Bieterfragen sind ein effektives und kostengünstiges Mittel für Unternehmen, die sich an Vergabeverfahren beteiligen, um bei Unklarheiten bezüglich der Vergabeunterlagen Auskünfte und ergänzende Informationen zu erhalten. Die Beantwortung der Bieterfragen durch die Vergabestelle versetzt die Bieter regelmäßig in die Lage, den Vergabeunterlagen entsprechende, qualitativ gute Angebote abzugeben und unter Umständen sogar Rückschlüsse auf die Angebotsstrategien der Mitbewerber zu ziehen.
Der fehlerhafte Umgang mit Bieterfragen kann für die Vergabestelle jedoch drastische Folgen wie die Rückversetzung oder Aufhebung des Vergabeverfahrens nach sich ziehen. Umso bedeutender ist der richtige Umgang mit den Bieterfragen und deren Beantwortung. Eine interessante Frage vor diesem Hintergrund ist regelmäßig, ob die Vergabestelle die Bieterfragen wortwörtlich, wie sie gestellt worden sind, veröffentlichen bzw. bekanntgeben muss oder diese vor Veröffentlichung anpassen, modifizieren oder abändern darf, um eigene oder Bieterinteressen zu schützen.
Konkrete Regelungen zu Bieterfragen finden sich in § 12a Abs. 3 EU VOB/A, § 12a Abs. 4 VOB/A und § 18 KonzVgV. Die VgV und UVgO[1] enthalten keine ausdrückliche Regelung zu Bieterfragen, zumindest werden diese aber in § 20 Abs. 3 VgV und § 13 Abs. 4 UVgO sowie den Erläuterungen zur UVgO vorausgesetzt. In den Regelungen des § 20 Abs. 5 VSVgV, § 16 Abs. 3 SektVO sowie §§ 10a Abs. 6, 10b Abs. 6 EU VOB/A werden Bieterfragen im Zusammenhang mit Fristenregelungen ebenfalls zumindest vorausgesetzt. Weiterhin enthalten die europäischen Vergaberichtlinien entsprechende Regelungen.
Darüber hinaus sind insbesondere die vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung, Transparenz sowie der Geheimhaltung zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die auf Bieterfragen erteilten Auskünfte grundsätzlich allen Bietern gleichberechtigt und transparent bereitzustellen sind, ohne Rückschlüsse auf die Identität der Mitbewerber zuzulassen, soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie ausnahmsweise nur einen einzigen Bieter betreffen.
Materiell dient der Regelungsinhalt des § 12a Abs. 4 VOB/A als guter Ansatz für eine entsprechende Anwendung im Vergaberecht.[2] Der Inhalt ist insoweit auf die übrigen konkreten Regelungen zu den Bieterfragen übertragbar. Dieser spricht von „zusätzlichen sachdienlichen Auskünften über die Vergabeunterlagen, die allen Unternehmen unverzüglich in gleicher Weise zu erteilen sind“.
„Sachdienlich“ sind Auskünfte, wenn sie objektiv mit dem Auftragsgegenstand im Zusammenhang stehen und Missverständnisse ausräumen oder Verständnisfragen zu den Vergabeunterlagen beantworten. Die Sachdienlichkeit einer Auskunft ist aus Sicht des bietenden Unternehmens und dessen Verständnis von der Ausschreibung zu beurteilen[3]. Auf die inhaltliche Qualität der Frage kann es hingegen nicht ankommen, sodass auch irrelevante Verständnisfragen, die sich bei einer sorgfältigen Lesart der Vergabeunterlagen nicht stellen würden, grundsätzlich beantwortet werden müssen. Da die Vorschrift einen fairen, mit möglichst großer Beteiligung geführten Wettbewerb gewährleisten soll, besteht grundsätzlich eine uneingeschränkte Auskunftspflicht der Vergabestelle. Sie ist jedoch keine allgemeine „Rechtsauskunftsstelle“ für vergaberechtliche oder andere Rechtsfragen. Auskünfte zu Fragen, die auf eine Verlängerung der Teilnahme- oder Angebotsfrist abzielen, oder sich eindeutig aus den Vergabeunterlagen beantworten lassen, sind jedoch nicht sachdienlich.[4] Die Erteilung der ergänzenden Auskunft ist insoweit eine bieterschützende Verpflichtung der Vergabestelle.
Die genannten Regelungen zu den Bieterfragen lassen vom Wortlaut her keinen Rückschluss für die Antwort auf die Frage zu, ob gestellte Bieterfragen vor deren Veröffentlichung formell oder inhaltlich durch die Vergabestelle abgeändert werden dürfen.
Aus der Tatsache, dass zwar die Möglichkeit des Stellens von Bieterfragen im Vergabeverfahren den oben genannten Regelungen entnommen werden kann, jedoch keine Regelung zu deren Abänderung normiert wurde, könnte im Umkehrschluss zunächst vielmehr abgeleitet werden, dass eine Abänderung nicht vorgesehen ist, sondern die gestellten Bieterfragen mit entsprechenden Antworten allen Teilnehmern und Bietern in derselben Fassung gleichermaßen zugänglich gemacht werden müssen.
Ausgehend vom Sinn und Zweck der Möglichkeit, Bieterfragen im Vergabeverfahren zu stellen und beantworten zu lassen, kann aber jedenfalls festgestellt werden, dass im Rahmen der Bieterfragen und deren Beantwortung unterschiedliche Interessen berührt werden.
Einerseits sollen die Regelungen der § 12a Abs. 3 EU VOB/A, § 12 Abs. 4 VOB/A und § 18 KonzVgV die Einhaltung eines fairen, gleichen und möglichst großen Wettbewerbs sicherstellen. Sie sind bieterschützend und ermöglichen den Bietern, sachdienliche Auskünfte zu verlangen, um der Leistungsbeschreibung entsprechende und qualitativ hochwertige Angebote einzureichen, sodass zunächst das Informationsinteresse der Bieter berücksichtigt werden muss. Je mehr Bieter über die Vergabeunterlagen aufgeklärt sind und diese richtig verstehen, desto mehr transparenter Wettbewerb wird gewährleistet.
Daneben ist der Grundsatz der Geheimhaltung seitens der Vergabestelle zu wahren. Die Identitäten der Bieter oder Informationen, die Rückschlüsse hierauf erlauben, dürfen keinesfalls offenbart werden.
Weiterhin gelten der Gleichheits- und Transparenzgrundsatz im Vergabeverfahren. Sämtliche Bewerber bzw. Bieter sind gleich zu behandeln. Grundsätzlich verstößt eine Vergabestelle gegen den Gleichbehandlungs- und Transparenzgrundsatz, wenn sie die gestellten Bieterfragen nicht allen Bietern gleich und transparent zur Verfügung stellt, sondern lediglich einem oder einzelnen Bietern zugänglich macht. Diese erhalten auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil, soweit es sich um sachdienliche Auskünfte handelt.
Können jedoch aus dem Inhalt der Fragestellung Rückschlüsse auf schutzwürdige Bieterinteressen gezogen werden, muss eine Vergabestelle die entsprechenden Passagen in der Frage streichen bzw. unkenntlich machen, bevor sie diese zusammen mit der Antwort an andere Bieter weiterleitet.[5]
Die Frage ist, welche Interessen im konkreten Einzelfall als schutzwürdig anzusehen sind. Dies wird stets nur vor dem Hintergrund des Spannungsverhältnisses des Informationsinteresses der Bieter zu den durch die Vergabestelle einzuhaltenden und auch die Mitbewerber schützenden Grundsätzen der Gleichbehandlung, Transparenz und Geheimhaltung sowie einer diesbezüglichen Abwägung beantwortet werden können.
Die Vergabestelle muss einerseits schutzwürdige Interessen der Bieter beachten. Andererseits muss sie dafür Sorge tragen, dass die vergaberechtlichen Grundsätze für die übrigen Bieter berücksichtigt werden, um zudem zu vermeiden, dass ihr Verfahren unter Umständen gerügt wird und Nachprüfungsverfahren eingeleitet werden.
Problemlos ist die Zulässigkeit der Abänderung der Bieterfragen für den Fall, dass Rechtsschreibung, Grammatik sowie Zeichensetzung der Bieterfragen richtiggestellt werden. Hierbei dürfen jedoch der wesentliche Inhalt sowie der Sinn der Bieterfrage nicht verfälscht werden.
Unstreitig ist nach Ansicht des Autors weiterhin die Zulässigkeit der Abänderung, wenn Bieterfragen Unternehmensangaben wie den Namen oder Anschrift des Bieters enthalten. Eine Veröffentlichung der Bieterfrage mit ihrem ursprünglichen Wortlaut würde einen Verstoß gegen den Geheimhaltungsgrundsatz bedeuten. Es entstünde sogar das Risiko von wettbewerbswidrigen Absprachen zwischen den Bietern, die in diesem Fall die Mitbewerber kennen. Im Sinne eines geheimen und damit auch fairen Wettbewerbs sind der Name und/oder die Anschrift des Bieterunternehmens daher zu entfernen und die Bieterfrage ohne diese Angaben zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung ohne diese Angaben wahrt sowohl das Informationsinteresse des Fragestellers an einer sachdienlichen Auskunft als auch die seitens der Vergabestelle einzuhaltenden Grundsätze der Gleichheit, Transparenz und Geheimhaltung.
In die gleiche Richtung ist nach Ansicht des Autors die Frage der Zulässigkeit der Abänderung zu beantworten, wenn zwar weder Name noch Anschrift in der Bieterfrage enthalten sind, die verwendeten Angaben und Ausführungen aber wegen ihrer Besonderheiten, ihrer Eigenart oder Spezialität Rückschlüsse auf ein konkretes Unternehmen erlauben. Dies könnte bei bietenden Unternehmen der Fall sein, deren spezielle Konzepte, Prozesse oder Methoden am Markt durch die Mitbewerber eindeutig diesem einen Unternehmen zugeordnet werden können. Insoweit ist dem Geheimhaltungsgrundsatz der Vorrang vor dem Informationsinteresse des fragenden Bieters an diesen Angaben einzuräumen.
Schwieriger ist die Frage der Zulässigkeit der Abänderung zu beantworten, wenn zwar keine Rückschlüsse auf die Identität der Bieter möglich sind, die Inhalte der Bieterfrage aber Rückschlüsse auf konkrete Angebotsinhalte erlauben.
Sollten tatsächlich Preisbestandteile in den Bieterfragen enthalten sein, werden auch diese zu Gunsten eines geheimen (Preis-)Wettbewerbs entfernt werden müssen, es sei denn, es handelt sich um Festpreis-Ausschreibungen.
Insbesondere jedoch bei Vergabeverfahren für Leistungen, im Rahmen derer Konzepte, Prozessabläufe oder Methoden gefordert werden, kann auf konkrete Angebotsinhalte der Mitbewerber geschlossen werden, wenn diese zum Inhalt von Bieterfragen werden. Regelmäßig werden sie zu solch wesentlichen Leistungsbestandteilen, dass ihre Qualität gerade aus diesem Grunde mit einer bestimmten Gewichtung zum Zuschlagskriterium gemacht wird und für die Wertungs- und Zuschlagsentscheidung ausschlaggebend ist. Der Grundsatz der Geheimhaltung dürfte in diesen Fällen nicht mehr gewahrt sein, wenn ein Bieter solche wesentlichen und konkreten Teile des Angebots seines Mitbewerbers kennt. Er kann sich unter Umständen darauf qualitativ sowie preislich einstellen, dementsprechend sein eigenes Angebot danach ausrichten und in Kenntnis der bekanntgemachten Bewertungsmatrix im Ergebnis sogar die Wertung der Angebote im Rahmen des Vergabeverfahrens zumindest teilweise „steuern“.
In der Literatur ist zwar regelmäßig die Rede davon, dass Bieterfragen es ermöglichen, aber auch die Gefahr bergen, Kenntnisse über Angebotsstrategien der Mitbieter zu erlangen. Das mag in der Praxis tatsächlich zutreffen, jedoch treffen diese Ausführungen keine Aussage zur Zulässigkeit eines derartigen Umgangs mit Bieterfragen. Nach Ansicht des Autors muss die Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bieterfragen dort ihre Grenze haben, wo die Grundsätze der Geheimhaltung und Transparenz im Vergabeverfahren durch Veröffentlichung wesentlicher und konkreter Angebotsinhalte eines Mitbewerbers dadurch beeinträchtigt werden, dass die Gefahr der „Steuerung“ des Verfahrensergebnisses entsteht. Insoweit muss eine Abänderung der Bieterfrage in diesen Fällen zulässig sein, um einen transparenten, gleichberechtigten und geheimen Wettbewerb sicherzustellen.
Im Rahmen der Beantwortung der Bieterfragen kommt darüber hinaus ausnahmsweise die Möglichkeit in Betracht, diese aus Geheimhaltungsgründen nicht allen Bietern, sondern nur dem die Frage stellenden Bieter zu beantworten.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung erfordert zwar, dass eine Vergabestelle regelmäßig jede Auskunft, die er einem anfragenden Bieter gibt, auch allen anderen Bietern erteilt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Auftraggeber gegen das Gebot der Gleichbehandlung und Chancengleichheit aller Bieter verstößt. Ein Auftraggeber kann jedoch im Einzelfall eine Bieterfrage ausnahmsweise individuell beantworten, wenn sie offensichtlich ein individuelles Missverständnis des Bieters betrifft und die allseitige Beantwortung der Frage Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verletzen oder die Identität des Bieters preisgeben würde.[6] Die Beantwortung einer Bieterfrage an nur einen Bieter wird jedoch nur ausnahmsweise zulässig sein, wenn diese nicht sachdienlich ist, weil sie offensichtlich ausschließlich den fragenden Bieter betrifft, was aufgrund des weiten Verständnisses des Begriffs „Sachdienlichkeit“ selten der Fall sein wird.
In die gleiche Richtung ist die Alternative zu bewerten, dass die Bieterfrage gar nicht beantwortet wird. Zwar dürften der Gleichheits-, Transparenz- und Geheimhaltungsgrundsatz in diesem Fall gewahrt sein, dem schutzwürdigen Informationsinteresse des Bieters wird jedoch nicht Rechnung getragen.
Grundsätzlich ist Vergabestellen zu empfehlen, soweit möglich, die vollständigen Bieterfragen und die entsprechenden Antworten, soweit sie sachdienlich waren, für alle Bieter gleich und transparent ohne Abänderung zu veröffentlichen bzw. bekanntzugeben. Teile der Bieterfragen, die Namen, Anschriften, Preisbestandteile oder Angaben enthalten, die Rückschlüsse auf die Identität der Bieter zulassen, können nach Ansicht des Autors grundsätzlich bedenkenlos entfernt bzw. die Bieterfrage dementsprechend abgeändert werden, weil deren unveränderte Veröffentlichung zu Vergabeverstößen führen würde. Für den nicht unproblematischen Fall, dass Konzepte, Prozessabläufe oder Methoden auf konkrete und wesentliche Angebotsinhalte schließen lassen, ist eine präzise Prüfung im Einzelfall anzuraten, wobei die Zulässigkeit der Abänderung der Bieterfrage zu bejahen sein wird, soweit Mitbewerber ohne eine solche das Ergebnis des Verfahrens beeinflussen könnten.
Darüber hinaus besteht zwar ausnahmsweise unter den oben genannten Umständen noch die Alternativen, die Bieterfrage lediglich individuell dem Fragesteller oder gar nicht zu beantworten. Im Zweifel ist jedoch wegen des Grundsatzes der Gleichheit und Transparenz sowie des Informationsinteresses des Fragestellers die Veröffentlichung an alle Bieter vorzuziehen, da eine Bieterfrage wegen vorliegender Sachdienlichkeit selten ausschließlich den Fragesteller betreffen wird.
Für welche Alternative sich die Vergabestelle auch entscheidet: Eine ordnungsgemäße Dokumentation der jeweiligen Gründe in einem Vergabevermerk ist zwingend anzuraten. Im Übrigen riskiert die Vergabestelle beim fehlerhaften Umgang mit Bieterfragen, das Vergabeverfahren aufheben zu müssen, sowie Beanstandungen, Rügen und Nachprüfungsverfahren.
[1] Amtliche Erläuterungen zu §§ 7 Abs. 3, 38 Abs. 4 bis 5 UVgO, BAnz. AT 7.2.2017 B2.
[2] Schwabe/Henzel, in: Müller-Wrede, UVgO, § 28 UVgO, Rn. 220.
[3] von Wietersheim, in: Igenstau/Korbion, VOB, § 12 VOB/A, Rn. 47; Völlink, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 12 VOB/A, Rn. 46.
[4] Franzius, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, Rn. 69.
[5]Franzius, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, Rn. 71.
[6] VK Sachsen, Beschluss vom 24.08.2016 – 1/SVK/017-16.
Der Autor Michael Pilarski ist als Volljurist bei der Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank – in Hannover tätig. Als Prüfer, insbesondere der Vergaberechtsstelle, lag sein Schwerpunkt mehrere Jahre in den Bereichen Zuwendungs- und Vergaberecht. Er hat die Einhaltung des Zuwendungs- und Vergaberechts durch private und öffentliche Auftraggeber, die Förderungen aus öffentlichen Mitteln erhalten, geprüft und Zuwendungsempfänger bei zuwendungs- und vergaberechtlichen Fragestellungen begleitet. Nunmehr ist er in der Rechtsabteilung der NBank in den Bereichen Vergabe-, Vertrags- sowie Auslagerungsmanagement beschäftigt. Darüber hinaus sitzt er der Vergabekammer Niedersachsen beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Lüneburg bei, ist zugelassener Rechtsanwalt und übernimmt Referententätigkeiten sowie Schulungen im Zuwendungs- und Vergaberecht.
Sehr geehrter Herr Pilarski,
mich würde interessieren, ob die Antworten der Vergabestelle so zu sagen „Vertragsinhalt“ werden.
Meines Erachtens müßten die Antworten doch eine Art normativen Charakter haben.
Vielen Dank für die Aufklärung!
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Kraus
Sehr geehrter Herr Krause,
das ist eine sehr gute Frage, die gar nicht so eindeutig zu beantworten ist, weil es hierzu keine ausdrücklichen Regelungen gibt.
Vertragsinhalt wird das, was Inhalt des Angebots des Bieters war, das bezuschlagt wurde. Wertbare Angebote geben Bieter nur dann ab, wenn diese den Ausschreibungsbedingungen in Form der Vergabeunterlagen entsprechen, da sie sonst ausgeschlossen werden müssen. Mit Abgabe des Angebots durch den Bieter erklärt dieser sich in der Regel konkludent bereit, dass die Vergabeunterlagen zum Inhalt des Verfahrens und seines Angebots werden. Zu den Vergabeunterlagen zählen alle Angaben, die erforderlich sind, um dem Bieter die Teilnahme am Verfahren zu ermöglichen und ein vernünftiges Angebot abzugeben. Darunter fallen grundsätzlich auch Bieterfragen und -antworten, vgl. § 29 VgV.
Wenn also Bieterfragen und -antworten zu den Vergabunterlagen gehören, der Bieter zumindest durch seine Teilnahme die Vergabeunterlagen als Gegenstand des Verfahrens und seines Angebots akzeptiert, dann werden durch den Zuschlag auf dieses Angebot die Bieterfragen und -antworten meiner Ansicht nach grundsätzlich zum Vertragsinhalt.
Da dies, wie Sie an der Begründung sehen, gar nicht so leicht herzuleiten ist und es sogar Entscheidungen gab, bei denen Konzepte, die mit den Angeboten vorgelegt werden sollten, mangels Hinweises nicht zum Vertragsinhalt gezählt wurden, ist zu empfehlen, stets ausdrückliche Hinweise in den Vergabeunterlagen bzw. dem zu veröffentlichenden Vertragsentwurf aufzunehmen, die klarstellen, welche Teile des Verfahrens zum Vertragsinhalt werden und in welcher Reihenfolge. Auch bietet es sich an, direkt bei Beantwortung der Bieterfragen mit der Antwort darauf hinzuweisen, dass diese Gegenstand des Verfahrens und des Vertrags wird.
Grüße
Sehr geehrter Herr Pilarski,
wie verhält es sich mit Bieterfragen, die eindeutig nicht zur Aufklärung des Leistungsverzeichnises dienen, sondern von Bietern gestellt werden um Wettbewerber „auszuschalten“? Sind solche Bieterfragen überhaupt statthaft?
Vielen Dank für die Aufklärung!
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Bodendorf
Sehr geehrter Herr Bodendorf,
könnten Sie Ihre Frage vielleicht präzisieren? Ich kann mir gerade noch nicht genau vorstellen, welche Konstellation Sie meinen. Wie würde eine solche Bieterfrage bspw. lauten, die versucht, den Wettbewerber auszuschalten?
Grüße