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Schwarzbuch Bauwirtschaft – Fallstricke bei der öffentlichen Auftragsvergabe

Das Thema öffentlichen Auftragsvergabe ist für Unternehmen der Bauwirtschaft in Sachsen und Sachsen-Anhalt von existenzieller Bedeutung. Schließlich wird dort knapp ein Drittel des gesamten Umsatzvolumens im Bauhauptgewerbe im öffentlichen Bau erzielt.

Öffentliche Hand trägt als Auftraggeber Verantwortung

Die öffentliche Hand trägt als Nachfrager von Bauleistungen eine große Verantwortung. Neben der Bereitstellung der nötigen Investitionsmittel müssen öffentliche Ausschreibungen fachlich und sachlich richtig durchgeführt werden sowie die Angebotsbewertung, Überwachung und Abwicklung des Bauablaufs fachgerecht erfolgen. Die Fülle an Formalitäten, die zu erbringenden Erklärungen, erforderliche Nachweise, Bescheinigungen und Referenzen sowie unvollständige, fehlerhafte oder in sich widersprüchliche Vertrags- und Planungsunterlagen führt dabei fast zwangsläufig zu einer erheblichen Fehlerquote. Neben der Gefährdung der Bauqualität verursachen derartige Fehler einen nicht unerheblichen volkswirtschaftlichen Schaden.

“Worst Practice”: Schwarzbuch benennt reale Negativbeispiele

Das beweist auch das neue Schwarzbuch Bauwirtschaft des Bauindustrieverbandes Sachsen/ Sachsen-Anhalt e. V. (BISA), in dem der Verband konkrete Probleme der Bauunternehmen benennt und anhand von Fallbeispielen aus Sachsen und Sachsen-Anhalt die bestehenden Missstände bei der öffentlichen Auftragsvergabe auf Landesebene und auf kommunaler Ebene aufzeigt. Daraus ableitend formuliert der BISA seine Forderungen zur Optimierung der Vergabe und Abwicklung öffentlicher Bauvorhaben.

Nur ein Beispiel aus dem Schwarzbuch:

Beim Bau von zwei Rettungswachen in einem Landkreis Sachsen-Anhalts traten, trotz Prüfung der Planungsunterlagen durch das zuständige Bauamt, nach Beginn der Bauarbeiten gravierende Planungsfehler zu Tage. So wurden u. a. Zufahrtswege vergessen und die Stellplätze waren für Rettungswagen zu schmal. Im Juni 2014 wurde ein Baustopp verhängt. Die Baufertigstellung verschob sich auf Ende 2016, die Gesamtkosten des Bauvorhabens erhöhten sich um ca. 1,5 Mio. Euro.

Fehlervermeidung durch BIM

Um etwa moderne Planungsmethoden wie beispielsweise BIM (Building Information Modeling) zu nutzen und derartige Missstände beheben zu können, bedarf es nicht zuletzt ausreichender Bauherrenkompetenz in den zuständigen Stellen. Daher können die bestehenden Probleme nur mit qualitativ und quantitativ gut besetzten Vergabestellen und Bauverwaltungen behoben werden. Letztlich führen Fairness, gerechte Risikoverteilung und Transparenz zu weniger Streit und zufriedenstellenden baulichen Lösungen für alle. Damit BIM als Planungsinstrument Erfolg habe, müssen alle rechtlichen Fragen sowie  die Schnittstellenproblematik gelöst werden.

Die BISA fordert daher u.a..:

  • die Vergabestellen wieder personell in die Lage zu versetzen, Bauvorhaben sach- und fachgerecht zu planen,
  • das Personal in den Vergabestellen zu schulen und weiterzubilden,
  • die eigene Fachkompetenz der Auftraggeber und die  Fachkompetenz der beauftragten Planungsbüros in allen Leistungsphasen
    sicher zu stellen und regelmäßig zu überprüfen,
  • die Landes- bzw. kommunale Aufsicht bei beauftragten Planungsbüros  zu verstärken.

Noch Luft nach oben

Die im “Schwarzbuch” gesammelten Negativbeispiele zeigen vor allem, dass hier noch reichlich Raum für Verbesserungen besteht. Ein besonders großes Ärgernis bleibt die Qualität der Ausschreibungen: Während sich auf Landesebene in Sachsen ein leicht positiver Trend erkennen lässt, gilt dies laut BISA-Mitgliederumfrage nicht für Sachsen-Anhalt. Hier bewerten 20 Prozent der Unternehmen die Qualität der Ausschreibungen als rückläufig. Bei beiden Ländern entstehen dabei insbesondere auf kommunaler Ebene Probleme. Planungsfehler auf Seiten der Auftraggeber führen überdies zu Mehrkosten und teils erheblichen Verzögerungen im öffentlichen Bau.

Das vollständige Schwarzbuch können Sie hier downloaden (PDF, 744 KB).

Quelle: Bauindustrieverband Sachsen/Sachsen-Anhalt e. V.

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