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Tariftreue- und Vergabegesetz NRW landesverfassungswidrig (VG Düsseldorf, PM Nr. 19/15 v. 27.08.2015)

Das Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen (TVgG-NRW) ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen nicht vereinbar.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat das Gesetz  mit Vorlagebeschluss vom 27. August 2015 dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zur Prüfung vorgelegt.

Der Volltext des Vorlagenbeschluss steht noch nicht zur Verfügung. Aus der Pressemitteilung folgt jedoch:

Das TVgG-NRW verpflichtet Anbieter von Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dazu, ihren Arbeitnehmern mindestens den Lohn zu zahlen, der in einem sogenannten „repräsentativen“ Tarifvertrag vereinbart ist. Das gilt auch, wenn das Unternehmen einem anderen Tarifvertrag unterliegt, in dem ein geringerer Lohn ausgehandelt ist. Dabei muss nicht nur eine absolute Lohnuntergrenze eingehalten werden, sondern es muss vollständig nach der Entgeltordnung des Tarifvertrags entlohnt werden, den der Arbeitsminister für repräsentativ erklärt hat.

Als monopolartiger Nachfrager von ÖPNV-Dienstleistungen unterläuft das Land Nordrhein-Westfalen die vom Grundgesetz und der Landesverfassung NRW garantierte Tarifautonomie. Das Verwaltungsgericht hält die landesrechtliche Tariftreuepflicht jedenfalls seit dem Inkrafttreten des bundesrechtlichen Mindestlohngesetzes (MiLoG) am 1. Januar 2015 für verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbar. Der gesetzliche Mindestlohn nach dem MiLoG bietet bereits ausreichenden Schutz vor Lohn- und Sozialdumping. Überdies hat die Landesregierung trotz ausdrücklicher Aufforderung durch das Gericht keine Belege dafür vorgelegt, dass im ÖPNV von NRW tatsächlich prekäre Löhne gezahlt werden. Das Gericht hat vielmehr im ÖPNV von NRW durchschnittliche Tariflöhne von etwa 13 Euro pro Stunde festgestellt. Das Tarifniveau liegt damit weit oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro.

Für das Gericht war außerdem nicht nachvollziehbar, warum anstelle einer einzigen Lohnuntergrenze das gesamte Entgeltsystem des repräsentativen Tarifvertrags einschließlich aller Alters- und sonstiger Zuschläge übernommen werden muss.

Da es sich um einen rein landesinternen Sachverhalt handelt, hat das Gericht die Sache nicht dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, sondern dem Landesverfassungsgerichtshof in Münster zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. Das Klageverfahren wird nach dessen Entscheidung fortgesetzt.

Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 6 K 2793/13

Quelle: http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/ [1]

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