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Politik und Markt

Analyse des Stellenmarktes und der Rekrutierungsstrategien im öffentlichen Sektor

Die Nachfrage nach Fachkräften hat sich je nach Branche sehr unterschiedlich entwickelt. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung des Medienforschers AnzeigenDaten.de vom Mai 2013 hervor. Am stärksten zugelegt hat demnach der Personalbedarf in der öffentlichen Verwaltung (+36 Prozent), gefolgt von den Sektoren Kunst, Unterhaltung und Erholung (+15 Prozent), Grundstücks- und Wohnungswesen (+10 Prozent), den Energieversorgern (+8 Prozent) sowie dem Gesundheits- und Sozialwesen (+7 Prozent). Stark zurückgegangen sind hingegen die Stellenangebote der Industrie mit -27 Prozent, der sonstigen wirtschaftlichen Dienstleister (-21 Prozent), der Branche Information/Kommunikation (- 15 Prozent), des Handels (-9 Prozent) und des Sektors Verkehr, Speditions- und Lagerwesen (-7 Prozent).

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Bei einer Auswertung der Stellenangebote vom öffentlichen Dienst finden sich monatlich schwankend ca. 4.000 bis 6.000 Stellen. Die Stellenquote aus dem Bereich Einkauf oder Vergabewesen in Behörden und Verwaltungen ist im Verhältnis zur Privatwirtschaft deutlich geringer und liegt bei unter 1 Prozent der Stellen (Privatwirtschaft: 2,5 bis 3 Prozent) im Verhältnis zum Gesamtstellenmarkt. Das bestätigt allerdings die Vermutung, dass in diesem Tätigkeits-Umfeld des Public Sectors die Stellen häufiger durch organisationsinterne Wechsel besetzt werden können.

Eine Befragung der Vergabestellen im Auftrag der Hays AG in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) „Das öffentliche Beschaffungswesen aus Sicht der Vergabestelle“ gibt tieferen Einblick in die Personalstrukturen des öffentlichen Vergabewesens, beispielsweise der Altersstrukturen und der Berufserfahrung in Jahren. Im Rahmen der Hays-Studie wurden 328 Verantwortliche in Vergabestellen befragt, die Mehrheit der befragten Personen liegt in der Altersklasse von 40 bis 59 Jahren.

Durchschnittlich verfügen die Befragten über zwölf Jahre Erfahrung mit öffentlichen Ausschreibungen und im Vergaberecht. Befragte mit eher weniger Berufserfahrung stammen vorwiegend aus den kommunalen Behörden (43 Prozent bis fünf Jahre), während sich in der Gruppe der Stadtwerke die Personen mit der längsten Erfahrung befinden (46 Prozent mit mehr als 16 Jahren Berufserfahrung). Hier zeigen sich bereits größere Unterschiede in den Rekrutierungsstrategien der unterschiedlichen öffentlichen Organisationen. Kommunalverwaltungen setzen beispielsweise stärker auf die Entwicklung von Auszubildenden, haben damit aber auch öfter Funktionswechsel zu verzeichnen, da sich die jungen Kollegen in verschiedenen Rollen ausprobieren möchten.

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 Quelle: Hays Studie „Das öffentliche Beschaffungswesen aus Sicht der Vergabestelle“ – zum Vergrößern Klicken

Die beiden Aussagen zur Altersstruktur und den Berufserfahrung bestätigen das Bild, dass im Tätigkeitsfeld der öffentlichen Vergabe die Personalfluktuation relativ gering ist. Folglich finden sich auch deutlich weniger Stellenangebote für Einkaufsaufgaben im Arbeitsmarkt des öffentlichen Sektors, auch wenn die Stellengesuche in der öffentlichen Verwaltung insgesamt zugenommen haben.

Deutsches VergabenetzwerkEine wichtige Erkenntnis lässt sich hier ebenfalls ableiten: Verbleibt das Personal über viele Jahre in der gleichen Rolle, so haben Vorgesetzte den Eindruck, dass sie nicht viel in Weiterbildung investieren müssen. Dies ist ein fataler Trugschluss, gerade im Umfeld der öffentlichen Beschaffer. Auch wenn durch moderne Plattformen wie dem Vergabeblog oder dem Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) exzellente Informationsmöglichkeiten bestehen, so werden die Herausforderungen und die Komplexität in der öffentlichen Beschaffung immer größer. Dies bestätigt die Hays-Studie: 68 Prozent der öffentlichen Beschaffer fordern mehr Weiterbildungsmaßnahmen von ihren Arbeitgebern.

Ein abschließender Punkt zur Rekrutierungsstrategie öffentlicher Organisationen. Bei einer Untersuchung der Rekrutierungsstrategien hat sich herausgestellt, dass der öffentliche Sektor recht unterschiedlich im Vergleich zum Privatsektor agiert. Im privaten Sektor liegt der Anteil der Stellenanzeigen aus Printmedien mittlerweile unter 15 Prozent. Im öffentlichen Sektor ist der Stellenanteil bei Printmedien noch leicht über 50 Prozent (Analyse über Anzeigendaten.de). Hier sollte kurz- bis mittelfristig umgedacht werden, um sich besser auf einen veränderten Kandidatenmarkt einzustellen.

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Über Carlos Frischmuth

Carlos Frischmuth verantwortet bei HAYS den Bereich Public Services. Im Rahmen seiner mehr als 14 jährigen Branchenerfahrung betreute er in unterschiedlichen Funktionen operativ und strategisch zahlreiche Kunden im privaten und öffentlichen Sektor. HAYS ist der führende Personaldienstleister für die Vermittlung von Festangestellten (Personalberatung), der Beschaffung und Administration von freiberuflichen Spezialisten als Nachunternehmer oder auch der spezialisierten Zeitarbeit in zahlreichen Einsatzgebieten wie Informationstechnologie, Ingenieurswesen, Finance&Controlling, Construction&Property, Legals, Healthcare etc..

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2 Kommentare

  1. Carsten Klipstein

    Und die Öffentliche Hand beginnt hierauf m.E. auch nachhaltig zu reagieren. Bei bund.de stehen die „Stellenausschreibungen“ der Öffentlichen Hand seit Jahren auf der Startseite an Nr. 1 (vor 2. Ausschreibungen und 3. Immobilienangeboten).

    Das Land Nordrhein-Westfalen legte vor einigen Monaten mit einem eigenem Stellenportal nach (deren Ausschreibungen aber auch auf bund.de gespiegelt werden): https://www.stellenmarkt.nrw.de/

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  2. Carlos Frischmuth

    Lieber Herr Klipstein,
    da kann ich Ihnen voll und ganz zustimmen. Die Bemühungen des „öffentlichen Arbeitgebers“ nehmen wahrnehmbar zu, auch wenn ich diese noch für zu gering halte. Hier muss letztendlich im wachsenden „War for Talents“ deutlich mehr passieren. Während die privaten Arbeitgeber mit „Employer Branding“ Strategien starten, Web 2.0 Recruiting intensivieren, Gehaltsstrukturen nach oben anpassen etc. muss der öffentliche Sektor reagieren, um dem Fachkräftemangel -und dem laut Beamtenbund in den kommenden 10-15 Jahren fehlenden 50 000 öffentlich Beschäftigten- entgegenzuwirken. Der Generationenwechsel wird den öffentlichen Sektor noch intensiv beschäftigen. Ich habe einige allgemeine Überlegungen dazu angestellt, welche Sie hier finden: http://blog.hays.de/rekrutierung-im-spannungsbogen-der-generationen/
    Beste Grüsse
    Carlos Frischmuth

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