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Berateraffäre: Ex-Rüstungsstaatssekretärin Suder rückt in den Fokus der Abgeordneten

Die frühere Rüstungs-Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium Dr. Katrin Suder ist am Donnerstag, 16. Mai 2019, erstmals bei den Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses näher in den Fokus der Abgeordneten gerückt. Das Gremium unter dem Vorsitz von Wolfgang Hellmich (SPD) geht nach Kritik des Bundesrechnungshofs der Frage nach, ob bei der Bundeswehr bei der Vergabe an externe Firmen zur Beratung und Unterstützung Rechts- und Regelverstöße begangen wurden und ob etwaige „persönliche Kennverhältnisse“, so Hellmich, im Spiel gewesen sein könnten.

Rahmenvertrag über 200 Millionen Euro

Ein Erlass vom 1. Dezember 2017, eine IT-Dienstleistung möglichst kurzfristig in Auftrag zu geben, ging beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz ein, sagte die im Vertragsbereich tätige Referentin Cornelia Pütz aus. Es ging dabei um PLM (Product-Lifecycle-Management), einer Effizienzsteigerung der IT, die bei der Bundeswehr als Pilotprojekt beim Lufttransporter A 400 M getestet werden sollte.

Der Erlass hatte nach übereinstimmender Zeugen-Darstellung als Basis für die Transaktion jenen Rahmenvertrag 20-237 vorgegeben, der zu den Schwerpunkten der Ausschuss-Untersuchungen zählt. Es handelt sich, wie Pütz erläuterte, um einen Vertrag über 200 Millionen Euro über IBM-Dienstleistungen, den das Bundesinnenministerium abgeschlossen hat. Er ist im elektronischen „Kaufhaus des Bundes“ eingestellt und konnte prinzipiell unter anderem auch von der Bundeswehr genutzt werden.

„Umsetzung mit großem zeitlichem Druck versehen“

Freilich galt das nicht für das PLM-Projekt, wie der Bundesrechnungshof monierte. Dieser Bewertung schloss sich später auch das Verteidigungsministerium an. Immer wieder fragten die Abgeordneten zudem nach, warum in dem Vertrag als Hauptauftragnehmer die Firma SVA (System Vertrieb Alexander) aufgeführt ist, obwohl nahezu das gesamte Auftragsvolumen vom Unterauftragnehmer Accenture geleistet worden sei.

Pütz erklärte, dass die Umsetzung des Erlasses vom Ministerium mit großem zeitlichem Druck versehen worden sei. Ihr Kollege Gerhard Maurer, der als Referatsleiter in Koblenz mit dem technischen Teil von Verträgen zu tun hat, sagte aus, dass Accenture schon vor dem Erlass, nämlich im November, tätig gewesen sei – nach Auskunft der Firma von Suder dazu beauftragt.

„Ungewöhnliches Vorgehen des Ministeriums“

Das Vorgehen des Ministeriums nannte Maurer „sehr ungewöhnlich“. Er habe für ausgeschlossen gehalten, dass eine Firma bereits tätig sei, ohne dass geklärt gewesen sei, ob besagter Rahmenvertrag überhaupt genutzt werde durfte. Deshalb sei er von einer entsprechenden Befassung mit der Rechtslage im Ministerium ausgegangen. Zwar sei im Erlass vorgegeben gewesen, das Koblenzer Amt habe das regelgerechte Vorgehen zu prüfen. Doch für ihn habe es so ausgesehen, als ob schon alles festgelegt worden sei: „Da musste ich gar nicht mehr prüfen.“

Maurer sagte weiter, dass er – Ingenieur für Luft- und Raumfahrt – eigentlich die Leistungsbeschreibung für das Projekt PLM hätte erstellen müssen. Doch diese Beschreibung sei ihm vom Ministerium vorgegeben worden. Er habe sie einfach übernommen. Konsequenterweise habe er auch die Rechnungen bereits vom Ministerium abgezeichnet erhalten: „Es hat meine Aufgabe übernommen.“

„Schwierigkeiten waren vorprogrammiert“

Maurer vertrat vor dem Ausschuss die Einschätzung, als PLM-Pilotprojekt sei das Waffensystem A 400 M ungeeignet gewesen, weil hinsichtlich der Verfügung über die Daten Schwierigkeiten mit dem Produzenten der Maschine, Airbus, vorprogrammiert gewesen seien. Dem widersprach allerdings als dritter Zeuge der Sitzung der im Ministerium für das Transportflugzeug und dann auch mit dem PLM-Pilotprojekt betraute Fachreferent Peter Hemmert. Wegen der gewaltigen Mengen an Daten, die bei diesem Waffensystem anfielen, aber nur unzureichend ausgewertet worden seien, habe sich das Vorgehen aus seiner digitalen Sicht angeboten, sagte der Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrt.

Hemmert ging nach seiner Darstellung fest davon aus, dass die Leitung des Ministerium von vornherein Accenture als Auftragnehmer gewünscht habe. Dass als Hauptauftragnehmer dann SVA gewählt wurde, habe wohl damit mit der Absicht zu tun, den Rahmenvertrag nutzen zu wollen. Warum dies gewollt war, machte Maurer deutlich: Wird ein Rahmenvertrag angewandt, muss keine Ausschreibung durchgeführt werden.

Auftrag des Untersuchungsausschusses

Auftrag des Untersuchungsausschusses ist es, den Umgang mit externer Beratung und Unterstützung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung aufzuklären. Anlass der Untersuchung sind Berichte des Bundesrechnungshofs über Rechts- und Regelverstöße im Zusammenhang mit der Nutzung derartiger Leistungen. Die Vorgänge sollen unter vertraglichen, rechtlichen, haushälterischen, geheimschutz­relevanten, militärischen, technologischen und politischen Gesichtspunkten geprüft werden.

Ferner sollen die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten der Leitungsebene sowie die Aufklärungs- und Informationspraxis des Bundesministeriums der Verteidigung untersucht werden. Damit die Ergebnisse der Untersuchung noch in dieser Wahlperiode aufgegriffen werden können, soll die Untersuchung möglichst bis zum 31. August 2019 abgeschlossen werden. Das Recht des Verteidigungs­ausschusses, sich selbst als Untersuchungs­ausschuss einzusetzen, ergibt sich aus Artikel 45a Absatz 2 des Grundgesetzes.

Quelle: Bundestag

 

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