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Bund, Länder und Kommunen kaufen selten strategisch ein

Der Einkaufsprozess in öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen ist selten strategisch gestaltet – meist konzentrieren diese sich auf vergaberechtliche Fragen und die Vermeidung von Rechtsverstößen, so lautet eines der Ergebnisse einer Umfrage des Instituts für den öffentlichen Sektor e.V. und KPMG.

Zum Teil würden die Beschaffungsabteilungen noch als reine Bestellabwickler fungieren. Zudem seien die Beschaffungsprozesse kaum digitalisiert und Nachhaltigkeit würde nur eine begrenzte Rolle spielen, lauten die weiteren Ergebnisse der Befragung unter 76 Einkaufsabteilungen von Institutionen und Unternehmen bei Bund, Ländern und Kommunen.

Gut 40 Prozent der Befragten beschäftigten sich der Umfrage nach überhaupt nicht mit strategischen Fragen wie Warengruppenstrategien oder proaktiven Marktanalysen. In zwei Dritteln der befragten Beschaffungsstellen ist ein Lieferantenmanagementprozess nicht vorhanden. Nur etwa jeder vierte Befragungsteilnehmer wird bereits im Rahmen der Budgetplanung als Beschaffer eingebunden (28 Prozent). Gut ein Fünftel wird sogar erst nach Erstellung des Leistungsverzeichnisses tätig, was auf eine rein operative Bestellausführung hindeutet. In knapp der Hälfte der Fälle gibt es für die für Beschaffung zuständigen Organisationseinheit keine klar definierten Ziele.

Öffentliche Unternehmen strategischer aufgestellt als Verwaltung

Ein differenziertes Ergebnis ergibt sich, wenn die Beschaffungsstellen in öffentlichen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung separat betrachtet werden. So geben nur 15 Prozent der befragten Unternehmen an, sich gar nicht mit strategischen Fragen zu beschäftigen. Immerhin knapp die Hälfte der befragten Beschaffer aus öffentlichen Unternehmen gibt an, sich für ausgewählte Warengruppen fortlaufend mit strategischen Fragen zu beschäftigen. Bei der Verwaltung ist der Anteil, der sich nicht mit strategischen Fragen beschäftigt, mit 52 Prozent deutlich höher.

Digitalisierung von Beschaffungsprozessen

Nur bei 16 Prozent der Befragten sind die Beschaffungsprozesse weit- oder durchgehend digitalisiert. Clemens Dicks, Partner und Einkaufsexperte des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG sagt dazu: „Da die E-Vergabe inzwischen verpflichtend ist, kann sie als erster Schritt der Digitalisierung gesehen werden. Dass Prozessoptimierung und Standardisierung als wichtige Herausforderungen genannt wurden, spricht dafür, dass die Beschaffungsstellen diese Themen zunehmend in den Fokus nehmen.“

Nachhaltigkeit noch keine Selbstverständlichkeit

Zwar geben immerhin 44 Prozent der Befragten an, Umweltkriterien häufig oder immer bei Vergaben zu berücksichtigen. Aber bei fast genauso vielen (40 Prozent) geschieht dies nur manchmal, bei den übrigen nur selten oder nie. Sofern Umweltkriterien berücksichtigt werden, sind sie in mehr als der Hälfte der Fälle ein Zuschlagskriterium.

Zur Umfrage

Befragt wurden mittels Fragebogen deutschlandweit Beschaffungsstellen von Bund, Ländern und Kommunen im Zeitraum November 2019 bis Februar 2020. 76 öffentliche Institutionen und öffentliche Unternehmen haben sich an der Befragung beteiligt. Davon 53 Prozent auf kommunaler Ebene, 33 Prozent auf Länderebene und 14 Prozent auf Bundesebene. Zwei Drittel der Teilnehmer ordnen sich der öffentlichen Verwaltung zu (zum Beispiel einem Ministerium, einer nachgeordneten Behörde oder der Stadtverwaltung). Gut ein Viertel ist in einem öffentlichen Unternehmen tätig, knapp 10 Prozent in einer sonstigen öffentlichen Institution.

Weitere Informationen sowie den Studienbericht finden Sie hier.

Quelle: Umweltbundesamt

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