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Lkw-Maut: Richtungweisender Verhandlungstermin in Düsseldorf

Der Bund sucht aktuell einen neuen Betreiber für das Lkw-Mautsystem in Deutschland. In Anwendung der Vergabekriterien durfte der Bund einen Bieter vom Bieterverfahren ausschließen. Darauf deutet zumindest der Verlauf des Verhandlungstermins am 08.11. beim Vergabesenat des OLG Düsseldorf hin.

Lukratives Geschäft

Bei dem Streit geht es um ein weitgehend zukunftssicheres Geschäft mit garantierten Millioneneinnahmen. Das Berliner Unternehmen Toll Collect erhebt seit dem Jahr 2005 die Lkw-Maut und treibt diese im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums auf Autobahnen und Bundesstraßen ein. Das Konsortium wird gegenwärtig von der Deutschen Telekom, Daimler und der französischen Cofiroute betrieben. Die Einnahmen für die Staatskasse belaufen sich auf etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr (siehe dazu [1]). Aber auch die Betreibergesellschaften verdienen kräftig mit. Die Rede ist von einem jährlichen dreistelligen Millionenbetrag. Nun sucht der Bund einen Nachfolger für das Toll Collect-Konsortium, der jetzige Betreibervertrag für die Technik der Lkw-Maut läuft Ende 2018 aus. Im Herbst 2018 soll voraussichtlich der Zuschlag im aktuellen Vergabeverfahren erteilt werden. Dann wollte eigentlich auch das Unternehmen AGES Road Charging Services GmbH & Co. KG (AGES) aus dem nordrhein-westfälischen Langenfeld mit von der Partie sein.

Vorwurf: Punktesystem bevorzugt bisherige Betreiber

Das Ausschreibungsverfahren unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums läuft in zwei Stufen ab. Zunächst sollen in einem sogenannten Teilnahmewettbewerb maximal vier Unternehmen bzw. Konsortien ausgewählt werden (1. Stufe). Mit den ausgewählten Unternehmen soll dann anschließend im sogenannten Bieterverfahren über die von ihnen eingereichten Angebote verhandelt werden (2. Stufe).

AGES schied jedoch bereits in der ersten Runde aus. Den Ausschlag gab das in der Ausschreibung vorgesehene Punktesystem, nach welchem die Bieter ihre Punktzahl verdoppeln konnten, wenn sie nachwiesen, dass sie bereits Erfahrung mit dem produktiven Betrieb eines Mautsystems haben. Dazu zählt nach Ansicht des Bundes, Mautgebühren zu erheben, zu kontrollieren und abzurechnen. AGES erhielt diese doppelte Punktzahl nicht und fühlte sich durch die Vergabekritierien benachteiligt, weil diese die bisherigen Betreiber begünstigten. Das Bundeskartellamt billigte den Ausschluss des Bieters indes bei einer Nachprüfung im Frühjahr.

Und das war, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf im Verhandlungstermin andeutete, offenbar rechtens: In seiner vorläufigen Rechtsmeinung sah der Vorsitzende Richter am Vergabesenat des OLG Düsseldorf,  Heinz-Peter Dicks, jedenfalls keinen Verstoß gegen das Vergaberecht. Die endgültige Entscheidung des Senats wird für Mitte Dezember erwartet.

Ausgeschlossener Bieter beantragt Nachprüfung

Das Unternehmen AGES wehrt sich in dem zweistufigen Vergabeverfahren gegen die Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums, sie nicht zum Bieterverfahren zuzulassen. Gegen diese Entscheidung beantragte AGES zunächst die Nachprüfung durch die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt. Die Vergabekammer beurteilte jedoch die vom Bundesverkehrsministerium vorgenommene Bewertung als rechtsfehlerfrei und wies den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 12.04.2017 zurück (mehr dazu hier [2]). Gegen diese Entscheidung hat AGES sofortige Beschwerde zum Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf eingelegt. Der ausgeschlossene Bieter argumentierte, dass er eine Referenz vorgelegt habe, welche die Kritierien des Punktesystems erfülle. Der Senat stellt sich jedoch auf die Seite des Bundes. „Der Betrieb einzelner Komponenten konnte nicht zur Verdopplung der Punktzahl reichen.“, so Dicks in der mündlichen Verhandlung vom 8.11.2017. Ages habe zwar Erfahrung in der Abrechnung von Mautgebühren, nicht aber in der Erhebung und Kontrolle.

Bei Urteil zugunsten von Ages müsste wahrscheinlich das Vergabeverfahren von vorne beginnen. Außerdem wird ein Einfluss auf die Vergabe für den Betrieb der Pkw-Maut befürchtet, die im Jahr 2019 starten soll. Auch hierfür hatte sich das Unternehmen Hoffnungen gemacht.

„Kein Wunschkonzert“

Diese haben nun einen Dämpfer bekommen. Im Verhandlungstermin fand Heinz-Peter Dicks klare Worte: Ein sachkundiger Bieter hätte in der Lage sein müssen, die Ausschreibungsunterlagen korrekt auszulegen. Natürlich hätte der Bund seine Kriterien konkreter formulieren können, aber: Das Vergabeverfahren sei eben „kein Wunschkonzert“.

Wer den Zuschlag am Ende bekommt, ist derzeit noch offen. Telekom und Cofiroute sind noch im Spiel, Daimler will sich dagegen nicht erneut beteiligen.

Weitere Informationen zum Vergabeverfahren zum LKW-Mautsystem erhalten Sie hier [3].

Quelle: OLG Düsseldorf, sueddeutsche.de

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