Dass die im Rahmen der letzten GWB-Reform verschärfte Pflicht zur losweisen Vergabe den KMU wirklich eine relevante Verbesserung bei der Teilhabe an öffentlichen Aufträgen eingebracht hat, darf bezweifelt werden. Um dazu jedoch eine wirklich verlässliche Beurteilungsgrundlage zu erhalten, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) nun eine Evaluierung dieser Frage unter federführenden Wirtschaftsverbänden initiiert.
Anspruch und Realität
Die verbesserte Teilhabe von KMU an öffentlichen Aufträgen war eines der zentralen Ziele des im Rahmen der letzten Reform des Vergaberechts federführenden BMWi. Das Ministerium begegnete dabei jedoch massiven Widerständen, sowohl innerhalb der Ressorts, die dadurch insbesondere bei Technologieprojekten Probleme erblickten, aber auch von Teilen der Wirtschaft selbst.
Klare Beurteilungsgrundlage
Auch vor dem Hintergrund jüngster Rechtsprechung die fordert, Fach- und Teillose im Einzelfall auftragsspezifisch und branchenbezogen auf mittelständische Unternehmen zuzuschneiden (Beitrag im Vergabeblog folgt), ist das Ministerium nun bemüht, die Vergabepraxis in dieser Hinsicht zu erleichtern. Daher hat man nun eine Befragung maßgeblicher Wirtschaftsverbände initiiert, ob § 97 Abs. 3 GWB die Erwartung, den KMU den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu erleichtern, erfüllt hat, bzw. falls nicht, wie dies statt dessen geschehen könnte.
Bewertung
Eine solche Befragung “am Markt” ist nicht nur richtig, weil damit die Betroffenen gehört werden. Das Ministerium, dem in der Vergangenheit allzu oft unterstellt wurde, ihm sei die Beteiligung der Wirtschaft am Prozess der Novellierung von VOL und VOB durch die entsprechenden Verdingungsausschüsse DVA und DVAL ein Dorn im Auge, setzt damit auch ein deutliches Zeichen für deren Einbeziehung. Ungeachtet der Frage, ob es nun einer verstärkten Berücksichtiung des Mittelstands bedarf und wenn ja, ob dieser durch eine Pflicht zur Losaufteilung nachgekommen werden sollte, kann man dies nur mit Nachdruck begrüßen.
Thema im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren.
Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.
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