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Auftragswertschätzung bei Planungsleistungen – Rückschau auf die 13. Sitzung der DVNW Regionalgruppe Köln

dvnw_reggruppe_koeln_bonnAm 20.03.2024 fand die 13. Sitzung der Regionalgruppe Köln des Deutschen Vergabenetzwerks (DVNW) als Videokonferenz statt, bei der die Teilnehmenden über die „heißen Eisen“ Auftragswertschätzung bei Planungsleistungen diskutierten.

Mit zeitweise 56 online-Teilnehmerinnen und Teilnehmern fand am 20.03.2024 das 13. Treffen der Regionalgruppe Köln statt. Das große Interesse an dem Thema spricht für sich und ließ die Veranstaltung zu einem Erfolg werden. Moderiert vom Regionalgruppenvorsitzenden Hans-Peter Müller, ehem. BMWi – Referat öffentliches Auftragswesen, und eingeleitet von einem problembewussten Impulsvortrag des über die Vergabegemeinschaft hinaus bekannten Leiters des Vergabedezernats des DStGB a.D., Norbert Portz, diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zur Auftragswertschätzung bei Planungsleistungen sowie zu einem alternativen Vergabekonzept, welches Planen und Bauen als gemeinsamen Auftrag möglich machen soll.

In seinem Impulsvortrag erläuterte Norbert Portz die Rechtshintergründe und die Entwicklung des nunmehr gestrichenen § 3 Abs. 7 S. 2 VgV (alt) auf Basis des EU-Rechts. Er ging auf das EuGH-Urteil „Autalhalle“ mit seiner funktionalen Betrachtung zur Frage der Addition von Planungsleistungen ein. Auch stellte er heraus, dass die im letzten Jahr erfolgte Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV eine bloße Klarstellung bedeute. Die Auftragswertschätzung müsse rein nach Vergaberechtskriterien erfolgen und der HOAI als „Honorarordnung und (unverbindliches) Preisrecht zur Vergütung von Architekten und Ingenieuren“ komme allenfalls eine Orientierung zur Auftragswertschätzung zu.

Norbert Portz betonte, dass die einzelnen Planungsleistungen, wie die Objektplanung von Architekten mit der Tragwerksplanung und der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) von Ingenieuren für ein vorhabenbezogenes Bauvorhaben sowohl früher als auch nach erfolgter Novelle – anders als etwa Untersuchungen zur generellen Bebaubarkeit eines Grundstücks – zu addieren sind. Denn diese Lose weisen regelmäßig eine innere Kohärenz und eine funktionale Einheit auf. Das bedeute für die Praxis, dass auch Planungsleistungen für Bauten weit unterhalb des EU-Schwellenwerts von 5.538.000 Mio. Euro (s. Kindergarten) ab Erreichen des maßgeblichen Werts von 221.000 € EU-weit auszuschreiben sind. Eine rechtssichere Ausnahme für den öffentlichen Auftraggeber biete weiter § 3 Abs. 9 VgV. Danach können vom Auftraggeber korrekt geschätzte kleinere Lose unterhalb von 80.000 Euro bis zur Summe der Nettowerte dieser Lose von 20% des Gesamtwerts aller Lose national vergeben werden.

Eine „Problemlösung“ wird aktuell auf Basis eines „alternativen Beschaffungskonzepts“, das Prof. Dr. Burgi in einem Rechtsgutachten vorgelegt hat und das Planen und Bauen zu einem gemeinsamen Auftrag (s. § 103 Abs. 3 S.1, 2. Alt. GWB) verbindet, der dann regelmäßig ein Bauauftrag ist, diskutiert. Da die Planungsleistungen dann Teil der Bauleistung seien, gälte für sie der höhere Schwellenwert für Bauleistungen. Hierzu entstand eine rege und zum Teil sehr kritische Diskussion. Sogar von einer Umgehung des EU-Vergaberechts war die Rede.
Folgende Grundproblematiken des Alternativkonzepts, die noch zu lösen wären, wurden identifiziert:

  •  Was bedeutet „gemeinsame und gleichzeitige Vergabe“ nach § 103 Abs. 3 S. 1, 2. Alt. GWB?
    • „Alles aus einer Hand“ oder auftragsbezogen „Planen und Bauen als gemeinsamer Bauauftrag“? Die Entstehungsgeschichte des Begriffs „gemeinsame Vergabe“ in den EU-Richtlinien bietet für beide Auffassungen Argumente
    • Wie wäre ggf. „gemeinsame Vergabe“ möglich unter Beachtung des in Deutschland bestehenden Losgrundsatzes und der Pflicht aus § 97 Abs. 4 S. 1 und 2 GWB?
  •  Welches nationale Vergaberegime gilt für Vergaben der Planungsleistungen („Planungslose“)?
    • § 2 VgV spräche für die VOB/A (Verhandlungsverfahren/Freihändige Vergabe nach VOB/A denkbar?)
  • VOB/A für Bauleistungen (Baulose) und VgV/UVgO für Planung (so Prof Dr. Burgi).

Die Veranstaltung endete mit der Anregung, diese Fragen weiter im DVNW-Forum intensiv zu diskutieren, um letztlich Argumente für und wider zu identifizieren. Es bleibt spannend!

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