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Neue Vergabeverordnung: Green-IT per Verordnung?

Gruenerpunkt Die neue Vergabeverordnung (VgV) gilt bald verbindlich. Darin sollen der Gedanke der „grünen Beschaffung“ und die Umsetzung der europäischen Energieeffizienzrichtlinie (2006/32/EG) durch die Änderungen in § 4 VgV und § 6 VgV hervorgehoben werden.

Beim Kauf technischer Geräte und Ausrüstung regelt zukünftig § 4 Abs. 6 Nr.1 VgV bei Beschaffungen oberhalb der Schwellenwerte, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Anforderungen vom Bieter Angaben zum Energieverbrauch zu fordern sind. Bei der Frage, wer letztendlich den Auftrag erhält, bestimmt dann § 4 Abs. 6 Nr. 2 VgV, dass der Energieverbrauch (mit)ausschlaggebendes Wertungskriterium sein kann.

Die IT-Beauftragte der Bundesregierung, Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, hat bei dem ersten Green IT-Tag der Bundesverwaltung am 13.04.2010 in Berlin betont, dass der nachhaltige energieeffiziente Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie in jeder Organisation eine bedeutende Rolle in der IT-Steuerung und IT Planung spielen muss. Nur so könne das selbstgesteckte Ziel, den ITK-Energieverbrauch in allen Ressorts der Bundesverwaltung bis 2013 um 40% reduzieren, erreicht werden. Die Bundesregierung fördert rund 70 verschiedene Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von rund 90 Mio. Euro. „Green IT“ beeinflusst also bereits massiv die Beschaffung der öffentlichen Hand und somit auch die zukünftige Gestaltung der Vergabeverfahren.

§ 4 Abs. 6 VgV der neuen Vergabeverordnung lautet wie folgt:

(6) Beim Kauf technischer Geräte und Ausrüstungen oder bei der Ersetzung oder Nachrüstung vorhandener technischer Geräte und Ausrüstungen sind im Falles des Absatzes 1 die Bestimmungen des Abschnittes 2 des Teiles A der VOL/A mit folgenden Maßgaben anzuwenden:

1. § 8 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass mit der Leistungsbeschreibung im Rahmen der technischen Anforderungen von den Bietern Angaben zum Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen zu fordern sind; dabei ist in geeigneten Fällen eine Analyse minimierter Lebenszykluskosten oder eine vergleichbare Methode zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit vom Bieter zu fordern;

2. § 19 EG VOL/A findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der Energieverbrauch von technischen Geräten und Ausrüstungen als Kriterium bei der Entscheidung über den Zuschlag berücksichtig werden kann.

§ 19 EG VOL/A 2009 regelt die Prüfung und Wertung der eingereichten Angebote. Die Wertungskriterien sind in § 19 Abs. 9 EG VOL/A genannt. Als neues Zuschlags- und Wertungskriterium kann zukünftig auch der Energieverbrauch bei der Entscheidung über den Zuschlag zu berücksichtigen sein.

Im Interesse einer verstärkten Förderung von Umweltaspekten und der Reduzierung des Energieverbrauchs sind unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit bei der öffentlichen Beschaffung und der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung daher nicht nur der Einstands- oder Angebotspreis, sondern die Kosten einer Beschaffung über die gesamte Lebensdauer entscheidend. Die öffentliche Hand will so gewährleisten, dass ein umweltfreundliches, nachhaltiges, da energiesparendes Produkt auch als wirtschaftlichstes Angebot den Zuschlag erhalten kann.

Viele Unternehmen kritisieren, dass der Energieverbrauch sowie die Lebenszykluskosten schon bisher bei der Wertung berücksichtigt werden und sich in der Praxis mit Inkrafttreten der neuen VgV daher nicht viel ändern wird. Da jedoch erstmalig in den Vergabevorschriften verbindlich festgelegt ist, dass Angaben zum Energieverbrauch für die Gestaltung der Leistungsbeschreibung vom Bieter zu fordern und bei der Wertung berücksichtigt werden können, bleibt die Ausgestaltung durch die Vergabestellen und natürlich durch die Bieter mit Inkrafttreten der Vergabeverordnung abzuwarten. Klare Vorstellungen, wie die Angaben zum Energieverbrauch in der Leistungsbeschreibung zukünftig von den ausschreibenden Behörden gestaltet werden, gibt es dabei allerdings noch nicht.

Da die Bekanntmachung der Vergabeverordnung im Bundesanzeiger und damit die verbindliche Anwendung kurz bevorsteht, bleibt zu hoffen, dass sich die Vergabestellen bald intensiv mit den Änderungen zum Energieverbrauch in § 4 Abs. 6 VgV beschäftigen, um Ihrer Vorbildfunktion und dem ehrgeizigen Ziel der Energiereduktion in der Bundesverwaltung durch entsprechende Gestaltung der Vergabeverfahren gerecht zu werden. Nur so besteht die Chance, dass Green IT ein ausschlaggebender Faktor bei der Beschaffung wird.

Übrigens: Für die Vergabe von Bauleistungen wird in § 6 Abs. 2 Nr.1 und 2 VgV entsprechend geregelt, dass bei der Leistungsbeschreibung Angaben zum Energieverbrauch vom Bieter zu fordern und diese bei der Wertung zu berücksichtigen sind. Allerdings wurde bei den Bauleistungen gemäß Beschluss des Bundesrates vom 26.03.2010 für § 6 Abs. 2 Nr.1 VgV als Ausnahme eingefügt, dass Angaben zum Energieverbrauch entbehrlich sind, wenn sich die auf dem Markt angebotenen Geräte und Ausrüstungen im rechtlich zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig unterscheiden.

Die Begründung lässt leider offen, was unter dem „rechtlich zulässigen Energieverbrauch“ zu verstehen ist: Die Regelung des § 6 Abs. 2 VgV sei aber deshalb zu modifizieren, da bei vielen auf dem Markt angebotenen Produkten die Unterschiede im Energieverbrauch geringfügig sind und somit das Vergabeverfahren nicht beeinflusst werde. Das Verfahren solle daher nicht mit entbehrlichen Abfragen belastet werden (s. hierzu Beschluss des Bundesrates vom 26.03.2010 hier).

Im Sinne der bei der Vergaberechtsreform angestrebten Vereinheitlichung sollte man erwarten, eine entsprechende Ausnahme auch beim Kauf technischer Geräte in § 4 Abs. 6 VgV zu finden. Oder ist diese Ausnahme versehentlich nicht bei § 4 Abs.6 VgV mit aufgenommen worden? Es bleibt abzuwarten, ob eine Angleichung bei der im Koalitionsvertrag bereits für Ende 2010 angekündigten erneuten Vergaberechtsreform erfolgt.

Mehr Informationen über die Autorin Monika Prell finden Sie im Autorenverzeichnis.

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Über Monika Prell

Monika Prell ist Fachanwältin für Vergaberecht und Partnerin bei der Kanzlei SammlerUsinger in Berlin. Sie verfügt über umfangreiche Erfahrung im Vergaberecht und berät sowohl öffentliche Auftraggeber bei der Vorbereitung, Konzeption und Gestaltung sowie der anschließenden Durchführung von Vergabeverfahren als auch Bieterunternehmen umfassend bei allen vergaberechtlichen Fragestellungen. Darüber hinaus vertritt Monika Prell ihre Mandanten vor den Vergabenachprüfungsinstanzen. Neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit ist sie als Kommentarautorin tätig, veröffentlicht regelmäßig Fachaufsätze und führt laufend Seminare und Workshops im Vergaberecht durch.

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