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Vergabepflicht des Personalrats eines öffentlichen Auftraggebers?

Die Vergabestellen von öffentlichen Auftraggebern müssen sich beim Einkauf und der Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen an das öffentliche Vergaberecht halten und Vergabeverfahren durchführen. Bei den „klassischen“ öffentlichen Auftraggebern wie Bund, Land, Landkreise, Städte und Gemeinden bestehen keine Zweifel an der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber. Mitunter kann die Frage der Qualifizierung als öffentlicher Auftraggeber in bestimmten Konstellationen jedoch nicht so einfach beantwortet werden, beispielsweise bei Beschaffungen des Personalrats eines öffentlichen Auftraggebers.

Im Oberschwellenbereich wird die Pflicht zur Einhaltung des Vergaberechts durch die Regelungen des GWB begründet (Kartelllösung). Im Unterschwellenbereich resultiert die Vergabepflicht aus den Landeshaushaltsordnungen, die dann auf die Vertrags- und Vergabeordnungen der VOL/A bzw. UVgO oder VOB/A verweisen (Haushaltslösung).

I. Grundsätzliche Vergabepflicht öffentlicher Auftraggeber

1. Oberschwellenbereich

Verpflichtet zur Einhaltung des Vergaberechts sind im Oberschwellenbereich grundsätzlich öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 – 4 GWB. Darunter fallen institutionelle sowie funktionale öffentliche Auftraggeber.

Ausgangspunkt für die Vergabepflicht ist das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags gemäß § 103 Abs. 1 GWB. Danach sind öffentliche Aufträge entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern und einem Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

Voraussetzungen für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrags ist folglich neben einer entgeltlichen Leistung die Qualifizierung des Beschaffers als öffentlichen Auftraggebers gemäß § 99 GWB.

2. Unterschwellenbereich

Die Landeshaushaltsordnungen definieren den Begriff des öffentlichen Auftraggebers nicht: Die UVgO enthält ebenfalls keine Regelung zum persönlichen Anwendungsbereich. Sie adressiert wie auch die VOL/A und die VOB/A pauschal den „Auftraggeber“. Sie knüpft an den § 98 GWB an, der übergeordnet öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber erfasst. Materiell legt die UVgO den Auftraggeberbegriff nicht fest, da in den einzelnen Ländern unterschiedliche Traditionen herrschen, welche staatlichen und halbstaatlichen Institutionen das Unterschwellenvergaberecht anwenden müssen. Maßgeblich sind daher die Regelungen im Anwendungsbefehl, durch die der Begriff des Auftraggebers erst ausgefüllt wird.

II. Personalrat oder Dienststelle als beschaffende öffentliche Auftraggeberin

Dem ersten Anschein nach stellt sich hier die Frage, ob der Personalrat selbst ein öffentlicher Auftraggeber sein kann, der entgeltliche Verträge mit Unternehmen schließt und infolgedessen der Vergabepflicht unterliegt.

Der Personalrat ist die Vertretung der Beschäftigten einer Dienststelle der öffentlichen Verwaltung, die öffentlich-rechtliche Aufgaben wahrnimmt. In dieser Funktion fällt regelmäßig Beschaffungsbedarf an. Benötigt werden regelmäßig Büromöbel, Büromaterialien, Schulungen sowie Fortbildungen und die damit verbundenen Unterkunfts- und Reisemöglichkeiten.

1. Zivilrechtliche Aspekte

Um jedoch die den Beschaffungen zugrundeliegenden Verträge, welcher Rechtsnatur auch immer, schließen zu können, müssen stets die Rechts- und Geschäftsfähigkeit des Vertragsschließenden gegeben sein, vgl. §§ 1, 104 BGB.

Es ist jedoch herrschende Rechtsprechung, dass ein Personalrat selbst grundsätzlich keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, als dienststelleninterne Einrichtung nicht im Sinne des § 1 BGB rechtsfähig ist und damit nicht Rechtsträger vermögensrechtlicher Ansprüche oder Verpflichtungen sein kann. Er ist lediglich ein Organ der Dienststelle und damit der öffentlichen Auftraggeberin. Insofern kann der Personalrat keine wirksamen Verträge im eigenen Namen schließen und damit auch keine eigenen Beschaffungen entgeltlich tätigen.

Die einzelnen Mitglieder des Personalrats können allenfalls als Mitarbeiter der öffentlichen Dienststelle in Vertretung für diese gemäß § 164 ff. BGB Verträge wirksam schließen, soweit sie diesbezüglich Vertretungsmacht innehaben. Durch diese Vertretung wäre jedoch ausschließlich die öffentliche Dienststelle berechtigt und verpflichtet, vgl. § 164 Abs. 1 S. 1 BGB sie wird Vertragspartner, nicht jedoch der Personalrat. Fehlt die Vertretungsmacht und genehmigt die Dienstelle den Vertragsschluss nicht, handelt das einzelne Personalratsmitglied als Vertreter ohne Vertretungsmacht, sodass das Rechtsgeschäft unter Umständen zum Eigenschäft wird, welches das einzelne Personalratsmitglied persönlich verpflichtet vgl. § 164 Abs. 2 BGB.

Darüber hinaus könnten die Mitglieder des Personalrats privat Verträge schließen, aus denen sie aber nur selbst als private natürliche Person berechtigt und verpflichtet werden, vgl. §§ 1, 104 BGB. Für den Fall, dass einzelne Mitglieder des Personalrats als „Private“ die Aufträge vergeben, damit kein öffentlicher Auftrag zustande kommt, um sich dann die privat verauslagten Entgelte durch die öffentliche Dienststelle erstatten zu lassen liegt ein Umgehungsgeschäft vor, vgl. §§ 134, 138, 242 BGB. Hier gilt, dass einzelne Mitglieder keine Verbindlichkeiten für den Personalrat eingehen können, da dieser nicht rechtsfähig ist. Vielmehr handeln die einzelnen Mitglieder des Personalrats – regelmäßig aus den Umständen erkennbar – wiederum im Namen und als Vertreter der Dienststelle als öffentlichen Auftraggeberin aus dienstlichem Anlass. Daher vertreten sie letztendlich grundsätzlich den öffentlichen Auftraggeber bei der öffentlichen Auftragsvergabe.

2. Vergaberechtliche Aspekte

Selbst wenn der Personalrat, – insoweit Teilrechtsfähigkeit unterstellt -, Verträge im eigenen Namen schließen könnte, würde es eine Umgehung des Vergaberechts darstellen, Beschaffungen nicht im Vergabeverfahren zu vergeben, da der Personalrat, der vollständig aus öffentlichen Mitteln „finanziert“ wird und dem die Kosten aus öffentlichen Mitteln verauslagt bzw. erstattet werden, zum öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 – 4 GWB wird, einen entgeltlichen öffentlichen Auftrag vergeben würde und daher an das Vergaberecht gebunden wäre. Zumindest würde er als funktionale bzw. auftragsbezogener öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB beschaffen.

Abweichungen können sich hier allenfalls für das Unterschwellenvergaberecht aus der konkreten Gestaltung des spezifischen Anwendungsbefehls ergeben, nach dessen Regelungen öffentliche Auftraggeber aufgrund von Ausnahmen oder Sonderregelungen von der Vergabepflicht befreit sein können, sodass in der Folge auch die Beschaffung für den Personalrat des öffentlichen Auftraggebers keiner Vergabepflicht unterliegen. So können unter Umständen die gesetzlichen Sozialversicherungsträger, ihre Verbände, Sparkassen sowie Sparkassenverbände und einzelne Versicherungen als öffentliche Träger mit Personalrat vom öffentlichen Vergaberecht mit der Folge befreit sein, dass Beschaffungen des Personalrats ebenfalls vergabefrei sind.

3. Zwischenfazit

Nach oben Gesamtem kann also nur der Dienstherr als öffentlicher Auftraggeber mit Rechts- und Geschäftsfähigkeit entgeltliche Verträge für Leistungen eingehen, vor deren Abschluss nun einmal das öffentliche Vergaberecht einzuhalten ist.

Im Ergebnis wird daher bei öffentlichen Beschaffungen für den durch/für den Personalrat mit einem geschätzten Auftragswert von mehr als 500,00 Euro netto in der Regel die Einhaltung des öffentlichen Vergaberechts notwendig sein.

III. Ausnahme von der Vergabepflicht aufgrund personalvertretungsrechtlicher Aspekte?

Die Frage ist, ob sich für die Pflicht zur Einhaltung des Vergaberechts Ausnahmen oder Besonderheiten ergeben könnten, wenn die Leistungen zwar im Namen des öffentlichen Auftraggebers, aber für die Ausübung der Tätigkeit des Personalrats beschafft werden.

Die Rechte und Pflichten, die sich für die Tätigkeit eines Personalrats ergeben, sind in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder geregelt. Allein hieraus können sich Besonderheiten für die Vergabepflicht ergeben, da andere vergaberechtliche Bestimmungen für Beschaffungen in diesem Bereich, der Tätigkeit der Personalräte, weder allgemeine noch besondere Ausnahmen vorsehen.

So regeln die Personalvertretungsgesetze auf Bundesebene und in den Bundesländern grundsätzlich, dass die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden notwendigen Kosten die Dienststelle nach Maßgabe des Haushaltsplans zu tragen sind.

Ergänzend wird regelmäßig festgelegt, dass die Kosten, die dem Personalrat durch die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehen, erstattungsfähig sind, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich bzw. der Personalratsarbeit dienlich sind. Aber können sich hieraus tatsächlich Ausnahmen von der Vergabepflicht ergeben?

IV. Rechtliche Beurteilung

Entscheidungen in der Rechtsprechung sind zu diesem Thema konkret nicht ersichtlich. Wenn solche zum Thema Personalvertretungsrecht vorhanden sind, enthalten sie zwar in den Gründen Ausführungen zur „Notwendigkeit“ von Kosten und der „Erforderlichkeit“ von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, treffen allesamt aber keine vergaberechtlich relevanten Aussagen.

Es wird lediglich klargestellt, dass der Personalrat unabhängig von einer Entscheidung seiner Dienststelle als öffentlichen Arbeitgeberin nach seinem eigenen Beurteilungsspielraum Schulungen und Fortbildungen beauftragen kann, soweit diese für den Personalrat „erforderlich“ bzw. „dienlich“ sind.

Insoweit betrifft der gesetzlich angesprochene Beurteilungsspielraum lediglich das jedem öffentlichen Auftraggeber zustehende Leistungsbestimmungsrecht, darf den Personalrat jedoch nicht von anderen geltenden Bestimmungen und Voraussetzungen entbinden, die vorliegen müssen, damit die Kosten für Beschaffungen des Personalrats nach den Personalvertretungsgesetzen erstattungsfähig sind.

Für die Frage der Vergabepflicht ist folglich ohne Relevanz ist, ob die Inanspruchnahme beispielsweise von Schulungen und Fortbildungen gesetzlich im Entscheidungsbereich des Personalrats liegt. Im Endeffekt entscheidet auch jeder andere Fachbereich bei seinen Beschaffungen darüber, ob diese erforderlich sind oder nicht. Das bedeutet, die Pflicht zur Einhaltung des Vergaberechts trotz des dem Personalrat gesetzlich zugebilligten Entscheidungsspielraums bezüglich der Erforderlichkeit und Dienlichkeit von Beschaffungen oder der Notwendigkeit der zu übernehmenden Kosten stellt keinerlei Einschränkung der sich aus den Personalvertretungsgesetzen ergebenden Rechte dar.

Eine Kostenübernahmepflicht der Dienststelle, also der öffentlichen Auftraggeberin, entsteht, soweit die Kosten notwendig und die entsprechenden Beschaffungen erforderlich bzw. dienlich sind. Die aus dieser gesetzlichen Pflicht zu übernehmenden Kosten werden von der Dienststelle aus dem öffentlichen Haushalt gezahlt. Sinn und Zweck der Regelung zur Erstattung nur erforderlicher und für die Personalratsarbeit dienlicher Kosten ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Verwendung öffentlicher Mittel.
Im Oberschwellenbereich ist das Vergaberecht zwar als Kartellrecht ausgestaltet und dient vorwiegend der Herstellung des transparenten und gleichberechtigten Wettbewerbs. Dieser Wettbewerb bewirkt jedoch gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Beschaffungen.

Im Unterschwellenbereich ist das Vergaberecht als Haushaltsrecht gestaltet, welches vorwiegend gerade die sparsame und wirtschaftliche Verwendung öffentlicher Mittel sichern soll, vgl. § 7 Bundeshaushaltsordnung und der entsprechenden Landeshaushaltsordnungen. Dieser Zweck wird nur dann erreicht, wenn diese Leistungen im Vergabeverfahren mit transparentem und gleichberechtigten Wettbewerb vergeben werden. Aus diesem Grunde enthalten die Haushaltsordnungen für den Unterschwellenbereich grundsätzlich die vorrangige Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung und verweisen auf die VOB/A sowie die VOL/A, soweit die UVgO noch nicht umgesetzt ist.

Das bedeutet zusammengefasst, die Reglungen des Personalvertretungsgesetzes sowie des Haushalts- und Vergaberechts haben die gleichen Zielsetzungen zum Inhalt und sind aus diesem Grunde ohne Weiteres miteinander vereinbar.

Notwendig im Sinne der Personalvertretungsgesetze können darüber hinaus nur diejenigen Kosten sein, die rechtmäßig bzw. gesetzeskonform anfallen. Die öffentliche Hand ist grundsätzlich an die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Unter Verstoß gegen das öffentliche Vergaberecht getätigte Ausgaben und die damit verbundenen Kosten können per se nicht gesetzmäßig und damit nicht notwendig sowie erstattungsfähig sein.

Weder das Personalvertretungsrecht noch „interne“ Beschlüsse eines Personalrats dürfen insoweit das Vergaberecht aushebeln.

Eine ähnliche Konstellation besteht bei Auftraggebern wie Kommunen und Gemeinden, die ihre vergabewidrigen Entscheidungen auf Gemeinderatsbeschlüsse stützen. Dies kann zu Beanstandungen der Landesrechnungshöfe führen. Bei Zuwendungsempfängern können entsprechende Ausgaben wegen Vergabeverstößen von der Förderung ausgeschlossen werden, weil interne, nicht vergabekonforme Beschlüsse Vergaberecht nicht unterlaufen dürfen.

Ausschlaggebend ist im Ergebnis, dass die Dienststelle als öffentlicher Auftraggeber rechtlich gesehen der Vertragspartner, Rechnungsempfänger sowie Kostentragender aus öffentlichen Mitteln ist. Dieser ist bei der entgeltlichen Beschaffung von Dienstleistungen an öffentliches Vergaberecht gebunden.

V. Fazit

Der Personalrat eines öffentlichen Auftraggebers ist nichts anderes als ein mit besonderen Rechten ausgestatteter Fachbereich, der in Vertretung seiner Dienststelle entgeltliche Beschaffungen tätigt und daher das Vergaberecht einzuhalten hat. Wenn man an dieser Stelle die Parallele zu der Beschaffungstätigkeit eines Betriebsrats, der keiner Vergabepflicht unterliegt, suchen und die Vergabefreiheit mit der Vergleichbarkeit beider Institutionen begründen möchte, so wird gerade und genau hier der bedeutende Unterschied zwischen privater und öffentlicher Hand deutlich. Der Betriebsrat gibt „private“ Gelder eines Unternehmens der freien Privatwirtschaft aus. Der Personalrat gibt „öffentliche“ bzw. „staatliche“ Gelder der öffentlichen Hand aus, die nun einmal der Vergabepflicht unterliegt. Dienststellen in Form von öffentlichen Auftraggebern sollten daher genausten prüfen, inwieweit eine Vergabepflicht bei Beschaffungen ihres Personalrats besteht, ob die Beschaffungen vergabekonform getätigt wurden und ob die entsprechenden Kosten damit überhaupt erstattungsfähig sind.

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Über Michael Pilarski

Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.

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5 Kommentare

  1. Jens Mutscher

    Interessanter Artikel. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat für die Beschaffung von Beratungsleistungen durch den Betriebsrat eines öffentlichen Auftraggebers eine Vergabepflicht verneint (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.03.2016, 24 TaBV 1939/15).

    M.E. mit durchaus überzeugenden Gründen.

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  2. Michael Pilarski

    Sehr geehrter Herr Mutscher,

    vielen Dank. Ich habe gehofft, dass der Artikel zur Diskussion anregt. Meiner Ansicht nach ist diese Entscheidung schon allein deshalb nicht auf die Frage der Vergabepflicht der Personalräte öffentlicher Auftraggeber übertragbar, weil es sich dem Grunde nach im entschiedenen Fall um einen Betriebsrat einer Wohnungsbau-GmbH handelt.

    Das Betriebsverfassungsgesetz hat inhaltlich gesehen von den Personalvertretungsgesetzen abweichende rechtliche Regelungen. In dem angesprochenen § 80 Abs. 3 BetrVG ist beispielsweise Voraussetzung, dass eine nähere Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vorliegt, bei der selbst das LAG festgestellt hat, dass es dem Arbeitgeber zugestanden hätte, dort eine Regelungen zur Auftragsvergabe aufzunehmen, was er nicht getan hat. Hier wird schon ein wenig der im Beitrag genannte Unterschied zwischen Betriebsrat der Privatwirtschaft und Personalrat des klassischen öffentlichen Auftraggebers deutlich.

    Darüber hinaus ist das LAG meiner Auffassung nach nicht wirklich stringent in seiner Begründung. Es wird ausgeführt, dass der Betriebsrat keine vollständige Rechtsfähigkeit besitzt und in der Folge mangels Geschäftsfähigkeit keine wirksamen Verträge schließen kann, sondern der Arbeitgeber als GmbH. Wenn es aber die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber subsumiert, stellt es bei den bezüglich der Aufgaben im Allgemeininteresse“ für den funktionalen Auftraggeberbegriff plötzlich nicht mehr auf den Arbeitgeber ab, sondern auf den Betriebsrat ab und führt aus, dass dieser zumindest keine Aufgaben im Allgemeininteresse, sondern im Interesse der Belegschaft vollzieht. Zudem ist dieses Argument an sich schon wenig stichhaltig. Ich kann nicht sagen, ein Teil des funktionalen öffentlichen Auftraggebers wird deshalb nicht nach öffentlichem Vergaberecht behandelt, weil er bspw. Toilettenpapier beschafft, was ja nicht im Allgemeininteresse liegen kann. Teile von öffentlichen Auftraggebern, die nicht rechtsfähig sind, sind dem allein voll rechtsfähigen öffentlichen Auftraggeber selbst zuzurechnen und haben sich auch an dessen Verpflichtungen zu halten, die mit der Verwendung öffentlicher Mittel einhergehen.

    Grüße

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  3. Michael Krämer

    Die Beschneidung von Rechten der Interessensvertretungen in allen Bereichen ist antiquiert! Öffentlichrechtliche Arbeitgeber legen schon längst unternehmerisches Handeln an den Tag und nur wenn es ihnen zupass kommt, wird auf die altehrwürdige Dienstherrenschaft referenziert. Personalräte müssten in ihren Rechten genau so gestützt und geschützt werden wie Betriebsräte. Dass sie bei der Auswahl von Fachverstand und Beratungen den Regeln des Vergaberechts unterliegt, ist schon aus verhandlungstaktischen Gesichtspunkten ein Schlag ins Gesicht der AN-Vertretung!

    Reply

  4. Michael Pilarski

    Sehr geehrter Herr Krämer,

    konkret hat die Vergabepflicht eines Personalrats weniger mit der Dienstherrenschaft als vielmehr mit der Tatsache zu tun, dass es sich bei den durch einen Personalrat verursachten Kosten um die Verwendung öffentlicher bzw. staatlicher Mittel handelt. Es geht nicht um die Beschneidung von Rechten dieser „öffentlich-rechtlichen“ Interessensvertretung, sondern um die Steuerung der Ausgaben und Kosten des Staates in Form der Sicherung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als der originären Grundsätze des Haushaltsrechts. Insbesondere ist gerade die Herkunft der Mittel, privat oder staatlich, der Kern dieser unterschiedlichen Behandlung von Betriebsräten auf der einen und Personalräten auf der anderen Seite.

    Was meinen Sie mit „verhandlungstaktischen Gesichtspunkten“, wenn ich fragen darf? Denn die freihändige Vergabe erlaubt Verhandlungen. Bei dieser Vergabeart besteht kein Verhandlungsverbot wie bei den übrigen nationalen Vergabearten.

    Grüße

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  5. Michael Pilarski

    Die hier vertretene Ansicht ist durch das ArbG Gera, Beschluss vom 30.09.2021, Az. 5 BV 6/19 unter Verweis auf den Beitrag des Autors bestätigt worden. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist durch das LAG Thüringen, Beschluss vom 22.3.2023, Az. 4 TaBV 21/21 zurückgewiesen worden. In der Sache ging es sogar um einen Betriebsrat, der die Feststellung begehrte, dass er bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen keine vergabe- und zuwendungsrechtlichen Vorgaben zu beachten habe, der jedoch bei einem öffentlichen Auftraggeber gebildet war, weil dieser zu 50% vom Bund und 50% vom Land öffentlich finanziert war.

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