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Öffentliche Beschaffung erzeugt Bürokratiekosten i.H.v. 19 Mrd Euro jährlich

Der bei öffentlichen Vergaben einzuhaltende Prozeß verursacht jährlich Bürokratiekosten in Höhe von 19 Mrd. Euro. Davon entfallen auf die Seite der öffentlichen Auftraggeber 46 % und auf die Seite der Bieter 54 %. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in Auftrag gegebenen Studie.


Die Unternehmensberatung RambØll-Management hat die Kosten des Vergabeprozesses in allen seinen Prozessschritten in Anlehnung an die sog. Standard-Kosten-Messung ermittelt, sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Auftragnehmerseite. Erfaßt wurden zum einen Vergabestellen des Bundes, der Länder und Gemeinden, zum anderen große, mittlere und kleinere Unternehmen der verschiedene Branchen (u. a. Dienstleistungen, Lieferungen, Baubereich).

Auf der Basis der aktuell gültigen Vorschriften (VOB/A, VOF, VOL/A) wurde eine sog. „Nullmessung“ durchgeführt. Danach erzeugt die Vergabe öffentlicher Aufträge jährlich Prozesskosten in Höhe von rund 19 Mrd. Euro. 8,8 Mrd. Euro auf Seite der öffentlichen Auftraggeber und 10.2 Mrd. Euro Seite der Bieter. Bei geschätzten rund 2,4 Mio. Vergaben pro Jahr belaufen sich die Prozesskosten einer Auftragsvergabe auf durchschnittlich knapp 7.900 Euro.

Die Kostentreiber auf Bieterseite waren die Angebotserstellung (50 %), die Auswertung der Vergabeunterlagen (25 %) sowie die Erbringung von Eignungsnachweisen (10 %). Auf Auftraggeberseite waren dies u. a. die Erstellung der Leistungsbeschreibung (30 %), Prüfung und Wertung der Angebote (25 %) sowie die Eignungsprüfung (10 %).

Wesentliche Potentiale für Kostenreduktionen ermittelt die Studie in den Bereichen der Vergabe auf elektronischem Wege/e-Vergabe (11 %), zentrale Veröffentlichung aller Auftragsvergaben auf einer Vergabeplattform/Kostenfreiheit (4,25 %), Einführung einer Bagatellgrenze für „Direktvergaben (3,5 %) sowie Reduzierung der Eignungsnachweise (1,25 %).

Das BMWi hat reagiert und will in der folgenden sog. dritten Stufe der Vergaberechtsreform, die die Novellierung, Entbürokratisierung und Vereinfachung der drei Vergabe- und Vertragsordnungen zum Ziel hat, entsprechende Vorschläge einbringen. Die Auswirkungen dieser Vorschläge wurden im Gutachten durch eine zusätzliche „Prognosemessung“ ermittelt und verglichen. Danach könnten z.B. für den Liefer- und Dienstleistungsbereich die Kosten um bis zu 20 % reduziert werden.

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Über Marco Junk

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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