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EU-Marktzugang: IPI-Trilog nach der Sommerpause

Die EU-Botschafterinnen und -Botschafter haben sich auf ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über eine Verordnung zur Schaffung eines Instruments für das internationale Beschaffungswesen (IPI) geeinigt. Es soll dazu beitragen, gegen ungleiche Wettbewerbsbedingungen auf den weltweiten Märkten für öffentliche Aufträge vorzugehen.

Das IPI ist ein offensives handelspolitisches Instrument, das der EU den nötigen Verhandlungsspielraum geben soll, den sie braucht, um die Beschaffungsmärkte in Drittländern zu öffnen und dafür zu sorgen, dass EU-Unternehmen Zugang zu diesen Märkten erhalten und dort gleiche Wettbewerbsbedingungen vorfinden.

„So wird die EU künftig besser in der Lage sein, europäische Unternehmen vor diskriminierenden und restriktiven Praktiken einiger ihrer wichtigsten Partner zu schützen. Wird EU-Unternehmen der Zugang zum Beschaffungsmarkt eines Drittlandes verwehrt, könnte die EU als Reaktion darauf bestimmte Bereiche ihres eigenen Beschaffungsmarktes schließen. Ein offener Beschaffungsmarkt fördert Wettbewerb und Transparenz, senkt die Kosten steuerfinanzierter öffentlicher Güter und Dienstleistungen und verringert das Korruptionsrisiko,“ Augusto Santos Silva, portugiesischer Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten.

Das IPI soll der EU ermöglichen, Wirtschaftsakteuren aus Ländern, die EU-Unternehmen mit restriktiven oder diskriminierenden Maßnahmen begegnen, fallweise aus ihren öffentlichen Beschaffungsmärkten auszuschließen oder ihren Zugang dazu zu beschränken.

An den bestehenden Verpflichtungen der EU gegenüber Drittländern – zu denen das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) ebenso wie bilaterale Handelsabkommen gehören – würde das IPI jedoch nichts ändern. Zudem ist das Instrument darauf ausgelegt, den Verwaltungs- und Haushaltsaufwand für die öffentlichen Auftraggeber der Mitgliedstaaten, der durch seine Anwendung entsteht, möglichst gering zu halten. Auch die Besonderheiten der am wenigsten entwickelten Länder und der europäischen KMU werden berücksichtigt.

Der portugiesische Vorsitz hat einige wichtige Änderungen in den vom Rat vereinbarten Rechtstexten vorgenommen. Dazu gehören folgende:

Hintergrund

Am 21. März 2012 hat die Europäische Kommission erstmals einen Vorschlag für eine Verordnung über das Instrument für das internationale Beschaffungswesen vorgelegt. Dieser Vorschlag fand im Rat nicht genügend Unterstützung. Am 29. Januar 2016 nahm die Europäische Kommission einen geänderten Vorschlag für eine Verordnung über das Instrument für das internationale Beschaffungswesen an. Auf dieser Grundlage hat sich der Rat nun auf sein Verhandlungsmandat verständigt.

Mit den Änderungen, die die Kommission 2016 eingeführt hat, sollten bestimmte, als negativ empfundene Aspekte des Instruments beseitigt werden; die Verfahren sollten vereinfacht, Untersuchungen verkürzt und die Zahl der an der Umsetzung beteiligten Akteure verringert werden. Dennoch stockten die Verhandlungen, weil die Mitgliedstaaten im Rat gespalten waren.

Der Europäische Rat forderte im März 2019 dazu auf, tätig zu werden, und forderte im Oktober 2020, die Beratungen voranzubringen. Der portugiesische Vorsitz verfolgte einen neuen Ansatz und legte Anfang Januar – gestützt auf den Kommissionsvorschlag von 2016, die Arbeit der aufeinanderfolgenden Vorsitze und die Beiträge der Mitglieder – einen Textentwurf vor, der die fachlichen Beratungen beschleunigt hat. So konnte der Vorsitz Mitte April einen Kompromissvorschlag vorlegen, der die unterschiedlichen Auffassungen der Mitgliedstaaten im Rat widerspiegelt und ein gutes Gleichgewicht darstellt, nämlich zwischen einem Instrument, das einerseits der Kommission in den Verhandlungen mit Drittländern ausreichend Hebelwirkung gibt, um die Öffnung ihrer Beschaffungsmärkte für europäische Unternehmen zu bewirken, und andererseits den Verwaltungsaufwand für die öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen der Mitgliedstaaten begrenzt.

Im Mai gelang es dem Vorsitz, einen Kompromiss über den Standpunkt des Rates auf fachlicher Ebene zu finden und an den AStV weiterzuleiten, der nun grünes Licht gegeben hat.

Weiteres Vorgehen

Nachdem die EU-Botschafterinnen und -Botschafter das Mandat des Rates gebilligt haben, muss das Europäische Parlament nun seinen Standpunkt festlegen. Die Triloge mit dem Parlament werden nach der Sommerpause beginnen.

Anmerkung: Als Trilog werden informelle Verhandlungstreffen zwischen Vertretern der drei am EU-Gesetzgebungsprozess beteiligten Organe – Kommission, Parlament und Rat – bezeichnet.

Quelle: Europäischer Rat

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