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Harte Kritik am Berliner Vergabebericht

Neun Monate nach der gesetzlichen Frist hat der Berliner Senat seinen ersten Vergabebericht vorgelegt. Er soll die Wirkung des Ausschreibungs- und Vergabegesetzes sowie die Arbeit der Vergabestellen untersuchen. Der Bericht vemeide aktuelle Zahlen und sei widersprüchlich, so das Berliner FAIRgabe-Bündnis.

„Dass der Senat und die zuständige Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung nicht in der Lage sind, Zahlen über die eigenen und mittelbar verantworteten Beschaffungsvorgänge zusammen zu tragen, ist als Grundlage für politische Entscheidungen unverantwortlich“, sagt Alexander Schudy vom Berliner Entwicklungspolitischen Ratschlag, einer Mitgliedsorganisation des Berliner FAIRgabe-Bündnisses.

Schätzungen statt Zahlen

Der Vergabebericht soll als Basis für eine fortschreitende Evaluation des Gesetzes dienen. Er nennt jedoch keine Zahlen für die Vergabeausgaben. „Weder insgesamt noch nach Bereichen aufgeschlüsselt. Zudem zeigt er nicht, wie viele kleine, mittelständische und große, regionale und ausländische Firmen an Vergabeverfahren teilnehmen und berücksichtigt werden“, kritisiert das Bündnis.

Offen bleibe auch in welchen Produktgruppen Schwierigkeiten mit den gesetzlichen Vorgaben bestehen. Die Angabe zu Vergabestellen insgesamt basiert laut Senatsbericht auf „groben Schätzungen“ von 2011, was Zweifel an der Aussagekraft der ausgewerteten Fragebögen aufkommen lasse, so das Bündnis. „Der Senat verwehrt der Öffentlichkeit und dem Abgeordnetenhaus einen tatsächlichen Einblick und damit die Kontrolle und Bewertung seiner Vergabepolitik“, so Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Landesverbandes Berlin. „Stattdessen präsentiert er Tendenzaussagen basierend auf Vermutungen und Verbandsmeinungen.“

Widersprüche

Zudem falle eine Vielzahl von Widersprüchen im Bericht auf: „Phrasenhaft spricht insbesondere die Industrie- und Handelskammer von enormen Bürokratiekosten, etwa in Bezug auf die Leistungsblätter zu Umweltschutzanforderungen“, so das Bündniss. Im Gegensatz dazu seien laut Vergabestellen mit deren Anwendung jedoch „keine besonderen Kosten verbunden“. Einerseits berichte der Senat über ausreichende beziehungsweise nicht erforderliche Schulung der Vergabestellen – andererseits werde im Bericht deutlich, dass eine solche Schulung dringend notwendig ist.

Wenig Schlussfolgerungen

Die vom Senat auf dieser Grundlage formulierten Prüfpunkte zur verbesserten Anwendung des Gesetzes bleiben nach Auffassung des Bündnisses entsprechend unscharf. Die Auswirkungen der vorgeschlagenen Härtefallklausel seien fraglich, da beispielsweise Produkte, für die die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen nachgewiesen werden müssen, „eher selten beschafft“ werden und auch Umweltkriterien „eher selten Anwendung finde[n]“. Eine Basis für die fortschreitende Evaluation des Gesetzes biete der Bericht in dieser Form nicht, so das Bündniss.

Über das Berliner FAIRgabe-Bündnis

Das Berliner FAIRgabe-Bündnis besteht seit 2007 aus umwelt- und entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen sowie aus Gewerkschaften. Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, dass Aufträge aus öffentlicher Hand unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und fairer Kriterien vergeben werden. Zurzeit besteht das FAIRgabe-Bündnis aus: Deutscher Gewerkschaftsbund Berlin Brandenburg, BUND Berlin, Berliner Entwicklungspolitischer Ratschlag (BER), Germanwatch und WEED.

Quelle: Berliner FAIRgabe-Bündnis / Redaktion Vergabeblog.de

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