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Sachsen: Neues Vergabegesetz im Januar – mehr Freiheit, mehr Rechtschutz, kein Öko

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Sächsischen Landtags hat die von CDU und FDP vorgelegte Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes gebilligt. Es kann somit im Januar beschlossen werden. Zum einen soll damit der Rechtsschutz im Unterschwellenbereich verbessert werden, gleichzeitig wird die Grenze für freihändige Vergaben auf 25.000 Euro hochgesetzt. Zudem wurde, Zitat, “auf den Zwang zu jeglichen sachfremden gesellschaftspolitischen, sozialen und ökologischen Auflagen bei der Auftragsvergabe verzichtet” – das alleinige Vergabekriterium soll die Wirtschaftlichkeit sein.

Ab einer deutlich niedrigeren Schwelle als bisher (bei Bauleistungen ab 75.000 Euro statt 150.000 Euro) können Widersprüche innerhalb von zehn Tagen geprüft werden. Bei Vergaben der kreisangehörigen Gemeinden werden die Widersprüche nun zentral durch die Landesdirektion Sachsen geprüft. So soll die Rechtsanwendung vereinheitlich und die Landratsämter entlastet werden.

Eignungsprüfung

Deutlich unbürokratischer als bisher erfolgt künftig der Nachweis der Eignung des Bieters. Es sollen dazu nur noch die Unterlagen und Angaben gefordert sein, die “durch den Auftrag gerechtfertigt” sind. Zudem können viele Einzelnachweise nun durch eine Eigenerklärung ersetzt werden.

Freihändige Vergaben

Die Grenze für freihändige Vergaben werden einheitlich auf 25.000 Euro hochgesetzt. Schulbücher dürfen nun erstmals generell freihändig vergeben werden, da diese ohnehin der Buchpreisbindung unterliegen.

KMU

Eine weitere Neuregelung ist der Verzicht auf Gewährleistungsbürgschaften bis zu einem Auftragswert von 250.000 Euro, was insbesondere kleine Unternehmen von hohem Aufwand und Kosten entlasten soll. Dazu erklärt der handwerkspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Ronald Pohle in einer Presseerklärung:

„Die Tatsache, dass sich immer weniger mittelständige Unternehmen an den öffentlichen Ausschreibungen in Sachsen beteiligen, zeigt doch, wie unattraktiv und kompliziert das Verfahren ist. Durch die Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes werden die Unternehmer im Freistaat wieder mehr Spaß haben, sich an den Ausschreibungen zu beteiligen. Zudem unterstreich die neue Regelung den verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern.“

Zudem erklärt Mike Hauschild, handwerkspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion des Sächsischen Landtags:

„Mit unserem Gesetz wollen wir bewusst den sächsischen Mittelstand stärken […] Nicht zuletzt haben wir auf den Zwang zu jeglichen sachfremden gesellschaftspolitischen, sozialen und ökologischen Auflagen bei der Auftragsvergabe verzichtet. Ob beispielsweise ein Unternehmen seine Schreibtischlampen mit Ökostrom betreibt oder nicht, hat bei der Vergabeentscheidung ebenso keine Rolle zu spielen wie die Frage, ob die Waren mit dem Elektro- oder Dieselfahrzeug geliefert werden. Um faire und transparente Vergaben gewährleisten zu können, muss das alleinige Vergabekriterium die Wirtschaftlichkeit sein. Zudem wäre die Pflicht zur Ausschreibung nach vergabefremden Kriterien nur sinnvoll, wenn die Vergabestellen diese Kriterien auch überprüfen können. Das würde die vergebenden Stellen schlicht überfordern. Abbau von Bürokratie sieht anders aus. Wenn einer Kommune jedoch solche Kriterien bei der Vergabe wichtig sind, können Sie diese selbstverständlich bei der Ausschreibung gefordert werden.“

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3 Kommentare

  1. Klaus Weber

    Wie peinlich, da meint doch der CDU Abgeordnete, dass Unternehmen wieder mehr Spaß an Ausschreibungen haben sollen und wie verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgegangen wird.
    Verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern kann z. B. dadurch dokumentiert werden, dass mehr Wert auf Nachhaltigkeit durch soziale und ökologische Kriterien gelegt wird. Aber wahrscheinlich fällt es den CDU und FDP Abgeordneten schwer sich von ideologischen Ballast zu befreien

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  2. Carsten Prokop

    Ich bin sehr froh darüber, dass im Sächsischen Vergabegesetz komplett auf die Berücksichtigung vergabefremder Aspekte verzichtet werden soll. Die Diskussionen zu diesem Themenkomplex sind ja allgegenwärtig; ich vertrete die Auffassung, dass sie im Vergaberecht nichts zu suchen haben.
    Sachsen hat es bei der Gelegenheit übrigens geschafft, das (sächsische) Vergaberecht tatsächlich zu verschlanken. Weniger Paragrafen, weniger Regelungen. Mir gefällt’s!

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  3. Dr.Sepp Mittenbacher

    Endlich ein Vergabegesetz,das diesen Namen auch verdient! Einer Rückbesinnung auf vergaberechtliche Kategorien wie Wirtschaftlichkeit,Sparsamkeit und Transparenz ist voll zuzustimmen. Politische Ziele,so richtig und wichtig diese auch sein mögen ,sind letztendlich vergabefremd und gehören nicht ins Vergaberecht. Besonderes Lob dem Gesetzgeber für die Regelungen zur Transparenz und der Nachprüfbarkeit von Vergaben im Unterschwellenbereich.Fraglich ist nur,ob ausreichend qualifiziertes Personal zur Nachprüfung zur Verfügung steht.

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