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Politik und MarktVerkehr

Besser gar kein, als wenig Wettbewerb? Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) für gesetzliche Direktvergabemöglichkeit

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) spricht sich für eine neue, gesetzlich verankerte Möglichkeit zur Direktvergabe von Schienenpersonennahverkehr (SPNV)-Leistungen aus. Grund: Da „von einem echten Wettbewerb kaum die Rede sein kann…müsse Bundeswirtschaftsminister Dr. Rösler seine bisherige ideologische Haltung zur Direktvergabe aufgeben“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Wenig erfolgreiche Verfahren

Zur Begründung verweist der VDV darauf, dass seit Mitte 2010 deutschlandweit vier Ausschreibungen von SPNV-Netzen mit einem Gesamtvolumen von fast 23 Millionen Zugkilometern im ersten Versuch erfolglos geblieben seien und deshalb in einem weiteren Verfahren vergeben werden mussten. In anderen Verfahren hätten nur zwei bis drei Unternehmen Angebote vorgelegt.

Prozesskosten

Wenn sich an den Ausschreibungen niemand oder kaum jemand beteilige, „dann kosten sie nur Geld und sind völlig ineffizient“, so der VDV, schließlich müssten Auftraggeber wie –nehmer hierfür Zeit und Personal aufwenden. Hauptgeschäftsführer Wolff verweist darauf, dass die Prozesskosten der Auftraggeber “letztlich beim Steuerzahler hängenbleiben“. Die aktuelle Situation bei SPNV-Vergaben schrecke kleine wie auch große Unternehmen eher ab, da sie die möglicherweise unnütz aufgewandten Kosten für die Beteiligung am Verfahren scheuten.

Direktvergabe als Ausweg

Die Direktvergabe sieht der VDV daher als „notwendiges Mittel für den Erhalt und die Leistungsfähigkeit im deutschen SPNV“. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass bis ins Jahr 2015 über 50 % der Betriebsleistungen neu vergeben würden, bei, so der Verband, gleichzeitig abnehmender Zahl interessierter Bieter. Daher müsse die Direktvergabe für SPNV-Leistungen eine gesetzlich eindeutig geregelte Alternative zum förmlichen Vergabeverfahren werden.

Fazit

Der vergaberechtliche Kniefall vor mangelnden Wettbewerb. Ob damit am Ende die Kosten für den Steuerzahler wirklich geringer werden? Eines übersieht der VDV bei seiner Argumentation gänzlich: Das die Anzahl notwendiger Bieter zur Erreichung eines kosteneffizienteren Angebots mit der Höhe des Auftragswertes abnimmt. Bei regelmäßig millionenschweren Aufträgen bedeutet nämlich bereits ein einziges Angebot mehr unter Umständen Kostenersparnisse im Gegenwert einer Stadthalle.

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Über Marco Junk

Der Jurist Marco Junk gründete im Jahr 2007 den Vergabeblog und 2010 gemeinsam mit Dipl.-Betriebsw. Martin Mündlein das Deutsche Vergabenetzwerk (DVNW). Er begann seine berufliche Laufbahn im Jahr 2004 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer und war danach als Bereichsleiter Vergaberecht beim Digitalverband bitkom tätig. Im Jahr 2011 leitete er die Online-Redaktion des Verlags C.H. Beck. Von 2012 bis 10/2014 war er Mitglied der Geschäftsleitung des bitkom und danach bis 10/2021 Geschäftsführer des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. Seit 2022 ist Marco Junk als Leiter Regierungsbeziehungen für das IT-Dienstleistungsunternehmen Atos tätig. Seine Beiträge geben ausschließlich seine persönliche Meinung wieder.

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