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Angabe des Abfallmaklers als „Entsorgungsanlage/Betreiber“ ausreichend (OLG Saarbrücken, Beschluss v. 15.05.2013 – 1 Verg 1/13)

§ 16 Abs. 1 Nr. 1 b i.V.m § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG

ParagraphAls Erzeuger bzw. Besitzer von Abfällen ist der öffentliche Auftraggeber für die ordnungsgemäße Entsorgung dieser Abfälle verpflichtet. Ordnungsgemäß und beendet ist die Abfallentsorgung erst dann, wenn der Abfall seine Abfalleigenschaft verliert bzw. vollständig entsorgt wird. Dies ist in der Regel der Fall bei Verbrennung der Abfälle und Entsorgung der dort anfallenden Rückstände. Aus diesen Gründen verpflichtet der öffentliche Auftraggeber in der Regel die Bieter, die konkrete Entsorgungsanlage in der Ausschreibung anzugeben.

Grund hierfür ist, damit der öffentliche Auftraggeber selbst beurteilen kann, ob eine Entsorgung der Abfälle in dieser Anlage zulässig und möglich ist, so dass der Auftraggeber somit seiner Entsorgungsverantwortung nachkommt. Das OLG Saarbrücken (Beschluss vom 15.05.2013 – 1 Verg 1/13) hat es nunmehr als ausreichend angesehen, dass der Bieter lediglich einen Abfallmakler als Entsorgungsanlage benennt, der jedoch den Entsorgungsauftrag lediglich vermittelt.

Der Fall

Der Auftraggeber hat im offenen Verfahren die Vergabe von Abrissarbeiten eines Gebäudes des ehemaligen Gerätehauptdepots der Bundeswehr europaweit ausgeschrieben. Der Bieter hatte im Leistungsverzeichnis die/den „Entsorgungsanlage/Betreiber“ zu benennen. Die Beigeladene hat lediglich einen Abfallmakler benannt. Die Vergabekammer hat deshalb das Angebot der Beigeladenen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Beigeladenen, über die infolge bereits erteilter Zuschlagserteilung lediglich im Fortsetzungsfeststellungsverfahren zu entscheiden war.

Das OLG Saarbrücken

Die Benennung eines Abfallmaklers unter der Angabe „Entsorgungsanlage/Betreiber“ stellt keine gravierende Änderung an den Vergabeunterlagen dar, die nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 b i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 5 VOB/A-EG zu einem zwingenden Ausschluss der Beigeladenen führt. Die Angabe „Entsorgungsanlage/Betreiber“ ist vom objektiven Empfängerhorizont aus Sicht eines verständigen, mit der Art der beschriebenen Leistung vertrauten durchschnittlichen Bieters auszulegen. Von diesem Wortlaut ausgehend wird die Angabe der Entsorgungsanlage, zu der der Abfall verbracht werden soll, oder die Angabe desjenigen, der die Entsorgung ordnungsgemäß betreiben darf, gefordert. Zu letzterem gehört auch der Abfallmakler als Entsorgungsfachbetrieb, denn dieser ist nach § 56 KrWG berechtigt, an der Abfallbewirtschaftung mitzuwirken. Durch die Angabe im Leistungsverzeichnis soll nur sichergestellt werden, dass der Bieter sich überhaupt Gedanken um die Abfallentsorgung gemacht und diese in seinem Angebot berücksichtigt hat. Welchen Weg er hierfür letztlich vorgesehen hat – Entsorgung direkt in einer Entsorgungsanlage oder über einen Abfallvermittler – ist für das Angebot und dessen Prüfung nicht entscheidend. Sichergestellt und überprüfbar soll lediglich sein, dass die gewählte Art der Entsorgung mit den abfallrechtlichen Vorschriften im Einklang steht und auch die geforderten und notwendigen Nachweise erbracht werden können. Dies ist aber auch dann der Fall, wenn die Entsorgung über einen Abfallmakler als Betreiber der Entsorgung vermittelt wird, denn auch dieser ist nach §§ 54, 56 KrWG strengen Zertifizierungs- und Überwachungsmechanismen unterworfen, so dass sichergestellt ist, dass sie den Abfall zuverlässig und ordnungsgemäß einer Entsorgung zuführt.

Praxishinweis

Sinn und Zweck der Angabe „Entsorgungsanlage/Betreiber“ dürfte es jedoch auch sein, dass der Auftraggeber beurteilen kann, ob die (gefährlichen) Abfälle tatsächlich (technisch/genehmigungsrechtlich) auch in der Entsorgungsanlage entsorgt werden können. Anhand der Angabe des Abfallmaklers kann dies vom Auftraggeber nicht beurteilt werden. Zudem gilt es zu beachten, dass der Auftraggeber in der Entsorgungskette als Erzeuger bzw. Besitzer von Abfällen bis zur Beendigung der Entsorgung verantwortlich bleibt. Der Abfallmakler vermittelt jedoch lediglich den Entsorgungsauftrag und wird gerade nicht mit der Entsorgung der Abfälle beauftragt. Fraglich ist, inwieweit bei Beauftragung eines Abfallmaklers der Auftraggeber dann seiner Entsorgungsverantwortung nachkommen kann, weil er nicht weiß, durch wen die Abfälle entsorgt werden.

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Über Dr. Dominik R. Lück

Der Autor Dr. Dominik R. Lück ist Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Köhler & Klett Rechtsanwälte in Köln. Dort ist er Leiter des vergaberechtlichen Fachbereichs und verfügt über langjährige Erfahrung im Vergaberecht und in den Bereichen des Umweltrechts, insbesondere des Abfallrechts.

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