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Bundesregierung zum ELENA-Verfahren: Gesamtkosten nicht bezifferbar

Durch das ELENA-Verfahren (elektronisches Entgeltnachweis-Verfahren) sollte ab 2012 der Einkommensnachweis elektronisch mithilfe einer Chipkarte und einer elektronischen Signatur erbracht werden. Nachdem die Einführung zunächst auf 2014 verschoben werden sollte, einigten sich BMWi und BMAS im Juli darauf, ELENA einzustellen. In der Antwort der Bundesregierung (17/6864) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (17/6747) nach den bisher aufgelaufenen Kosten, heißt es, diese “sieht sich nicht in der Lage, die Gesamtkosten des ELENA-Verfahrens […] anzugeben.” Die Umsetzungsschwierigkeiten bei ELENA bestätigen nach Ansicht der Regierung die Notwendigkeit effektiver IT-Steuerungsstrukturen in Bund und Ländern und auch in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern.

ELENA-Verfahren

ELENA sollte zur Entbürokratisierung beitragen und Kosten sparen, indem alle zur Beantragung von Sozialleistungen nötigen Daten zentral gespeichert werden. So sollte der „elektronische Entgeltnachweis“ bei Anträgen auf Arbeitslosengeld,  Wohngeld  oder  Elterngeld  die  Arbeitgeberbescheinigungen auf Papier ersetzen.

Das ELENA-Verfahren umfasste dabei die zentrale Speicherung von Arbeitnehmerdaten und die Nutzung dieser Daten durch die Agenturen für Arbeit und weitere Stellen. Für Abfragen nach dem ELENA-Verfahren sollte jede beliebige, nach einheitlichem Standard funktionierende Signaturkarte mit Chip (EC-/Maestro-Card, elektronische Gesundheitskarte oder elektronischer Personalausweis) verwendet werden können. Die Identifizierung erfolgte durch das Signatur-Zertifikat.

Gründe der Einstellung

Die Bundesregierung hatte Mitte 2010 beschlossen, das ELENA-Verfahren einer grundsätzlichen Überprüfung zu unterziehen. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe auf Staatsekretärs-Ebene eingesetzt.

Die Einstellung im Juli diesen Jahres wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die erforderlichen Signaturkarten nicht schnell genug verbreiten (Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 18. Juli 2011). In der aktuellen Antwort der Bundesregierung heisst es dazu: “Die  Verbreitung  der  qualifizierten  elektronischen  Signatur  hängt  von  einer Reihe unterschiedlichster Faktoren ab, wie beispielsweise der Akzeptanz in der Bevölkerung,  der  Existenz  eines  geeigneten  Trägermediums  oder  den  wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten. Sie kann daher nicht mit ausreichender Sicherheit prognostiziert werden.“

Kosten

Gefragt nach den Gesamtkosten heisst es in der Antwort der Bundesregierung, diese verfüge nicht über die erforderlichen Informationen, um die Kosten, einschließlich der Kosten für Wirtschaft, Länder und Kommunen, angeben zu können. Das ELENA-Verfahrensgesetz sehe für die Jahre 2009 bis 2013 Bundesausgaben in Höhe von jährlich bis zu 11 Mio. Euro für die Errichtung und den Betrieb der Zentralen Speicherstelle und der Registratur Fachverfahren vor.

Insbesondere sei es nicht möglich, die den Beteiligten durch die Einstellung entstehenden, weiteren Kosten anzugeben.

Recycling

Die Bundesregierung werde ein Konzept erarbeiten, wie die bereits bestehende Infrastruktur des ELENA-Verfahrens und die gewonnenen Erfahrungen für ein einfacheres  und  unbürokratisches  Meldeverfahren  in  der  Sozialversicherung genutzt werden können. Das Verfahren hierzu befinde sich derzeit in der Abstimmung.

Daten gelöscht

Die Bundesregierung werde nach der Sommerpause die erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Aufhebung des ELENA-Verfahrens in die Wege leiten. Diese sehen u.a. vor, dass die bisher bei der Zentralen Speicherstelle gespeicherten Daten – ca. 700 Millionen Datensätze – unverzüglich und vollständig nach Inkrafttreten des Aufhebungsgesetzes gelöscht werden.

Lehren gezogen

Unmittelbare Auswirkungen des Scheiterns von ELENA auf andere IT-Großprojekte sieht die Bundesregierung nicht. “Die Umsetzungsschwierigkeiten bei ELENA bestätigen allerdings die Notwendigkeit effektiver IT-Steuerungsstrukturen in Bund und Ländern und auch in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern, wie sie im Rahmen der Föderalismusreform II durch Ergänzung des Grundgesetzes um Artikel 91c geschaffen wurden. Damit kann künftig IT-Projektrisiken wirksamer begegnet werden”, so die Regierung.

Insbesondere die frühzeitige und umfassende Befassung der IT-Verantwortlichen aller Bundesressorts (im IT-Rat) und der IT-Verantwortlichen der Länder unter Beteiligung der Kommunen (im IT-Planungsrat) ermögliche eine breite Basis für die Entscheidung über Großprojekte.

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