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Ergebnisse der DVNW Umfrage zum Umgang mit der Corona-Pandemie im öffentlichen Beschaffungswesen

Icon CoronaDas Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW) hat in der Zeit vom 7. bis zum 24. April Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern öffentlicher Auftraggeber in einer anonymisierten Umfrage zum beruflichen Umgang mit der Corona-Pandemie befragt. Lesen Sie im Weiteren die Ergebnisse.

 

Die Gruppe der Befragten (N=369) war heterogen. Die Befragten wurden in unterschiedliche Gruppen öffentlicher Auftraggeber zusammengefasst. Die größten Gruppen bildeten Kommunen mit 43,1 % und die Bundesländer mit 21,4 %. Die genaue Verteilung ist Abbildung 1 weiter unten zu entnehmen.

Dringlichkeitsbeschaffungen

Öffentliche Beschaffung in Zeiten der Corona-Krise zu organisieren und durchzuführen betrifft letztlich alle. Während der Laufzeit der Umfrage gaben 45,3 % der Befragten an, dass sie bereits Beschaffungen, die im Zusammenhang mit der Eindämmung der Pandemie stehen durchführen. Mit Rundschreiben vom 19.03.2020 (siehe [1]) hatte hierzu das das Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) bereits darauf hingewiesen, dass in diesen Zusammenhängen die Anwendbarkeit des Verhandlungsverfahrens aus Gründen der Dringlichkeit (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV) angenommen werden kann.

Das BMWi wies mit demselben Rundschreiben darauf hin, dass Vertragserweiterungen oder Verlängerungen von bestehenden Verträgen ebenfalls geeignete Möglichkeiten sein könnten, Bedarfe zu decken, die dem Zweck der Pandemieeindämmung dienen. Hiervon machte fast die Hälfte der Befragten keinen Gebrauch und verneinte dies auch für die Zukunft (46,6 %); jeweils ein Viertel nutzte diese Möglichkeit bereits (25,2 %) und ein weiteres Viertel hielt dies künftig für möglich (24,1 %).

Aus der Umfrage geht zudem hervor, dass Beschaffungen, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie durchgeführt wurden, sich überwiegend auf IT-Leistungen (44,2 %) und erst auf Platz 2 auf medizinische Güter (34,1 %) bezogen.

Gemeinsame Beschaffung in der Corona-Krise

Bedarfsbündelungen und gemeinsame Beschaffungen mehrerer öffentlicher Auftraggeber können zu jeder Zeit eine sinnvolle Angelegenheit sein. In Zeiten der Corona-Krise gaben jedoch nur 7,6 % der Befragten an, gemeinsame Vergabeverfahren beispielsweise bei der Beschaffung ebendieser medizinischen Güter und IT-Leistungen durchzuführen. Überwiegend (66,9 %) wurde ein solches Vorgehen verneint und für die Zukunft ausgeschlossen; Lediglich 15,7 % hielten diese Vorgehensweise in der Zukunft für möglich.

Digitalisierung der Beschaffung

Ein seit Jahren viel diskutiertes Thema ist die Digitalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens. Mit der Corona-Krise und dem Umzug vieler Verfahrensbeteiligter auf Auftraggeber- und Bewerber-/Bieterseite in das Homeoffice stellen sich alte, aber auch neue Fragen hinsichtlich des Einsatzes von Technik und deren Funktionen.

In bestimmten Vergabeverfahren sind zu Öffnungs- bzw. Submissionsterminen Unternehmensvertreter zugelassen. Üblicherweise handelt es sich dabei um eine physische Anwesenheit. Ist dies nicht möglich, können Videokonferenzsysteme Abhilfe schaffen. 62,1 % der Befragten verneinten jedoch diese Möglichkeit zu nutzen – auch künftig. Nur 12,7 % taten dies und 17,1 % hielten dies künftig für möglich. Wobei zu beachten ist, dass bei der überwiegenden Anzahl durchzuführender Vergabeverfahren öffentliche Öffnungs- bzw. Submissionstermine nicht vorgesehen sein dürften. Das Land Hessen hat hier bereits reagiert und verzichtet zukünftig auf öffentliche Eröffnungstermine ( [2]).

Ein etwas anderes Bild zeigte sich beim Einsatz von Videokonferenzsysteme, die auch bei Verhandlungsverfahren genutzt werden könnten. Rund die Hälfte der Befragten nutzt diese Technik (20,1 %) oder hielt dies künftig für möglich (33,3 %) – jedoch schlossen 39,6 % die Nutzung von Videokonferenzen aus.

Eine bis zur Corona-Krise nicht im Fokus stehende technische Anforderung an eVergabe- und Vergabemanagementlösungen tauchte indes ganz plötzlich auf. Was tun, wenn eine Angebotsöffnung, die nach dem Vier-Augen-Prinzip zu erfolgen hat, nicht von zwei Personen physisch unter gleichzeitiger Anwesenheit durchgeführt werden kann? Diese bereit frühzeitig im Mitgliedernetzwerk des DVNW auftauchende Frage (s. Fachausschuss eVergabe im DVNW, hier [3]), wurde von den Lösungsanbieter zunächst mit Empfehlungen beantwortet. So könnten zwei Personen, die in der digitalen Vergabeakte die Öffnung mit ihren Log-In-Daten bestätigen müssen, beispielsweise mittels einer Remotedesktopverbindung oder unter Verwendung verfügbarer Software, wie etwa dem Teamviewer®, mit entsprechender Zugriffsberechtigung erfolgen. Auch die schnelle Bereitstellung einer entsprechenden Erweiterung bestehender Softwarelösungen zur Öffnung von getrennten Bildschirmen wurden herstellerseitig angekündigt – diese Möglichkeit wurde im Befragungszeitraum von 29,8 % der Befragten genutzt, wiederum 26,6 % nutzten die anderen zuvor genannten Hilfsmittel, wie etwa die Remotedesktopverbindung.

Arbeiten im Homeoffice

Mehr als Zweidrittel der Befragten befand sich im Zeitraum der Umfrage bereits im Homeoffice (69,9 %), ein Viertel weiterhin in der Verwaltung/Büro (27,4 %). Die Arbeit im Homeoffice ist jedoch für die große Mehrheit der Befragten neu (81,8 %). Lediglich 16 % der Befragten arbeitete auch bereits vor der Corona-Krise von Zuhause.

Die Arbeit im Homeoffice muss allerdings geübt sein. Auch die Schließung von Schulen und der Ausfall der Kinderbetreuung kann zu diversen Ablenkungen führen. Insofern verwundert nicht, dass 43,4 % der Befragten ihre Leistungsfähigkeit Zuhause etwas eingeschränkt und 11,4 % sogar sehr eingeschränkt beschreiben.

Die tatsächlichen Verhältnisse entsprechen aber nicht dem Wunsch der Befragten. 73,2 % gaben an, dass eine stärkere Förderung der Arbeit im Homeoffice durch den Arbeitsgeber wünschenswert sei.

  • Wer beteiligte sich an der Umfrage?

 

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