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Politik und Markt

Windenergie zum Schnäppchenpreis? Erste deutsche Offshore-Ausschreibung beendet

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die Zuschläge bei der ersten Offshore-Windenergie-Ausschreibung in Deutschland für die Netzanbindung und Vergütung für bestehende Offshore-Windparkprojekte erteilt. Der Zuschlagswert fällt dabei deutlich niedriger und damit weitaus günstiger aus als erwartet: Drei Windparks – alle in der Nordsee – werden gar ohne staatliche Förderung oder zusätzliche Vergütung errichtet. Windenergie auf hoher See (“Offshore”) gilt für die nächste Dekade als wichtiger Treiber für den Ausbau der erneuerbaren Energien und soll bis 2025 in etwa 40-45 % des Gesamtstrombedarfs erzeugen.

EnBW und Dong sichern sich Zuschlag

Unter Berücksichtigung des Ausschreibungsvolumens von 1.550 Megawatt (MW) und der möglichen Netzanschlüsse konnten vier Gebote bezuschlagt werden. Insgesamt beträgt die bezuschlagte Gebotsmenge 1.490 Megawatt (MW).

Mit dem Zuschlag für den Offshore-Windpark „He Dreiht“ mit einer geplanten Kapazität von 900 Megawatt hat sich die EnBW Energie Baden-Württemberg AG in der ersten Offshore-Ausschreibung in Deutschland erfolgreich durchgesetzt. Überraschend: Das Gebot des Energieriesen aus Baden-Württemberg kommt gänzlich ohne EEG-Subventionen aus. „Wir setzen mit unserem erfolgreichen Gebot ein deutliches Zeichen, wohin die Reise in der Offshore-Technologie geht. Offshore-Windparks sind Kraftwerke auf See, die sich in Zukunft am Strommarkt refinanzieren können und damit auch ohne Förderung und volkswirtschaftliche Zusatzkosten einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Versorgungssicherheit in einem auf erneuerbaren Energien basierenden Energiesystem leisten können“, so Dirk Güsewell, bei EnBW zuständiger Leiter für den Ausbau des Erzeugungsportfolios des Unternehmens. Der EnBW Vorstandsvorsitzende Frank Mastiaux ergänzt: „Unser Gebot zeigt, dass die Marktintegration der Offshore-Technologie bis Mitte des nächsten Jahrzehnts möglich ist und Offshore-Wind wesentlich dazu beitragen kann, dass Deutschland seine energie- und klimapolitischen Ziele erfüllt.“

Gewinner der übrigen drei Projekte „OWP West“ (240 MW), „Borkum Riffgrund West 2“ (240 MW) und „Gode Wind 3“ (110 MW) ist der dänische Energiekonzern Dong Energy. Beide Unternehmen haben staatliche Anteilseigner, bei Dong Energy ist der dänische Staat, an EnBW ist das Land Baden-Württemberg beteiligt.

Verzicht auf staatliche Förderung: Offshore-Projekte ohne EEG-Vergütung

Bemerkenswert ist das Ergebnis der Zuschlagswerte. Der höchste Gebotswert, der noch einen Zuschlag erhalten hat, liegt bei 6,00 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und entfällt auf den Windpark „Gode Wind 3“. Bei den anderen drei Projekten liegt der Gebotswert gar bei 0,00 Cent pro Kilowattstunde. Diese Windparks kommen demnach völlig ohne EEG-Vergütung aus. Insgesamt ergibt sich über alle vier Offshore-Parks ein durchschnittlicher Zuschlagswert von 0,44 ct/kWh. Bislang lag die staatliche Unterstützung für Offshore-Windkraftanlagen bei 18,4 Cent pro Kilowattstunde.

Bei den ausgeschriebenen Offshore-Windparks handelt es sich um Vorhaben, die voraussichtlich erst in sieben bis acht Jahren in Betrieb gehen. Bis dahin gehen die Projektträger EnBW und DongEnergy von einer rasch fortschreitenden Technologieentwicklung und zunehmenden Professionalisierung der Branche aus. Zudem profitiert EnBW bei dem Projekt „He Dreiht“ nach Unternehmensangaben aufgrund der räumlichen Nähe zu den beiden EnBW-Windparks Hohe See und Albatros von Kostensenkungs- und Synergieeffekten.

Bundesnetzagentur zufrieden mit niedrigem Zuschlagswert

„Mit 0,44 ct je kWh liegt der durchschnittliche gewichtete Zuschlagswert weit unterhalb der Erwartungen“, so BNetzA-Präsident Jochen Homann. „Das Ausschreibungsverfahren hat demnach mittel- und langfristige Kostensenkungspotentiale freigesetzt, die zu einer in diesem Umfang nicht erwarteten Senkung der Förderung führen werden“. Die Offshore-Windenergie stelle so ihre Wettbewerbsfähigkeit mit Nachdruck unter Beweis, was für den Stromverbraucher sehr erfreulich sei. Es sei allerdings offen, ob sich so niedrige Zuschlagswerte in der nächsten Ausschreibung wiederholen werden.

Kritik vom Bundesverband WindEnergie

Der Verzicht auf staatliche Förderung, der für Stromkunden eine Entlastung bedeuten dürfte, wird vom Bundesverband WindEnergie teilweise anders eingeordnet. Insbesondere weist der Verband auf signifikante Unterschiede zwischen EEG-Systematik und Auktionssystem hin, die eine Vergleichbarkeit der Vergütungen erschweren. Die Erwartungen insbesondere staatlicher Anteilseigner führten zu einem stark risikoorientieren Verhalten, so der Verband in einer Stellungnahme. Die Anbieter stünden offenbar unter einem hohem Erfolgsdruck, den Wegfall atomarer und fossiler Kapazitäten durch Erneuerbare Energien zügig zu kompensieren. Nicht auszuschließen sei auch, dass eine anteilige interne Inanspruchnahme der Erlöse im eigenen Stromvertrieb mit in die Kalkulation eingeflossen ist. Dies mache einen unmittelbaren Vergleich der bisherigen EEG-Vergütungen der Projektfinanzierung mit den Auktionsergebnissen unmöglich, so Hermann Albers, Präsident des  Bundesverbandes WindEnergie. Sollten die hinter den Geboten stehenden Annahmen bis zum Bau der Projekte in den Jahren 2021 bis 2025 nicht belastbar sein, stehe die Umsetzung in Frage. Dies würde energiewirtschaftliche Verwerfungen nach sich ziehen, so Albers.

Der Verband rät der Bundesregierung, im Ausschreibungssystem nachzusteuern und Leitplanken für einen fairen Wettbewerb, wie sie in anderen Gesetzen etabliert sind, einzuziehen. Im Vergaberecht etwa haben alle Bundesländer verankert, dass nicht das billigste, sondern das wirtschaftlichste Gebot den Zuschlag erhält (sog. Bestbieterprinzip).

Quellen: Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR), EnBW, Bundesverband WindEnergie

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