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Berateraffäre: Berater-Drucksache umfasst 720 Seiten

BundestagBeim Anheuern externer Berater kam es im Bereich des Verteidigungsministeriums zu Verstößen von führenden Soldaten und Beamten. Dies ist dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Verteidigungsausschusses zu entnehmen. Vorwürfe gegenüber der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) finden sich nicht.

Vorsitzender Wolfgang Hellmich (SPD) übergab die 720 Seiten dicke Drucksache an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. Das Konvolut, das auch je ein Sondervotum der Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sowie der AfD umfasst, wird jetzt allen Abgeordneten zugestellt. Den parlamentarischen Schlusspunkt setzt eine Bundestagsdebatte.

Der Ausschuss blickt auf eine enorme Arbeitsleistung zurück: Zwischen dem 21. März 2019 und dem 13. Februar 2020 befragten die Abgeordneten in 17 Sitzungen teils bis nach Mitternacht 41 Zeugen – zuletzt von der Leyen. Akten in einem Umfang von 4.720 Ordnern wurden durchforstet. Ausgangspunkt waren Berichte des Bundesrechnungshofs über Rechts- und Regelverstöße bei der Vergabe von Aufträgen an externe Unternehmen. Der Untersuchungsausschuss hält sich zugute, es sei auch seinem Ermittlungseifer zu verdanken, dass sich die beanstandeten Sachverhalte so nicht wiederholen könnten.

In einem der untersuchten Komplexe – es ging um die Entwicklung einer neuen IT-Strategie- stellt der Bericht fest, von der Leyen habe kaum eine Entscheidungsgrundlage zu den untersuchten Vorgängen selbst gezeichnet. Zwar sei jedenfalls ihr Büro von den entscheidenden Vorgängen stets in Kenntnis gesetzt worden. Die Entscheidungen selbst seien aber häufig auf Ebene der Staatssekretäre getroffen worden. Offen sei geblieben, über welche Vorgänge die damalige Ministerin durch ihr Büro konkret informiert wurde.

Eines der untersuchten Projekte firmierte unter PLM (Product Lifecycle Management). Das Unternehmen Accenture wurde, so der Bundesrechnungshof, unter Verstoß gegen die Vergaberichtlinien zwecks Beratung und Unterstützung beauftragt. Die Gesamtverantwortung dafür trägt nach Auffassung des Ausschusses der damals zuständige Abteilungsleiter General Erhard Bühler, der sich inzwischen im Ruhestand befindet. Eine direkte Verantwortlichkeit der seinerzeitigen Staatssekretärin Katrin Suder machte der Ausschuss nicht aus. Allerdings habe sie dazu beigetragen, dem zuständigen Accenture-Manager einen Zugang zum Ministerium zu verschaffen. Sie habe die Vergabe-Entscheidung für das Unternehmen mitgetragen, hält der Ausschussbericht fest.

Bühler, so wird in dem Bericht erwähnt, sei mit dem fraglichen Accenture-Geschäftsführer befreundet und Taufpate von dessen Kindern. Suder sei ebenfalls mit dem Mann befreundet und Taufzeugin. Das Nachspüren von Kennverhältnissen gehörte zu den Aufgaben, die sich die Abgeordneten gestellt hatten.

In ihrem Sondervotum stufen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Bewertung der Vorkommnisse durch die Ausschussmehrheit zwar als teils zutreffend ein. Viele wesentliche Erkenntnisse der Untersuchung würden aber ausgespart oder verharmlost. Nicht nachvollziehbar sei, dass insbesondere die SPD, die sich während der Beweisaufnahme engagiert und kritisch gezeigt habe, die Vorgänge nun wie CDU/CSU bagatellisiere.

Die AfD stimmt in ihrem Sondervotum dem von den Koalitionsabgeordneten verfassten Bewertungsteil nicht zu. Die Zusammenhänge, Verfehlungen und Verantwortlichkeiten würden darin nicht deutlich genug aufgezeigt. Insbesondere kranke die Bewertung daran, dass die persönliche und politische Verantwortung von der Leyens nur unzureichend dargestellt werde.

Der Verteidigungsausschuss hatte sich am 30. Januar auf Antrag der Fraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen selbst als Untersuchungsausschuss eingesetzt. Das Grundgesetz gibt ihm als einzigem Bundestagsausschuss diese Möglichkeit. Vorangegangen war eine Weigerung Suders, eine Einladung in den Verteidigungsausschuss anzunehmen. Dem Untersuchungsausschuss konnte sie sich dann nicht entziehen. Sie war als vorletzte Zeugin befragt worden.

Quelle: Bundestag

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