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OLG Düsseldorf: ÖPNV-Aufgabenträger sind keine Sektorenauftraggeber

Ein Gastbeitrag von Bettina Werres, Mag. rer. publ., und Sascha F. Schaefer, PricewaterhouseCoopers Legal Rechtsanwaltsgesellschaft AG (PwC Legal)

ParagraphDas OLG Düsseldorf traf in seinem Beschluss vom 7. November 2012 (– VII-Verg 11/12 –) Aussagen, die für die zukünftige Vergabe von Busverkehrsleistungen bedeutsam sind. Der Vergabesenat ging insbesondere auf die Reichweite des Wettbewerbs-/Beteiligungsverbots nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (VO 1370/2007) ein sowie auf die Frage, ob Aufgabenträger des ÖPNV die privilegierenden Regelungen der Sektorenverordnung (SektVO) anwenden können.

Sachverhalt

Ausgangspunkt dieser Entscheidung war die Ausschreibung von Personenbeförderungsleistungen auf zwei kleineren Omnibuslinien. Ursprünglich führte die Antragstellerin den gegenständlichen Verkehrsauftrag aus. Im darauf folgenden Vergabeverfahren gab sie auch ein Angebot ab. Den Zuschlag sollte jedoch ein Unternehmen erhalten, das jeweils zu 50 % dem Antragsgegner, einem Kreis, und einer Stadt gehört. Infolge dessen beantragte die Antragstellerin die Nachprüfung der Vergabe u.a. mit der Begründung, dass das Unternehmen, das den Auftrag erhalten solle, dem Wettbewerbsverbot der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 unterliege.

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Nachprüfungsantrag und die sofortige Beschwerde ohne Erfolg blieben. Dies begründete der Vergabesenat vorrangig damit, dass das Wettbewerbs-/Beteiligungsverbot nur bei Ausschreibungen außerhalb des Zuständigkeitsgebietes eines Aufgabenträgers (hier: Antragsgegners) gelte, der einen Auftrag direkt an ein an der Ausschreibung beteiligtes Unternehmen vergeben habe. Im vorliegenden Fall hatte sich das Unternehmen, dem der Zuschlag erteilt werden sollte, auf eine gebietsinterne Ausschreibung beworben. Darüber hinaus galt in den Augen des OLG das Wettbewerbs-/Beteiligungsverbot bereits schon deshalb nicht, weil der Auftragsgegner dieses Unternehmen auch als internen Betreiber mit den Verkehrsleistungen beauftragen durfte. Das Unternehmen sei im Rahmen einer Bestandsbetrauung und nicht als interner Betreiber nach der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 tätig gewesen. Damit war der Anwendungsbereich des Wettbewerbsverbotes gar nicht erst eröffnet.

Daneben bekräftigte der Vergabesenat seine bisherige Rechtsprechung, dass Sektorenauftraggeber nur ist, wer Verkehrsleistungen selbst erbringt. Die bloße Organisation solcher Dienstleistungen mache den Auftraggeber nicht zu einem Sektorenauftraggeber. In den europäischen Sektorenrichtlinien werde betont, dass nur solche Auftraggeber dem Sektorenvergaberecht unterliegen, die Verkehrsleistungen als solche erbringen oder ausführen. Damit widerspricht die Annahme, dass es sich vorliegend um einen Sektorenauftraggeber handelt, dem EU-Recht.

Deutsches VergabenetzwerkFazit

Als Folge kann eine Verfestigung der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf in Bezug auf die Anwendbarkeit der Sektorenverordnung gesehen werden. Soweit sie die Verkehrsleistungen nicht selbst erbringen, dürfen Aufgabenträger hiernach Busverkehrsleistungen nicht auf Grundlage der Sektorenverordnung ausschreiben. Die klarstellenden Aussagen zum Wettbewerbsverbot sind erfreulich. Insbesondere für kommunale Verkehrsunternehmen gilt dieses Verbot nicht, soweit der Verkehr auf der Basis einer Bestandsbetrauung erbracht wird.

Foto_WerresPwC_Schaefer_VSD9927Die Autoren Bettina Werres, Mag. rer. publ., und Sascha F. Schaefer, sind Rechtsanwälte bei PricewaterhouseCoopers Legal Rechtsanwaltsgesellschaft AG (PwC Legal). Frau Werres beschäftigt sich mit rechtlicher und strategischer Beratung in der Verkehrswirtschaft. Zu ihren Mandanten gehören unter anderem Verkehrsministerien, kommunale Aufgabenträger, Verkehrsverbünde, Verkehrs- sowie Eisenbahnunternehmen. Darüber hinaus liegt ihr Schwerpunkt in der Beratung rund um das EU-Beihilfenrecht. Herr Schaefer ist Mitglied der Praxisgruppe ÖPNV/Vergaberecht von PwC Legal. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der umfassenden vergaberechtlichen Beratung von Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbünden und Aufgabenträgern in Ausschreibungen und Nachprüfungsverfahren.

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