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Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland soll Vergabe von Wasserkraftkonzessionen im Einklang mit dem EU-Recht sicherstellen

Entscheidung-EUDie EU-Kommission hat am 07.03.2019 beschlossen, Aufforderungsschreiben an sieben Mitgliedstaaten (Österreich, Frankreich, Deutschland, Polen, Portugal, Schweden und das Vereinigte Königreich) sowie ein zweites ergänzendes Aufforderungsschreiben an Italien zu richten, um sicherzustellen, dass öffentliche Aufträge im Bereich der Stromerzeugung aus Wasserkraft im Einklang mit dem EU-Recht vergeben und erneuert werden.

Wasserkraft ist der größte Sektor für erneuerbare Energien in der EU und hat bereits einen Anteil von 40 % an der gesamten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Europa. Sie kann dazu beitragen, die Ziele der Energieunion [1] zu erreichen, insbesondere die Ziele, den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch bis 2020 auf 20 % und bis 2030 auf mindestens 27 % anzuheben.

Elżbieta Bieńkowska, Kommissarin für den Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU, sagte in diesem Zusammenhang:

„Wir bauen eine Energieunion auf, um für eine sichere, erschwingliche und nachhaltige Energieversorgung für alle zu sorgen. Ein gut funktionierender Wasserkraftsektor spielt eine strategische Rolle bei der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix. Deshalb müssen wir für gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt sorgen und gewährleisten, dass Unternehmen in der gesamten EU Strom aus Wasserkraft zur Verfügung stellen können.“

Die Kommission ist der Auffassung, dass der Rechtsrahmen und die Praxis in den Mitgliedstaaten, die Gegenstand dieser Vertragsverletzungsverfahren sind, nicht vollständig mit der Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG [2]), den EU-Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Richtlinie 2014/23/EU [3] über die Konzessionsvergabe), der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit (Artikel 49 [4] und 56 AEUV [5]) in Einklang stehen.

Die Vertragsverletzungsverfahren betreffen:

Die acht betroffenen Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Argumente der Kommission zu antworten. Andernfalls kann die Kommission beschließen, ihnen mit Gründen versehene Stellungnahmen zu übermitteln.

Hintergrund

Für die Bereitstellung von Energie aus Wasserkraft gelten in der Regel zwei Rahmenbedingungen: Genehmigungen‚ die unter die Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG [2]) fallen, und Konzessionen‚ die unter die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge fallen (Richtlinie 2014/23/EU [3]).

Was Genehmigungen betrifft, so werden die Bedingungen für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit von den Behörden festgelegt und die Genehmigungen anschließend üblicherweise auf Antrag des Wirtschaftsteilnehmers und nicht auf Veranlassung des öffentlichen Auftraggebers erteilt. Außerdem hat der Wirtschaftsteilnehmer das Recht, sich von der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen zurückzuziehen. Insbesondere deckt die Dienstleistungsrichtlinie Situationen ab, in denen die Zahl der für eine bestimmte Tätigkeit verfügbaren Genehmigungen aufgrund der Knappheit der natürlichen Ressourcen oder der technischen Kapazität (z. B. Knappheit an Wasserressourcen, Stränden) begrenzt ist. In diesen Fällen müssen die Genehmigungen einem transparenten und neutralen Auswahlverfahren unterliegen, das volle Gewähr für Transparenz und Neutralität bietet.

Im Unterschied dazu enthalten Konzessionsverträge wechselseitig bindende Verpflichtungen, denen zufolge die Erbringung der Bau- oder Dienstleistungen bestimmten Anforderungen entsprechen muss, die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden und rechtlich durchsetzbar sind. Solche Verträge müssen im Einklang mit den EU-Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen stehen, die dazu beitragen, dass das Beste aus dem Geld der Steuerzahler gemacht wird, indem sichergestellt wird, dass öffentliche Aufträge im Wege wettbewerbsorientierter, offener, transparenter und gut regulierter Ausschreibungsverfahren vergeben werden.

Die Bewertung der Übereinstimmung dieser Vorschriften mit der Niederlassungsfreiheit (Artikel 49 [4] AEUV) und der Dienstleistungsfreiheit (Artikel 56 [5] AEUV) erfolgt unabhängig von der möglichen Anwendung von Wettbewerbsregeln (staatliche Beihilfen, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung).

Quelle: EU Kommission

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