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Ministerienstreit um Zukunft der VOB?

Kopie-von-VOBWaren die nächtlichen Verhandlungsrunden doch zu lang und der – mit heißer Nadel gestrickte – Koalitionsvertrag wurde nicht gründlich genug redigiert? Oder war es doch kein Redaktionsversehen, sondern es schwelt hier bereits der erste Ressortstreit in der gerade erst gebildeten Großen Koalition – und das ausgerechnet im Vergaberecht?  Wie sonst sind zwei im Koalitionsvertrag (abrufbar im Mitgliederbereich des DVNW [1]; zur Mitgliedschaft geht’s hier [2]) enthaltene Passagen zu erklären, welche beide die Zukunft der VOB betreffen – allerdings mit unterschiedlichen, sich geradezu diametral gegenüberstehenden Aussagen.

Auf diese, die Zukunft der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) betreffende Unklarheit im Koalitionsvertrag hatte der Vergabeblog  bereits aufmerksam gemacht (siehe Beitrag vom 13/02/2018, Nr. 35601 [3]).

BMWi will VOB abschaffen

Das das Vergaberecht ist grundsätzlich beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) angesiedelt. Für den Bereich Bau ist hingegen das Bundesbauministerium (BMUB) zuständig. Das BMWi möchte die VOB offenbar  abschaffen und in die Vergabeordnung (VgV) integrieren.

Unter Punkt VI. Nr. 1  des Koalitionsvertrags heißt es insoweit unmissverständlich:

Die öffentliche Beschaffung ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Öffentliche Aufträge müssen mittelstandsfreundlich ausgeschrieben werden. Zur weiteren Vereinheitlichung des Vergaberechts prüfen wir die Zusammenführung von Verfahrensregeln für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen einerseits und von Bauleistungen andererseits in einer einheitlichen Vergabeverordnung.

BMU(B) will VOB beibehalten

Das bisherige BMUB (nunmehr BMU [4]) betonte in “seiner Passage” des Koalitionsvertrages im Absatz zur VOB demgegenüber, dass diese zu sichern und weiterzuentwickeln sei, da sie die guten Bauleistungen in Deutschland garantiere (unter Punkt IX. Nr. 4, S. 115):

Die öffentlichen Bauleistungen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie fördern insbesondere den Mittelstand. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) als faire, wettbewerbsneutrale und von allen Bauverbänden getragene Verfahrensregelung garantiert gute Bauleistungen. Sie ist zu sichern und anwenderorientiert weiterzuentwickeln.

Interessanterweise werden beide – gegensätzlichen – Aussagen von der nahezu wortgleichen  “Präambel” eingeleitet, wonach der jeweilige Fachbereich ja ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sei und mit der jeweiligen Maßnahme der Mittelstand gefördert werde.

Bauverbände warnen erneut vor Abschaffung der VOB

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) hat sich unterdessen erneut dafür ausgesprochen, die VOB für Bauleistungen zu erhalten (siehe auch Vergabeblog.de vom 02/02/2018, Nr. 35448 [5]). Er begrüßt, dass die BMWi-Passage im Koalitionsvertrag lediglich als “Prüfauftrag” für die Zusammenführung der Vergaberegelungen formuliert sei. In vorigen Versionen sei die Zusammenführung in der Vergabeverordnung noch ausdrücklich als Ziel formuliert worden.

Gegenwärtig wird die VOB vom Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) – einem von öffentlichen Auftraggebern und Auftragnehmern paritätisch besetzten Gremium – erarbeitet und fortgeschrieben. Zuletzt wurde diese 2016 geändert und an die aktuellen Entwicklungen im Baugewerbe angepasst.


Veranstaltungshinweis: Am 21. Juni findet der 2. Bau-Vergabetag am Berliner Gendarmenmarkt statt, bei dem es natürlich auch um die Zukunft der VOB gehen wird.

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Agenda und Anmeldung unter www.bau-vergabetag.de [6].


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