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Vergaberechtsreform: Grüne Kritik zur ersten Lesung des Regierungsentwurfs

„Wenige Verbesserungen, viele Verschlechterungen“, lautet das Fazit der Grünen zur aktuell ersten Lesung des Regierungsentwurfs der GBW-Novelle im Parlament. „Nachdem die Bundesregierung seit 2005 die Reform des Vergaberechts hat schleifen lassen“, so die Grünen, wolle sie den Gesetzentwurf nun „im Schnellverfahren durch die Ausschüsse bringen. Mehr Gründlichkeit wäre wichtig.“

Die Fraktion bemängelt vor allem die fehlende Einführung eines Rechtsschutzes auch im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte und die Verkürzung der Fristen beim Rechtsschutz oberhalb der Schwellenwerte. „Darunter leiden vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die keine eigene Rechtsabteilung haben“, so die Grünen.

Erwartungsgemäß wird die Einführung sog. vergabefremder Aspekte – d.h. die Bindung der Auftragsvergabe an die Erfüllung bestimmter sozialer oder ökologischer Kriterien durch den Auftragnehmer – begrüßt. Allerdings fehlten hier entsprechende Arbeitshilfen für die Kommunen zur Nutzung dieser neuen Mechanismen. Die sozialen und ökologischen Kriterien müssten durch Leitfäden und Verweise auf entsprechende Zertifikate unterfüttert werden.

Nachdrücklich spricht sich die Fraktion für die einheitliche Einführung eines Präqualifikationsverfahrens – wie es die Bauwirtschaft vorgemacht hat – aus, um den – gerade für den Mittelstand – erheblichen bürokratischen Aufwand im Rahmen des Eignungsnachweises zu minimieren. Darüber hinaus fordern die Grünen die Einführung eines Registers über korrupte Unternehmen, um diese zuverlässig von der öffentlichen Auftragsvergabe auszuschließen.

Die geforderten Arbeitshilfen im Rahmen der Einführung vergabefremder Aspekte scheinen sachgerecht, nicht nur vor dem Hintergrund der tatsächlichen Nutzbarkeit dieses Instruments, auch, um – zumindest denkbare – exotische Alleingänge einzelner Beschaffer zu vermeiden. Der geforderte Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte wird es angesichts des bekannten Urteils der Bundesverfassungsgerichts vom 24.10.2006, nach dem es aus verfassungsrechtlicher Sicht jedenfalls eines solchen nicht bedarf, allerdings schwer haben. Man darf gespannt sein auf die Stellungnahmen der übrigen Fraktionen.

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Über Marco Junk

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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