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Die Digitalisierung geht weiter – Rückblick auf den 4. IT-Vergabetag


Am 15. Mai war es wieder Zeit sich im Rahmen des bereits 4. IT-Vergabetags des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) mit dem thematisch großen und bedeutsamen Feld der IT-Beschaffung zu beschäftigen. Die rund 180 Gäste kamen wie in den Vorjahren wieder aus den unterschiedlichsten Verantwortungsebenen von Vergabestellen der öffentlichen Verwaltung, der Wirtschaft, der Rechtspflege- und -beratung sowie der Politik, dem Verbandswesen und der Wissenschaft. 

Nachdem Marco Junk, einer der Geschäftsführer des DVNW und Jan Buchholz, Leiter der DVNW Geschäftsstelle, den Tag im vollen Auditorium eröffnet hatten, referierte zuerst Thomas Fischer, Rechtsanwalt bei Waldeck Rechtsanwälte und Mitglied in der EVB-IT Verhandlungsgruppe der IT-Wirtschaft.

Fischer berichtete, dass es bisher im Rahmen der laufenden Verhandlungen nicht gelungen sei, einen EVB-IT Cloud auf den Weg zu bringen. Zu weit würden die Vorstellungen der Verhandlungspartner auseinander liegen. Da die bestehenden EVB-IT für den Leistungsgegenstand Cloud nicht passen würden, gab Fischer interessante Hinweise und Empfehlungen, wie dennoch in der Praxis funktionierende Vertragsverhältnisse organisiert werden können.

Anschließend wurde es grün. Marina Köhn vom Umweltbundesamt (UBA) stellte den ersten Leitfaden zur Beschaffung umweltverträglicher Software vor. In ihren interessanten Ausführungen konnte Köhn zeigen, welchen Einfluss die Programmierung der Software auf den Stromverbrauch hat – so beispielsweise bei Textverarbeitungsanwendungen. Mit denen vom UBA entwickelten Instrumenten, sei eine Bewertung dieses Kriteriums gut handhabbar, so Köhn. Die Bundesverwaltung wird auf die Anwendung des Leitfadens und der dazugehörigen Kriterien sogar verpflichtet.

Einen interessanten Einblick in die Vergabepraxis einer multinationalen Organisation lieferte erstmalig bei einer Tagung dieser Art Dr. Jakub Krumrey von der Europäischen Zentralbank (EZB).

Die EZB unterliegt gemäß § 117 GWB nicht den EU-Vergaberichtlinien. Folglich wendet sie ein eigenes Rechtsregime an, das auf den Grundfreiheiten, den Vergabeprinzipien und der Rechtsprechung des EuGH basiert. Wie Krumrey darstellte, unterscheiden sich Verfahrensarten und -ablauf im Regelfall nicht vom den europäischen Vergabeverfahrensarten. Der Rechtsschutz wird durch ein Beschwerdeverfahren bei der EZB und den Gang zum EuGH sichergestellt.

Nach einer Kaffeepause ging es dann weiter mit der ersten Session der 90-minütigen Praxisworkshops. Hier konnten die Teilnehmenden aus wiederum vier Themenangeboten von Cloud, Open Source, Dynamischen Beschaffungssystem/e-Auktionen und Ausschreibungsorganisation zur Realisierung digitaler Services auswählen.

Bevor es dann am frühen Nachmittag gleich in die zweite Session Praxisworkshops mit den Themen IT-Vergabestrategie, Empfehlungen zur Verfahrenswahl, Markterkundung/Vorbefassung und dem Leistungsbestimmungsrecht ging, lud ein reichhaltiges Mittagsbüffet und das sonnige Wetter zu einer erholsamen Pause mit Gesprächen und Netzwerkarbeit ein.

Die rahmende Fachausstellung bot weiteren Raum zum Netzwerken und hielt ergänzende Informationen zu unterschiedlichen Themen der IT-Beschaffung bereit. Nach insgesamt ganzen drei Stunden Workshoparbeit ging es auch bereits in den Endspurt des 4. IT-Vergabetags.

Im Fachpanel Recht stellte York Burow, Vorsitzender der Vergabekammer Schleswig-Holstein, wie immer sehr unterhaltsam, die aktuelle Rechtsprechung für IT-Beschaffung vor. Erfreulicherweise wurden Fragen gestellt, kleine Diskussionen flammten auf und die Zeit wurde zwangsläufig schnell knapp. Gut also, dass wie immer alle Vortragsfolien zum Nachlesen den Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Verfügung gestellt werden.

Die Bedeutung von Digital- oder Kommunikationsagenturen ist bei der weiteren Digitalisierung des öffentlichen Sektors und seiner Angebote unbestreitbar groß. Nicht selten sind Agenturen Full-Service-Realisierer von Entwicklung und Implementierung digitaler Angebote und Services. Der Präsident des Gesamtverband Kommunikationsagenturen e.V., Benjamin Minack, nahm in einer nicht minder unterhaltsamen und pointierten Rede, die Gelegenheit wahr, und legte die Sicht der Agenturen auf das Thema Vergabe dar. Agenturen beteiligen sich selbstverständlich gern an öffentlichen Ausschreibungen, so Minack, aber nicht selten fehle es unter anderem an präzisen Leistungs- bzw. Aufgabenbeschreibungen, nachvollziehbaren Bewertungssystem und realistischen Terminen. Deutlich wurde wieder, wie wichtig es ist, dass Auftraggeber wie Marktteilnehmer einander verstehen, um sowohl gute Vergabeverfahren als auch später gut funktionierende Vertragsverhältnisse auf die Beine zu stellen. Insofern bot die Tagung dafür einen guten Rahmen.

Mit dem letzten Vortrag wurde es dann noch einmal akademisch. Aber Diplom-Informatiker Wolfgang Bartsch von der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG) mbH, der sich seit vielen Jahren leidenschaftlich mit Zuschlagsformeln und deren mathematischen Stärken oder Schwächen befasst, gelang es, die sogenannte Sockel-L Wertungsmethode gut verdaulich zu erklären. Nach allerhand Folien mit Formeln, Zahlen und Tabellen zum Schluss, endete ein erneut spannender IT-Vergabetag. Insgesamt war es wieder ein erkenntnis- und informationsreicher Tag, der aber auch die gebotene Ruhe und Entspannung für nette Gespräche bot.

Erfreut über das erneut positive Feedback der Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Aussteller, geht es dann im nächsten Jahr auf zum kleinen Jubiläum, dem 5. IT-Vergabetag.

Der Termin wird in Kürze auf www.it-vergabetag.de [1], im Mitgliedernetzwerk und natürlich hier im Vergabeblog bekanntgegeben.

Hinweis der Redaktion

Schon gewusst? Im Mitgliederbereich des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) finden Sie zu dem Thema den Fachausschuss: „ITK-Beschaffung [2]„, in dem spannende Fragestellungen rund um die IT-Beschaffung diskutiert werden. Noch kein Mitglied? Hier geht es zur Mitgliedschaft [3].

Beachten Sie bitte auch, dass am 24. und 25. Oktober 2019 der 6. Deutsche Vergabetag, das Jahreshauptevent des DVNW, im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Berlin stattfindet.

Weitere Informationen zu Programm & Anmeldung finden Sie unter www.deutscher-vergabetag.de [4]

Fotos: Jörg Klaus für das DVNW

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