrolling hat nicht funktioniert.“

2009 sei klar geworden, dass der Euro-Hawk nicht auf eine Zulassung des amerikanischen Globel-Hawk-Systems aufbauen könne, sondern eine ganz neue deutsche Musterzulassung benötige. Die Voraussetzungen zur Beschaffung der Musterzulassung hätten von der deutschen Auftraggeberseite von Beginn an wesentlich besser vorbereitet und begleitet werden müssen, sagte Bauch. Tatsächlich seien die gravierenden Unterschiede im Zulassungsverfahren der Amerikaner unterschätzt worden.

Die Projektplaner seien „blauäugig“ an die Entwicklung herangegangen und hätten die Zulassungsfragen dem US-Unternehmen Northrop Grumman überlassen, statt sich um die Details selbst zu kümmern. Die deutsche Seite habe darauf vertraut, dass die Industrie schon wisse, welche Zulassungsmodalitäten genau gelten und das die Zulassung möglich sei. Dies sei ein Fehler gewesen. „Offensichtlich hat man die Tragweite der Risiken unterschätzt.“ Bauch rügte, bei diesem „leitungsrelevanten“ Projekt der Kategorie I habe die deutsche Vorhabenaufsicht und Fachaufsicht schlicht „nicht funktioniert“. Auch der Projektleiter habe das Ausmaß der Probleme nicht vorausschauend erkannt.

Erst Anfang Februar 2012 sei eine erste Information über die erheblichen Probleme mit der Musterzulassung auf Staatssekretärsebene weitergereicht worden. Die Ministerialrätin erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass es sich beim Euro-Hawk-Projekt um einen Entwicklungsvertrag handelt, wobei der Auftraggeber das größte Risiko trägt. Bauch beklagte einen Mangel an „Verantwortungskultur“. Ihre Behörde habe bei der Bewertung des Vorhabens auch festgestellt, dass es im Verteidigungsministerium „kein einheitliches Dokumentenmanagement gibt“. Die Folge sei mangelhafte Transparenz bei solchen Beschaffungsvorhaben.

Die Entscheidung von Anfang 2010, aufgrund der Schwierigkeiten die Musterzulassung für den Prototypen der Drohne zunächst zurückzustellen, nannte Bauch „schwierig“. Ausschussmitglieder warfen die Frage auf, ob die deutsche Seite damit womöglich auf vertragliche Zusagen freiwillig verzichtet habe. Bauch sagte, sogenannte „Bemühungsklauseln“ im Vertrag bezögen sich auch auf Zulassungsfragen. Die Frage sei also, „was ist geschuldet und was ist Teil des Bemühens“. Nach ihrer Ansicht hätte aufgrund der Planabweichungen eine „Zwischenentscheidung“ herbeigeführt werden sollen, bevor neue Änderungsverträge vorgelegt wurden.

Die Rechnungshof-Expertin bezifferte das ursprüngliche Auftragsvolumen auf 431 Millionen Euro. Mit elf Änderungsverträgen hätten sich die Kosten zunächst auf 558 Millionen Euro erhöht. Mit weiteren vertraglichen Änderungen sei die Summe um nochmals 110 Millionen auf aktuell 668 Millionen Euro gestiegen. Davon entfielen auf das Trägersystem 305 Millionen und auf die Entwicklung der Aufklärungssensorik ISIS 363 Millionen Euro.

Quelle: Bundestag

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