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5. Deutscher Vergabetag 2018 – Ein Jubiläum mit Premieren: Der Rückblick


Wie immer weit im Voraus ausgebucht! Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung am Reichstagsufer in Berlin war für zwei Tage wieder bis zur Kapazitätsgrenze mit Gästen gefüllt. Es war bereits der fünfte Deutsche Vergabetag, zu dessen Eröffnung im großen Saal kein Stuhl unbesetzt blieb. Neben den bekannten Größen der Szene bereicherte zum Jubiläum erstmals die Mitwirkung der EU-Kommission den Kongress. Für Heinz-Peter Dicks war es zugleich ein Abschied, jedenfalls in seiner Funktion als Vorsitzender Richter am OLG Düsseldorf, in der er das Vergaberecht maßgeblich prägte.

Wer hätte das gedacht, bereits eine halbe Dekade bringt der Deutsche Vergabetag diejenigen zusammen, deren gemeinsame Klammer das öffentliche Beschaffungswesen ist. Auftraggeber, Auftragnehmer, Rechtspflege, Wissenschaft und Politik – Eine interessante Mischung von Menschen mit unterschiedlichen Funktionen, Interessen und Meinungen. Und so war der Kongress wie immer vielfältig, informativ und meinungsbildend. In diesem Jahr war nun erfreulicherweise auch erstmalig die Europäische Kommission dabei – Premiere Nr. 1.

(RAin Dr. Nicola Ohrtmann)

Nach der Eröffnung durch die Gründer und Geschäftsführer des DVNW, Marco Junk und Martin Mündlein, konnte Dr. Nicola Ohrtmann als Moderatorin des Deutschen Vergabetages routiniert (schließlich auch seit dem zweiten Vergabetag an Bord) Fahrt aufnehmen und Dr. Irmfried Schwimann auf die Bühne bitten. Die stellvertretende Generaldirektorin für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU machte den Auftakt und brachte den Anwesenden die europäische Perspektive näher und verhehlte dabei nicht, dass in Deutschland unter anderem beim Thema Transparenz ein gewisses Defizit im EU-Vergleich bestünde.

(Dr. Irmfried Schwimann und Dr. Philipp Steinberg)

Ihr folgte wie bereits im letzten Jahr, der bekennende „Vergabe-Fan“ Dr. Philipp Steinberg, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), der verriet, dem Vergaberecht sogar seine Promotion gewidmet zu haben. In seiner Keynote knüpfte er in mehreren Punkten an seine Vorrednerin an und betonte zugleich die gute und konstruktive Zusammenarbeit Deutschlands mit der EU im Vergabewesen. Beide Reden enthielten viele wertvolle Informationen und Aussagen. Ein kurzer Rückblick dieser Art kann diesen nicht gerecht werden.

(Norbert Portz)

Gleiches gilt für den anschließenden Impulsvortrag von Nobert Portz vom Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB).

Daher sei an dieser Stelle auf die Premiere Nr. 2 hingewiesen: Die beiden Keynotes, der Impulsvortrag und die sich anschließende Podiumsdiskussion wurden als Videostreams erstmalig live übertragen. Leider war die Internetleitung nicht die ganze Zeit zuverlässig. Wir mussten akzeptieren, dass sich manches unserem Einfluss entzieht. Die Aufzeichnung können Sie im nachsehen.

DVT_2018_Schmal

Kommt ein einheitliches Bundesvergabegesetz?

So der Titel der sich anschließenden Podiumsdiskussion. Mit Norbert Portz in der Runde waren Dr. Thomas Solbach, Referatsleiter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Dr. Irene Lausen, Referatsleiterin im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung sowie Lothar Fehn Krestas, Ministerialdirigent im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.

Vor dem Hintergrund des mit widersprüchlichen Aussagen zur Fortentwicklung des deutschen Vergaberechts versehenen Koalitionsvertrags ging es um die Frage, ob in absehbarer Zeit ein einheitliches Bundesvergaberecht kommen wird, mit anderen Worten um die Zukunft der VOB/A.

Das BMI sprach sich für einen Beibehalt der VOB/A aus, während das BMWi grundsätzlich nichts gegen eine Integration in die VgV einzuwenden hätte – so ja bereits mit der VOF geschehen. Zumindest müsse man den Prüfauftrag, den der Koalitionsvertrag an beide Ministerien richtet, annehmen. Es gelte miteinander zu diskutieren, um hierfür eine gute Lösung zu finden. Jedenfalls in diesem Punkt herrschte Einigkeit.

(v.l.n.r.: Dr. Nicola Ohrtmann, Norbert Portz, Dr. Irene Lausen, Lothar Fehn Krestas und Dr. Thomas Solbach)

Auch das Handelsblatt nahm die Podiumsdiskussion als Anlass für eine Berichterstattung mit dem Titel: „Ministerien streiten über Milliardenvergabe bei öffentlichen Aufträgen“, siehe .

Abschiedsvorlesung

Gestärkt durch die Pause konnten die Besucherinnen und Besucher im beliebten Fachpanel Recht, Frau Petra Willner vom OLG München, Herrn Jörg Wiedemann vom OLG Naumburg sowie Herrn Heinz-Peter Dicks vom OLG Düsseldorf zuhören. Herr Dicks, von der ersten Stunde an ein treuer Unterstützer des Deutschen Vergabetags , gab einen selten persönlichen Rückblick auf sein Wirken im Vergaberecht und einen Ausblick auf die Rechtsentwicklung. Sein Auftritt markierte zugleich seinen Abschied vom aktiven Dienst im Richteramt, nachdem er im Frühjahr dieses Jahres pensioniert wurde.

(v.l.n.r.: Petra Willner, Heinz-Peter Dicks, Jörg Wiedemann)

Die kommenden Stunden der beiden Tage folgten dem bekannten und bewährten Schema. Aus sechzehn interessanten und praxisbezogenen Workshops sowie vier Innovationsforen konnte man sich sein ganz persönliches Fortbildungsprogramm zusammenstellen.

Der Abend im Meistersaal

Die beliebte Abendveranstaltung im Meistersaal nahe des Potsdamer Platzes, übrigens in den 90iger Jahren das ehemalige Studio 2 der Hansa-Tonstudios, das Musikgrößen von David Bowie bis Udo Jürgens als Aufnahmerau diente, verband wieder einmal Networking mit kurzweiligen und hochinformativen Einblicken. Unter der fachlichen Leitung von Prof. Dr. Heiko Höfler wurde mit dem Thema Rüstungsbeschaffung ein ebenso aktuelles wie politisch brisantes Thema aufgegriffen.

Der Kreis der Diskutanten war hochkarätig besetzt. Die EU-Kommission ließ sich von Jolanda van Eijndthoven vertreten, die in der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU den Bereich „Beschaffung im Verteidigungs- und Sicherheitssektor“ leitet. Die Bundeswehr wurde aus ganz unterschiedlichen Bereichen hervorragend vertreten: Mit Anja Theurer vom noch jungen Bundeswehr Cyber Innovation Hub, einer Art schnellem Beiboot der Truppe, die digitale Errungenschaften für diese finden und nutzbar machen soll, Prof. Dr. Michael Eßig von der Universität der Bundeswehr und Matthias Mantey, Referatsleiter beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Auch die Anbieterseite fehlte nicht und wurde von niemand geringerem vertreten als Ulrich Beck, Leiter öffentliche Beschaffung bei Airbus Defence & Space. Die Aufzeichnung der Podiumsdiskussion ist im abrufbar.

Das abendliche Programm schloss wie immer mit der Verleihung der DVNW Awards für die meistgelesenen Beiträge im Vergabeblog, siehe  . Unser Dank gilt den Preisträgern, aber auch allen anderen Autorinnen und Autoren, die den Vergabeblog zum dem lesenswerten Medium machen, das er ist. Und dies auch in Zukunft vollkommen kostenfrei.

Dies diesjährigen Preisträger sind:

Platz 1: RA Dr. Roderic Ortner, BHO Legal für „Die Festlegung und Prüfung der Eignung im Vergabeverfahren“ (Teil 1) (Teil 2)

Platz 2: RA Michael Pilarski, Investitions- und Förderbank des Landes Niedersachsen – NBank für „Die Angebotsfrist bei der Freihändigen Vergabe nach der VOB/A“ und „Die Zulässigkeit der Abänderung von Bieterfragen durch die Vergabestelle

Platz 3: Dr. Valeska Pfarr, MLE, Menold Bezler Rechtsanwälte für „Dürfen Auftraggeber die Angebotsöffnung nicht auf externe Dienstleister übertragen? (VK Südbayern, Beschl. v. 02.01.2018)

Platz 4: Roman P. Willweber, LL.M., Bundesamt für Güterverkehr für „Zuschlagsentscheidung: Gilt das „Brutto“ oder das „Netto“?

Platz 5: Dr. Martin Ott, Menold Bezler Rechtsanwälte für „Hohe Anforderungen für Aufhebung bzw. Teilaufhebung von Vergabeverfahren

Nach der Preisverleihung war der Abend für einige Gäste noch lang. Schließlich ließ es sich bei gutem Essen und Getränken wie immer gut aushalten.

 

Tag 2

Dennoch ging es am nächsten Tag wieder pünktlich um 9:00 Uhr mit dem Programm weiter. Innovationsforen, Workshops und zu guter Letzt das Fachpanel Politik und Markt.

(v.l.n.r.: Susanne Kurz, Anne Schröder, Prof. Dr. Michael Eßig)

Prof. Dr. Michael Eßig riss dann mit seiner bekannten engagierten Art des Vortrags den Saal zum Thema Wirtschaftlichkeit in der strategischen öffentlichen Beschaffung mit. Ein oft und vielbesprochenes Thema, das dadurch jedoch nicht an Bedeutung verliert.

Als dann schon dritte Vertreterin der EU-Kommission am Kongress griff Anne Schröder das Thema Transparenz als notwendige Voraussetzung wirtschaftlicher und nachhaltiger Beschaffung wieder auf, welches bereits in der Keynote von Dr. Schwimann Erwähnung fand.

Den abschließenden Vortrag hielt Susanne Kurz vom Kompetenzzentrums innovative Beschaffung (KOINNO). Als Expertin im Bereich der Modernisierung des Beschaffungswesens zeigte sie wie bereits  Prof. Dr. Eßig, dass immer noch viele oft vorgetragene und wissenschaftlich-methodisch gut ausgearbeitete Konzepte der strategischen Beschaffung gar nicht oder nicht ausreichend bei öffentlichen Auftraggebern umgesetzt würden. Gute Einzelbeispiele gäbe es, aber darauf könne man sich nicht ausruhen. Es bleibe weiterhin viel zu tun.

Und so endete ein schöner und rundum erfolgreicher 5. Deutscher Vergabetag mit den zusammenfassenden und an alle Beteiligten gerichteten dankenden Schlussworten von Dr. Ohrtmann, die im Rückblick des letzten Jahres mit den Worten zitiert wurde: „Nach der Vier kommt die Fünf.“. Das war nun also die Fünf – wir zählen weiter und freuen uns auf den 6. Deutschen Vergabetag. Der wird am 24. & 25. Oktober 2019 in Berlin stattfinden, notieren Sie sich also jetzt schon den Termin.

 www.deutscher-vergabetag.de

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