Vergabeblog

"Der Fachblog des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW)"
Liefer- & Dienstleistungen

Vergabekonforme zentrale Beschaffungstätigkeit oder unzulässige Auslagerung der Vergabeentscheidung?

Viele öffentliche Auftraggeber haben sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, ob und wie ihre öffentliche Beschaffungstätigkeit zumindest in Zeiten enger zeitlicher und personeller Ressourcen ausgelagert werden darf, obwohl die Vorbereitung, Durchführung und Beratung in Vergabeverfahren zu den klassischen Aufgabenbereichen der öffentlichen Verwaltung gehört. Die Auslagerung der Vergabeentscheidung ist grundsätzlich an unterschiedliche externe Stellen denkbar. So kommen als gängigste externe Stellen Unternehmensberatungen, Rechtsanwaltskanzleien, Architekten- und Ingenieurbüros und ähnliche Beschaffungsdienstleister oder zentrale Beschaffungsstellen in Betracht.

Insbesondere das Institut der zentralen Beschaffungsstelle, das mit der Vergabereform 2016 aus Art. 37 der europäischen Vergaberichtlinie 2014/24/EU mit § 120 Abs. 4 GWB in nationales Recht umgesetzt wurde (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/6281, S. 99), kann eine effiziente Möglichkeit darstellen, dass eine externe Stelle für den öffentlichen Auftraggeber Vergabeverfahren vorbereitet, durchführt und sie diesbezüglich berät.

Neben der ersten Frage, welche Voraussetzungen in der Praxis vorliegen müssen, damit eine Auslagerung von öffentlichen Vergabeverfahren an die zentrale Beschaffungsstelle zulässig ist, stellt sich die zweite Frage, wie sich die vergabekonforme Tätigkeit einer zentralen Beschaffungsstelle mit der unter Umständen rechtlich unzulässigen Auslagerung der Vergabeentscheidung verträgt.

1. Was ist eine zentrale Beschaffungsstelle bzw. -tätigkeit?

Die zentrale Beschaffungstätigkeit ist in § 120 Abs. 4 GWB gesetzlich geregelt. Eine zentrale Beschaffungsstelle wird als öffentlicher Auftraggeber definiert, der für andere öffentliche Auftraggeber im Sinne einer zentralen Beschaffungstätigkeit dauerhaft tätig ist.

Dabei muss der Begriff der zentralen Beschaffungsstelle von der Bezeichnung der zentralen Vergabestelle abgegrenzt werden. Bei zentralen Vergabestellen handelt es sich lediglich um zentrale Organisationseinheiten innerhalb eines einheitlichen öffentlichen Auftraggebers. Aus den Definitionen des öffentlichen Auftraggebers in den EU-Richtlinien ergibt sich, dass die zentrale Beschaffungsstelle ein eigenständiger Rechtsträger zu sein hat. Da diese selbst öffentlicher Auftraggeber sein muss, kommen rein private Unternehmen als zentrale Beschaffungsstellen nicht in Betracht (Amelung, in: Müller-Wrede, GWB, Vergaberecht, § 120, Rn. 33-34.).

Das bedeutet zunächst, dass eine eigene Vergabestelle des öffentlichen Auftraggebers mangels eigenständiger Rechtspersönlichkeit keine zentrale Beschaffungsstelle sein kann.

Weiterhin scheiden Unternehmensberatungen, Rechtsanwaltskanzleien sowie Architekten- und Ingenieurbüros und andere private Beschaffungsdienstleister aus, da sie grundsätzlich rein private Unternehmen sind, nicht zuletzt, weil diese grundsätzlich nicht im Rahmen zentraler Beschaffungstätigkeit dauerhaft für den öffentlichen Auftraggeber tätig werden.

Die Regelung des § 120 Abs. 4 GWB verbessert die Möglichkeiten, den Beschaffungsbedarf der öffentlichen Auftraggeber zusammenzuführen, um Größenvorteile zu erzielen und Transaktionskosten zu verringern. Das Beschaffungsmanagement wird auf diese Weise professionalisiert (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/6281, S. 99).

2. Unter welchen Voraussetzungen ist die zentrale Beschaffungstätigkeit zulässig?

a. Das Gesetz stellt öffentlichen Auftraggebern grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung, wie eine zentrale Beschaffungsstelle eingesetzt werden kann. Einerseits kann der öffentliche Auftraggeber zuvor von der zentralen Beschaffungsstelle selbstständig beschaffte Leistungen erwerben, die diese veräußert. Andererseits kann der öffentliche Auftraggeber die zentrale Beschaffungsstelle als Vermittler einsetzen (Amelung, in: Müller-Wrede, GWB, Vergaberecht, § 120, Rn. 35.), wobei die Beschaffungsstelle dann im Namen und auf Rechnung des öffentlichen Auftraggebers Vergabeverfahren durchführt (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/6281, S. 99).

Im Rahmen dieser zwei Möglichkeiten führt die zentrale Beschaffungsstelle im ersten Fall die Vergabeverfahren autonom und damit in eigener Verantwortung, insbesondere für Vergabeverstöße, durch und fungiert als „Warenhaus“.

Im zweiten Fall kann die zentrale Beschaffungsstelle die Vergabeverfahren wiederum auf zwei Wegen durchführen; entweder autonom, sodass die Verantwortung die zentrale Beschaffungsstelle trifft, oder nach den Weisungen des beauftragenden öffentlichen Auftraggebers, sodass die Verantwortung bei diesem verbleibt (Amelung, in: Müller-Wrede, GWB, Vergaberecht, § 120, Rn. 35; VK Sachsen, Beschluss v. 28.03.2019, 1/SVK/004-18).

b. § 120 Abs 4 S. 3 GWB stellt klar, dass die auch entgeltliche Beauftragung einer zentralen Beschaffungsstelle vergaberechtsfrei zulässig ist (Amelung, in: Müller-Wrede, GWB, Vergaberecht, § 120, Rn. 37). Das ist einer der großen Vorteile der Beauftragung einer zentralen Beschaffungstätigkeit, sodass Doppelungen von Vergabeverfahren effizient vermieden werden, die bei externen (privaten) Dritten wie Unternehmensberatungen, Rechtsanwaltskanzleien oder Architekten- und Ingenieurbüros und ähnlichen Beschaffungsdienstleistern grundsätzlich von Nöten sind.

c. Interessant ist der Aspekt der so genannten Nebenbeschaffungstätigkeit. Die Ausnahme für die Vergabepflicht wird gemäß § 120 Abs. 4 S. 4 GWB auf diese Nebenbeschaffungstätigkeiten ausgedehnt, sodass auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen wie die Bereitstellung der technischen Infrastruktur im Hinblick auf die Durchführung von Vergabeverfahren sowie deren Vorbereitung und Verwaltung unter die Vergabefreiheit fallen.

Handelt es sich bei dem Dienstleistungsauftrag jedoch ausschließlich um Beratungs- und Unterstützungsleistungen, greift die Ausnahme der Vergabefreiheit nicht, sodass ein Vergabeverfahren zur entgeltlichen Beauftragung des Beschaffungsdienstleisters durchzuführen ist (Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 18/6281, S. 99). Die privilegierten Nebenbeschaffungstätigkeiten müssen einen Bezug zu Vergabeverfahren aufweisen und sich auf die Beschaffung damit zusammenhängender Tätigkeiten richten.

Tätigkeiten, die darüber hinausgehen, wie die Gestaltung, der Abschluss von Verträgen mit Lieferanten und externen Dienstleistern, Vertragsprüfungen und -anpassungen sowie das Monitoring und die Archivierung bzw. das Vertragsmanagement, auch im Hinblick auf das Entstehen etwaiger Boni-Ansprüchen und die Überwachung des Beschaffungsmarktes, lassen die Privilegierung entfallen. Denn es handelt sich nicht um zentrale Beschaffungstätigkeiten und nicht um Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren handelt (VK Sachsen, Beschluss v. 11.06.2021, 1SVK004/21).

3. Rechtsprechung zur (un-)zulässigen Auslagerung von Vergabeentscheidungen

Externe Stellen bzw. Berater, insbesondere auch private, dürfen grundsätzlich öffentliche Auftraggeber bei der Konzeption, Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren unterstützen.

Dabei werden die Auftragsbekanntmachung und Vergabeunterlagen vorbereitet, es werden unter Umständen Verhandlungen mit den Bietern begleitet, es erfolgt eine Unterstützung bei der fachlichen und rechtlichen Angebotsauswertung. Zulässig sind die Zusammenstellung und die Prüfung der Unterlagen sowie die Protokollierung des Vergabeverfahrens. Das bedeutet, rein verwaltungstechnische Tätigkeiten dürfen übertragen werden (VK Südbayern, Beschluss v. 16.05.2022, 3194.Z3-3_01-21-62).

Gemäß § 55 Abs. 2 VgV können externe Dienstleister bei der Angebotsöffnung unterstützen, da diese Regelung jeweils zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers fordert, jedoch nicht zwingend seine eigenen Mitarbeiter meint, wenn zumindest keine konkrete Möglichkeit besteht, dass einer der bei der Submission anwesenden Vertreter mit einem der Bieter zusammengearbeitet haben könnte (VK Niedersachsen, Beschluss v. 08.05.2018, VgK-10/2018; VK Südbayern, Beschluss v. 16.05.2022, 3194.Z3-3_01-21-62; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.11.2018, Verg 31/18; zuvor noch a.A. VK Südbayern, Beschluss v. 02.01.2018, Z3-3-3194-1-47-08/17).

Der öffentliche Auftraggeber darf nach dem Grundsatz der Eigenverantwortung jedoch nicht jegliche Verantwortung auf einen externen Dritten verlagern und muss die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen (VK Niedersachsen, Beschluss v. 02.11.2018, VgK-40/2018). Dies ergab sich sogar ausdrücklich aus § 2 Nr. 3 VOL/A a.F. von 2006, der besagte: „Leistungen sind unter ausschließlicher Verantwortung der Vergabestellen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bieter zu angemessenen Preisen zu vergeben.“ Zwar enthalten weder VgV noch UVgO eine vergleichbare Formulierung, jedoch ist bereits in der Rechtsprechung entschieden worden, dass dieses Prinzip der Eigenverantwortung sich aus den Grundsätzen des Wettbewerbs und der Transparenz ergibt (VK Niedersachsen, Beschluss v. 02.11.2018, VgK-40/2018; vgl. auch Vergabehandbuch für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltungen“ zu § 7 VOB/A).

Nicht zulässig ist es daher grundsätzlich, die vollständige Verantwortung für die Vergabe an externe Dritte zu übertragen. Dazu zählen die vollständige Übertragung des Verfassens des Leistungsverzeichnisses, der Entscheidung über die Nachforderung von Unterlagen oder der Wertung der Angebote (VK Südbayern, Beschluss v. 16.05.2022, 3194.Z3-3_01-21-62). Der öffentliche Auftraggeber muss das Vergabeverfahren in eigener Verantwortung durchführen, mithin die Angebote prüfen und eigenverantwortlich über mögliche Ausschlussgründe und den Zuschlag entscheiden. Dieser Pflicht und Verantwortung im Hinblick auf die Vergabeentscheidung genügt der öffentliche Auftraggeber, wenn er die Angebotswertung durch einen Freiberufler wie einen Rechtsanwalt oder Architekten vornehmen lässt und dessen Zuschlagsvorschlag genehmigt. Diese Vorgänge müssen selbstverständlich vergabekonform dokumentiert werden (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 03.05.2018, 11 Verg 5/18).

4. Spezielle und landesspezifische Regelungen zur Auslagerung von Vergabeverfahren an Externe

Die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Auslagerung der eigenen Beschaffungstätigkeit an externe Stellen ist jedoch nicht nur eine solche des Vergaberechts.

a. Zum einen gibt es Banken als öffentliche Auftraggeber, die sich nicht nur an das öffentliche Vergaberecht zu halten haben, sondern zusätzlich an das Bankenaufsichtsrecht entsprechend MaRisk/BAIT. Die Regelungen des Bankenaufsichtsrechts sprechen grundsätzlich jedoch nicht dagegen, dass eine öffentliche Bank die Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren verbunden mit vergaberechtlicher Beratung an externe Dritte auslagert, soweit die Risikogesichtspunkte angemessen Berücksichtigung finden.

b. Zum anderen sind öffentliche Auftraggeber aber i.S.d. Haushaltsrechts an das Haushaltsgrundsätzegesetz und die Haushaltsordnungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene gebunden. Dort finden sich grundsätzlich auch die Verankerungen der Vergabepflicht für den Unterschwellenbereich.

Zentrale Beschaffungsstellen im Sinne des § 120 Abs. 4 GWB wurden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene eingerichtet. Eine Vielzahl von Bundesländern (NRW, Saarland, Brandenburg, Bayern, Hessen, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern) enthalten nur rudimentär und keine ausdrücklichen Regelungen hinsichtlich der Auslagerung von Vergabeverfahren an externe Stellen, insbesondere nicht zur zentralen Beschaffungstätigkeit. In den Vorschriften wird im Wesentlichen auf das GWB verwiesen, sodass die Auslagerung an externe Stellen haushaltsrechtlich grundsätzlich zulässig ist.

Mehrfach wird im Haushaltsrecht festgelegt, dass Auslagerungen an externe zentrale Beschaffungsstellen möglich sind, unter welchen Voraussetzungen externe Berater beauftragt oder andere interne Einrichtungen gedeckt werden können (Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg) oder sogar, dass Pflichten zur zwingenden Einbindung der zentralen Beschaffungsstellen bestehen (Schleswig-Holstein).

Vereinzelt werden zwar keine Regelungen zu zentralen Beschaffungsstellen in den Landesvorschriften getroffen, sondern zu der Auslagerung von Vergabeverfahren an Externe in Form von Sachverständigenleistungen (Niedersachsen). Dies sind gemäß Ziffer 1 der Anlage zu VV Nr. 3.1 zu § 55 LHO entgeltliche Leistungen auf vertraglicher Basis, die dem Ziel dienen, im Hinblick auf konkrete Entscheidungssituationen der Auftraggeberin oder des Auftraggebers praxisorientierte Handlungsempfehlungen zu entwickeln und zu bewerten, den Entscheidungsträgern zu vermitteln und ihre Umsetzung zu begleiten. Dazu zählen insbesondere Gutachten, Evaluierungen, prozessbegleitende Beratungen und wissenschaftliche Untersuchungen (z. B. Studien). Die Anlage zu VV Nr. 3.1 zu § 55 LHO bestimmt in Ziffer 2.2 zusätzlich, dass Aufgaben, die zum gewöhnlichen Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltungen (z. B. Beratung zu laufenden Rechtsfragen oder zu Vergabeverfahren, Personalauswahlverfahren, Mitarbeiterbefragungen, Beratung in Organisationsfragen, Erstellen und Auswertungen von Statistiken) gehören, grundsätzlich nicht extern zu vergeben sind. Auch wird ausdrücklich eine Notwendigkeit nicht durch fehlende Personalkapazitäten begründet. Bei regelmäßig wiederkehrenden und vergleichbaren Sachverständigenleistungen ist zu prüfen und zu dokumentieren, ob Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen für das vorhandene Personal der externen Beratung vorzuziehen sind.

5. Stellungnahme

a. Hinsichtlich der ersten aufgeworfenen Frage, inwieweit die Auslagerung von Vergabeverfahren an externe Stellen wie auch an eine zentrale Beschaffungsstelle zulässig ist, ist festzuhalten, dass grundsätzlich entsprechend der Rechtsprechung Teile der Vorbereitung, Durchführung von Vergabeverfahren und der Beratung vergaberechtlich zulässig an externe (private) Dritte ausgelagert werden dürfen, solange die wesentliche Verantwortung für die Vergabeentscheidung beim öffentlichen Auftraggeber verbleibt. Nur ausnahmsweise sind Auslagerungen von Vergabeverfahren an Externe unzulässig.

Auf der einen Seite bestehen jedoch hohe Hürden für die Anforderungen an eine vergabefreie Vergabe an eine zentrale Beschaffungsstelle, um ihren Beschaffungsbedarf über diese zu decken. Leicht überschreitet der Auftraggeber in diesem Zusammenhang die Grenze zur vergabepflichtigen und damit rechtswidrigen Direktvergabe, weil ausschließlich Nebenbeschaffungstätigkeiten beauftragt werden und nicht diejenigen Tätigkeiten, die das Wesen einer zentralen Beschaffungsstelle nach § 120 Abs. 4 GWB ausmachen.

Auf der anderen Seite können für die Auftraggeber unterschiedliche spezielle und landesspezifische Regelungen bestehen, die sich aus speziellem Recht wie dem Bankenaufsichtsrecht oder aber klassisch aus dem Haushaltsrecht ergeben.

Eine Vielzahl der Regelungen der Bundesländer hält keine besonderen oder ausdrücklichen Vorgaben oder Konkretisierungen für die Vergabe an Externe vor, sondern begnügt sich mit pauschalen Verweisen auf das GWB und damit die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze sowie die Möglichkeit des § 120 Abs. 4 GWB.

Vereinzelt haben Bundesländer länderspezifische Vorschriften, die die Möglichkeit und Zulässigkeit der Auslagerung der Vorbereitung und Durchführung sowie Beratung bei Vergabeverfahren ausdrücklich vorsehen oder sogar eine konkrete Pflicht statuieren, Beschaffungen für bestimmte Bereiche nur über die eigens dafür gesetzlich eingerichteten zentralen Beschaffungsstellen vorzunehmen.

Selten, aber vorhanden, können in den Haushaltsordnungen und den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften Regelungen sein, die über die vergaberechtlichen Hürden hinaus rein haushaltsrechtliche Anforderungen an Auslagerungen von Vergabeverfahren an externe Stellen erheben.

Sie gehen vom Grundsatz aus, dass öffentliche Verwaltungen ausreichende Ressourcen und Kompetenzen, insbesondere personeller Art, vorhalten müssen, weil diese eben zu den üblichen und gewöhnlichen Tätigkeiten und Aufgabenbereichen der öffentlichen Verwaltung und Auftraggeber gehören, um ihre typischen gesetzlich vorgesehenen Aufgaben erfüllen zu können. Genau aus diesem Grunde wird geregelt, dass das Erfordernis besteht, dass die Notwendigkeit externe Berater  dokumentiert wird oder sogar, dass fehlende Personalkapazitäten die Notwendigkeit der Vergabe an externe Berater nicht begründen können und daher grundsätzlich nicht extern zu vergeben sind. Im Sinne eines „milderen“ Mittels wird sogar vorgegeben, dass Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für das vorhandene Personal der Vergabe der Leistungen an externe Berater und Stellen vorzuziehen sind.

Im Ergebnis müssen die Auftraggeber je nach bundes- oder länderspezifischer haushaltsrechtlicher Regelung die für sie geltenden Voraussetzungen für eine Auslagerung der Vergaben erfüllen. An dieser Stelle wäre zu beachten, dass im Oberschwellenbereich unter Umständen noch das vergaberechtliche Bundesrecht des § 120 GWB das haushaltsrechtliche Landesrecht der § 55 LHO samt VV im Hinblick auf die Zulässigkeit der Auslagerung von Vergaben an externe Stellen zu „brechen“ vermag, nicht zuletzt, weil die Verwaltungsvorschriften ohne Außenwirkung sind. Im Unterschwellenbereich jedoch, in dem das oberschwellige (Bundes-) Vergaberecht per se nicht gilt und das Haushalts-(vergaberecht) nicht „bricht“, könnte je nach Bundesland unter Umständen das Haushaltsrecht als besondere unterschwellige vergaberechtliche Regelung zur Unzulässigkeit der Auslagerung bestimmter Prozesse und Entscheidung ausschlaggebend sein.

b. An dieser Stelle stellt sich die eingangs zweite aufgeworfene Frage, inwieweit die „Vergabe des Vergabeverfahrens“ an eine zentrale Beschaffungsstelle im Sinne des § 120 Abs. 4 GWB mit der Unzulässigkeit der Auslagerung der Vergabeentscheidung an externe Dritte in den oben von der Rechtsprechung genannten Fällen vereinbar ist.

Da die zentrale Beschaffungsstelle wie ausgeführt in unterschiedlichen Konstellationen tätig werden kann, stellt sich insbesondere in der Konstellation, in der sie zunächst vorab selbstverantwortlich Leistungen beschafft, die dann wiederum der öffentliche Auftraggeber von ihr erwerben kann, die Frage, ob dies eine unzulässige Auslagerung der selbstverantwortlichen Vergabeentscheidung der Vergabestelle ist, weil die zentrale Beschaffungsstelle gerade nicht nur als Vermittler fungiert. Denn in diesem Zeitpunkt würde der öffentliche Auftraggeber die wesentlichen Vergabeentscheidungen vollständig nicht selbst treffen.

An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidungen der Vergabekammern und Vergabesenate zu der Zulässigkeit der Auslagerung von wesentlichen Teilen der Vergabeverfahren an Externe, soweit ersichtlich, allesamt solche betrafen, die die Vergabe an private externe Dritte zum Inhalt hatten. Mit der Vergabe an eine externe zentrale Beschaffungsstelle hat sich keine der Entscheidungen in dem Zusammenhang der „Auslagerung der Eigenverantwortlichkeit an Externe“ befasst.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass § 120 GWB Ausfluss des Art. 37 der Richtlinie 24/2014/EU ist, der den Mitgliedstaaten in Absatz 1 die offene Möglichkeit belässt, festzulegen, dass sie Lieferungen und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben dürfen, stellt sich diese bundesgesetzliche Regelung als vergaberechtliche Spezialregelung bezüglich zentraler Beschaffungsstellen im Gegensatz zu externen (privaten) Beschaffungsdienstleistern dar. Aufgrund Art. 37 Abs. 2 der Richtlinie 24/2014/EU, der annimmt, dass ein öffentlicher Auftraggeber seinen Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie nachkommt, wenn er Lieferungen oder Dienstleistungen von einer zentralen Beschaffungsstelle erwirbt, ist gemäß dem Wortlaut davon auszugehen, dass eine fehlende eigenverantwortliche Beschaffung, soweit diese bei einer zentralen Beschaffungsstelle getätigt wird, einem vergaberechtlich zulässigen Beschaffungsvorgang nicht schädlich und damit eine Art Ausnahme ist. Ebenfalls spricht Art. 37 Abs. 4 der Richtlinie 24/2014/EU für die Spezialität, der festgelegt, dass öffentliche Auftraggeber, ohne die in der Richtlinie genannten Verfahren anzuwenden, einen Auftrag zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben dürfen. Es wird aufgrund des Instituts der zentralen Beschaffungsstelle bewusst Spezialität zwecks Effizienzsteigerung der Beschaffungen geschaffen, indem doppelte Vergabeverfahren vermieden werden.

Im Ergebnis dürfen aufgrund der Spezialvorschrift die Beratung, Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren gegenüber der unzulässigen Auslagerung an (private) Dritte sogar unter Auslagerung seiner wesentlichen Teile an eine zentrale Beschaffungsstelle vergaberechtlich durchaus erfolgen, sodass das Institut der zentralen Beschaffungsstelle nicht im Widerspruch zu der oben genannten Rechtsprechung steht.

6. Fazit

Öffentliche Auftraggeber bzw. ihre Vergabestellen sind gut beraten, genau zu prüfen, ob und inwieweit die Vergabe der Beratung, Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren an externe Dritte wie Unternehmensberatungen, Rechtsanwaltskanzleien, Architekten- und Ingenieurbüros, ähnliche Beschaffungsdienstleister oder zentrale Beschaffungsstellen vor dem Hintergrund spezieller und landesspezifischer Regelungen (vergabe-)rechtlich zulässig ist. Hürden können nicht nur vergaberechtlich, sondern vereinzelt insbesondere auch haushaltsrechtlich bestehen.

Die Rechtsprechung zu der Unzulässigkeit von Auslagerungen von wesentlichen Teilen der Vergabeverfahren an Externe ist im Übrigen mit dem Institut der zentralen Beschaffungsstelle als spezielle Regelungen vereinbar.

Die Entscheidungen zur Auslagerung an Externe sind zuvörderst (vergabe-)rechtlich ordnungsgemäß zu dokumentieren, damit keine Rügen, Nachprüfungsverfahren oder Schadenersatzansprüche von Mitbewerbern, Rückforderung von Fördermitteln durch Zuwendungsgeber oder Beanstandungen von Rechnungshöfen drohen, die unter Umständen sogar zu Strafverfahren wegen Haushaltsuntreue führen könnten, falls die Voraussetzungen für die „Vergabe der Vergabe“ an Externe nicht vorliegen.

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Über Michael Pilarski

Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.

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