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Politik und Markt

Projekt XVergabe: Der Standard für die eVergabe kommt

@ Nach wie vor ist das von der EU-Kommission selbst gesteckte Ziel, die elektronische Vergabe (eVergabe) bis zum Jahr 2010 in allen Fällen möglich zu machen und in zumindest der Hälfte der Fälle auch tatsächlich zu nutzen, in weiter Ferne. Hauptgrund hierfür sind neben der notwendigen technischen Umstellung in den Vergabestellen wie den anbietenden Unternehmen die technischen Besonderheiten der einzelnen Vergabeplattformen von Bund, Ländern, Kommunen und privaten Anbietern, auf die sich Bieter wie Vergabestellen jeweils einstellen müssen, denn es fehlen einheitliche Standards. Das soll sich mit dem Projekt X-Vergabe nun endlich ändern.

Unter Federführung des Beschaffungsamts des Bundesministeriums des Innern (BMI) begann im April diesen Jahres die Formulierung des Projektauftrags „XVergabe“. Dieses wurde bereits Ende 2007 im Rahmen der Standardisierungsinitiative „XÖV“ als zentrales Vorhaben von Deutschland-Online begründet, mit der Standards für den elektronischen Datenverkehr in den Behörden geschaffen werden sollen (so z.B. XBau, XFinanz oder XJustiz).

Nach wie vor mangelt es bei der eVergabe an einem einheitlichen Bieterclient, also einer Software, die in der Lage ist, die technisch verschiedenen eVergabeplattformen zu adressieren. Ein Bieter bzw. eine Vergabestelle muß also jeweils für jede Plattform einen eigenen Zugang, sprich Software (sog. Bieterclient) bereithalten. Das ist nicht nur aufwendig, teuer und verursacht Schulungsbedarf. Der eigentliche Mehrwert der eVergabe ist die Anbindung der dahinter liegenden Warenwirtschaftssysteme in Verwaltung und Wirtschaft. Solange aber jeweils mehrere Systeme zur eigentlichen elektronischen Ausschreibung bzw. Angebotsabgabe vorgehalten werden müssen, bleibt eine solche Anbindung Wunschdenken.

Da ein solcher einheitlicher Client auch in absehbarer Zukunft nicht in Sicht ist und sich zudem bereits verschiedene Softwareprodukte am eVergabe-Markt etabliert haben, ist das Ziel von XVergabe gerade nicht eine einheitliche Software oder ein einheitlicher Client, sondern vielmehr eine Standardisierung der Schnittstellen, der Datenformate und -austauschprozesse. Dies könnte gelingen: Am Projekt beteiligt sind die betreffenden Softwarehersteller, Vergabestellen als auch Auftragnehmer, Bund, Länder und Kommunen sowie verschiedene Wirtschaftsverbände.

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Über Marco Junk

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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7 Kommentare

  1. Thorben

    Ich verstehe so langsam die Vielzahl der Projekte nicht mehr. Was unterscheidet eigentlich XVergabe von PEPPOL und ProSta / ReProc?

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  2. Thorben

    Ich verstehe ja die Unterschiede und das Nebeneinander von XVergabe, PEPPOL und ProSta/ReProc gar nicht Was unterscheidet die Programme, wer macht sie, was solle nsie bringen? Vielleicht eine Artikelidee für sie?

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  3. Polina Dite

    Die Probleme die XVergabe lösen soll sind doch schon längst von den einzelnen Herstellern gelöst. Wenn diese die Standards offenlegen würden hätte man alles was man braucht. Eine Lösung die nun mit den unterschiedlichen Schnittstellen der Vergabeplattformanbieter arbeitet ist der AI Angebotsassistent unter https://www.angebotsassistent.de aber auch Healy-Hudson und Subreport arbeiten scheinbar an einer Plattformübergreifenden Lösung, zu sehen gab’s dort aber noch nichts.

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  4. Florian Albrecht

    Wenn ich mir die Entwicklung anschaue: http://tinyurl.com/yc3tqf5 finde ich auf Folie 8 des Beschaffungsamtes einen Hinweis darauf, dass offensichtlich doch ein Multi-Bieterclient entwickelt werden soll (Ziel des Projektes XVergabe). Wenn man einen einheitlichen Client hat, ist doch eine Standardisierung der Schnittstellen nicht mehr notwendig, oder vestehe ich das jetzt falsch? U.a.w.g.

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  5. Marco Junk

    Hallo Herr Albrecht,

    das Projek xVergabe untergliedert sich in die AG Bekanntmachung, die AG Vergabeunterlagen und die AG Schnittstelle (Folie 10). Ziel ist dabei nicht, einen Multi-Bieter-Client (MBC) zu entwickeln. Vielmehr sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass ein solcher möglich ist (Folie 5 und 6).

    Nach allem, was man hört – und ich lasse mich hier gerne eines Besseren belehren – liegt der Realisierungsgrad aktuell bei rund 10 % (Ausnahme: AG Bekanntmachung, fast abgeschlossen, für das Ziel MBC aber so gut wie bedeutungslos). Wohl gemerkt, hinsichtlich der hierfür notwendigen einheitlichen Schnittstellen/ Standards. Den Multi-Bieter-Client muß dann erst noch jdm entwickeln. Welches Interesse könnte aber ein eVergabe-Anbieter haben, mit seiner Software auch die Plattformen der Konkurrenz zu adressieren? Freiwillige vor.

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  6. Florian Albrecht

    Vielen Dank für diesen (raschen und) erläuternden Hinweis.

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  7. Daniel Zielke

    Ich finde den Artikel gut und richtig, denn Herr Junk benennt hier, worum es wirklich geht: die Vereinheitlichung und Standardisierung der Formate. Multi-Clients, die mit verschiedenen Plattformen arbeiten wie der genannte Angebotsassistent von AI helfen nicht wirklich weiter, denn gerade dieser Assistent ermöglicht nur das Arbeiten auf den verschiedenen EIGENEN Plattformen.
    Der einzige Weg, wie es gerade auch für die Bieter einfacher und vor allem akzeptabler wird, mit eVergabe zu arbeiten ist die Standardisierung. Ich bin zuversichtlich, dass wir die schneller erreichen, als es vielleicht momentan scheint.

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