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Verpflichtende Vorgabe der Honorarzone durch den öffentlichen Auftraggeber? (VK Nordbayern, Beschl. v. 22.01.2015 – 21.VK-3194-37/14)

Entscheidung

Es ist umstritten, ob ein öffentlicher Auftraggeber den Bietern eine konkrete Honorarzone vorzugeben hat, wenn der zu vergebende Auftrag dem verbindlichen Preisrecht der HOAI unterliegt. Die VK Nordbayern hatte sich nunmehr ebenfalls mit dieser Frage zu befassen und dabei Stellung bezogen.

§ 6 VOF, §§ 53, 55 Abs. 3 HOAI i.V.m. Anlage 15 zur HOAI (Anlagengruppe 7.1)

Sachverhalt

Ein öffentlicher Auftraggeber („Ag“) schreibt in einem Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb einen Auftrag mit der Bezeichnung „Großküchenplanung für die Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 53 HOAI“ europaweit aus. In dem zu den Vergabeunterlagen gehörenden „Angebotsblatt TGA Küche“ gibt der Ag unter „Honorarzone“ eine „II“ sowie unter den dazugehörigen Bemerkungen „z.B. II“ an. Der spätere Antragsteller („ASt“) reicht nach erfolgreicher Beteiligung an dem Teilnahmewettbewerb ein Angebot auf Grundlage der Honorarzone III ein. Die anderen Bieter reichen jeweils Honorarangebote für die Honorarzone II ein. Nach Wertung der Angebote liegt das Angebot des ASt unter Berücksichtigung der Zuschlagskriterien, zu denen neben dem „Honorar“ noch drei weitere Kriterien gehören, auf Rang 5. Der Ag teilt dem ASt daraufhin mit, dass er plane, den Auftrag an das auf Rang 1 liegende Unternehmen zu vergeben. Der ASt reicht in der Folge bei der zuständigen Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag ein. Er trägt unter anderem vor, dass die Wertung des Kriteriums „Honorar“ HOAI-widrig erfolgt sei, da er als einziger Bieter die zutreffende Honorarzone III angewandt habe.

Die Entscheidung

Die Vergabekammer lässt die Frage nach der zutreffenden Honorarzone offen, stellt jedoch eine Verletzung des ASt in seinen Rechten fest und verpflichtet den Ag, die Bieter erneut zur Abgabe eines Honorarangebots aufzufordern sowie das Kriterium „Honorar“ erneut zu werten. Die Vergabekammer führt aus, dass der Ag die Honorarzone verbindlich vorzugeben habe, wenn es „im Rahmen der Wertung eines Zuschlagskriteriums, hier das „Honorar“, auf die HOAI-Konformität der konkret einzureichenden Angebote“ ankomme. Die klare und eindeutige Vorgabe der Zuschlagskriterien und ihrer Wertbarkeit sei Aufgabe der öffentlichen Auftraggeber. Dem sei der Ag nicht ausreichend nachgekommen, da er in den Vergabeunterlagen auf dem „Angebotsblatt TGA Küche“ in den Bemerkungen zu der Honorarzone „z.B. II“ angegeben habe. Das Offenlassen der Honorarzone durch den Ag habe zur Folge, dass das Angebot des ASt im Wettbewerb nicht mehr mit den Angeboten der anderen Bieter vergleichbar sei, da die Bieter auf unterschiedliche Honorarzonen abstellen. Unabhängig davon, welche Honorarzone tatsächlich als HOAI-konform anzusehen sei, habe der Ag die Ursache für die bestehende Unklarheit gesetzt. Letztlich seien die eingereichten Angebote aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit nicht wertbar.

Rechtliche Würdigung

Die Entscheidung entspricht im Ergebnis einer in der Literatur und Spruchpraxis der Vergabekammern verbreiteten Auffassung (siehe Haug/Panzer, in: JurisPK-VergR, 4. Auflage 2013, § 6 VOF, Rd. 13 m.w.N.).

Es wird aber auch die Gegenauffassung vertreten (OLG Koblenz, Beschluss vom 29. Januar 2014 – Az. 1 Verg 14/13 m.w.N.). Vertreter der Gegenauffassung tragen insbesondere vor, dass sich eine Verpflichtung zur Angabe der Honorarzone für den öffentlichen Auftraggeber weder aus der VOF noch aus allgemeinen Grundsätzen des Vergaberechts ableiten lasse. Ferner wird darauf hingewiesen, dass die Vorgabe einer Honorarzone durch den öffentlichen Auftraggeber bei einer unionsweiten Ausschreibung problematisch sei, weil der Anwendungsbereich der HOAI gemäß § 1 HOAI auf Planer mit Sitz im Inland beschränkt ist und zusätzlich vorausgesetzt wird, dass die Leistung auch vom Inland aus erbracht wird. Einem öffentlichen Auftraggeber dürfte es deshalb verwehrt sein – so die Vertreter dieser Auffassung -, durch einseitige Erklärung einen Interessenten aus einem anderen Mitgliedsstaat der Union einem Preisrecht zu unterwerfen, das für diesen nicht gilt.

Im Ergebnis führt die unterschiedliche Spruchpraxis der Vergabenachprüfungsinstanzen zu einer Rechtsunsicherheit. Ganz gleich, wie ein öffentlicher Auftraggeber mit der Frage umgeht, ob er die Honorarzone vorgibt oder nicht, er wird von Bietern mit Verweis auf entgegenstehende Entscheidungen der Nachprüfungsinstanzen angegriffen werden können.

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Praxistipp

In der Praxis empfiehlt es sich für öffentliche Auftraggeber, sich bei der Beantwortung dieser Frage nach der Spruchpraxis der für sie jeweils zuständigen Nachprüfungsinstanzen zu richten. Sofern sich die für sie zuständigen Spruchkörper nicht positioniert haben, dürfte die Vorgabe der Honorarzone durch den öffentlichen Auftraggeber und damit ein Vorgehen im Sinne der VK Nordbayern vorzugswürdig sein. Denn nicht selten wird ein Bieter erst nach Erhalt des Vorabinformationsschreibens gemäß § 101a GWB gegen die vermeintlich falsche Honorarzone vorgehen. In diesem Fall könnte der öffentliche Auftraggeber argumentieren, dass die Honorarzonenvorgabe bereits seit Beginn des Vergabeverfahrens bekannt war und deshalb der Vorwurf gemäß § 107 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB präkludiert ist.

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Über Fabian Winters

Fabian Winters, LL.M., ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht und Partner bei LEXTON Rechtsanwälte. Er berät vornehmlich öffentliche Auftraggeber bei der Vorbereitung und Durchführung von Vergabeverfahren zur Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen. Darüber hinaus vertritt er die öffentliche Hand in Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern, den Vergabesenaten der Oberlandesgerichte und sonstigen Nachprüfungsstellen. Des Weiteren berät er Bieter bei der Angebotserstellung und Durchsetzung ihrer Rechte sowie nationale und internationale Unternehmen im IT- und Datenschutzrecht sowie bei baurechtlichen Fragestellungen.

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