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Politik und Markt

Hamburg: Rechnungshof veröffentlicht Jahresbericht 2023

Mit seinem Jahresbericht teilt der Rechnungshof seine Prüfungsergebnisse der Bürgerschaft, dem Senat und der Öffentlichkeit mit. Er ist eine wesentliche Grundlage für die Entlastung des Senats durch die Bürgerschaft.

Jahresergebnis 2021 – trotz Corona-Pandemie nur geringer Fehlbetrag

Soweit die Corona-Pandemie im Hamburger Haushalt zusätzliche Aufwendungen verursacht hat, wurden diese im Ergebnis insbesondere durch die positive Entwicklung der Steuererträge kompensiert. Das bereinigte Jahresergebnis des Kernhaushalts schließt zwar negativ mit 128 Mio. Euro ab, es ist damit aber um rund 435 Mio. Euro besser als das geplante Jahresergebnis, das gemäß dem Abbaupfad des strukturellen doppischen Haushaltsdefizits noch einen Fehlbetrag in Höhe von 563 Mio. Euro zugelassen hätte. Wegen der – trotz der Pandemiesituation – überdurchschnittlich hohen Steuererträge waren rund 480 Mio. Euro der Konjunkturposition zuzuführen. Die Konjunkturposition, die für Zwecke des Haushaltsausgleichs in Jahren mit unterdurchschnittlichen Steuererträgen aufgelöst werden kann, stieg auf fast 5,3 Mrd. Euro an.

Bestätigungsvermerk weiterhin eingeschränkt

Die Mängel in der Buchhaltung der Stadt, die bereits in den Vorjahren zu nur eingeschränkten Bestätigungsvermerken führten, bestehen im Wesentlichen fort.
Neben insgesamt durchaus erkennbaren Fortschritten, legte die Prüfung durch den Rechnungshof nun aber auch wesentliche Mängel in dem IT-Verfahren PROSOZ offen.

Aktenführung benötigt stärkere Aufmerksamkeit

Der Rechnungshof hat in den letzten Jahren immer wieder Mängel in der Aktenführung der Verwaltung festgestellt. Teilweise vermochten es die Behörden trotz Zusagen und eingeleiteter Maßnahmen nicht, die Mängel abzustellen. Akten sind das Gedächtnis der Verwaltung. Verwaltungsentscheidungen müssen revisionssicher dokumentiert werden, damit sie auch einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden können. Der Rechnungshof führt im vorgelegten Jahresbericht eine Vielzahl von – die Rechtssicherheit gefährdende – Feststellungen zur Aktenführung aus unterschiedlichen Prüfungen in einem Beitrag zusammen, um für Bürgerschaft und Senat einen Fokus auf diese Problematik zu setzen.

Mangelnde IT-Sicherheit in Hochschulen

Die kürzlichen und andauernden IT-Ausfälle infolge eines Hackerangriffs auf die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg zeigen die Verwundbarkeit der Hochschul-IT. Der Rechnungshof hat die Hochschulen bereits zuvor im Rahmen einer Prüfung auf Mängel ihrer IT-Sicherheit hingewiesen. Die Wahrnehmung von IT-Aufgaben in kleinen Einheiten birgt erhebliche Risiken. Die festgestellten Mängel zeigen, dass die Hochschulen an die Grenzen dessen gelangen, was für sie leistbar ist. Mehr Kooperationen oder ein gemeinsamer IT-Betrieb würden die IT-Sicherheit stärken.

Umweltrisiken bei Industrieanlagen noch immer unzureichend überwacht

Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) hat erhebliche Defizite bei der Überwachung von Industrieanlagen mit besonderen Umweltrisiken – sogenannte IED-Anlagen – und Störfall-Betriebsbereichen. Bereits bei Prüfungen in den Jahren 2014 und 2019 hatte der Rechnungshof erhebliche Mängel bei der Überwachung von IED-Anlagen festgestellt. Die Behörde hatte jeweils zugesagt, die Mängel abzustellen.
Bei der Überprüfung im Jahr 2022 zeigten sich für die Jahre 2018 bis 2020 noch immer Überwachungsdefizite von nahezu 28 % bei den vom Rechnungshof betrachteten IED-Anlagen. Bei einzelnen Anlagen war die Vor-Ort Besichtigung seit zwei oder mehr Jahren überfällig. Bei den Störfall-Betriebsbereichen bestanden vergleichbare Mängel. Angesichts der von den Anlagen ausgehenden Gefahren ist es zwingend geboten, dass die BUKEA diesen Pflichtaufgaben nachkommt.

Mängel im Baumanagement führen zu Planungs- und Kostenrisiken

Seitdem das Kostenstabile Bauen 2012 eingeführt wurde, verantworten die Bedarfsträger die Planung und Finanzierung der Baubedarfe. Die BUKEA ist verantwortlich für die Maßnahmen zum Hochwasserschutz in Hamburg. Nach über 10 Jahren hat die BUKEA selbst erklärt, sie werde ihre Rolle als Bedarfsträgerin auch weiterhin nicht vollständig erfüllen können. Die BUKEA ließ Kettenbeauftragungen von Realisierungsträgern zu und leistete 1,8 Mio. Euro Vergütungen an den Landesbetrieb für Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG), ohne dass entsprechende Leistungen erbracht wurden; sie definiert keine Bau- und Qualitätsstandards und informierte die Bürgerschaft nur mangelhaft über die Verzögerungen und Kostensteigerungen bei den Baumaßnahmen zur Erhöhung des Hochwasserschutzes. Die Dauer des aktuellen Bauprogramms hat sich von 25 Jahren auf mindestens 38 Jahre deutlich erhöht. Statt der ursprünglichen 550 Mio. Euro (2012) sind die Baukosten mit mind. 1,3 Mrd. Euro angegeben worden.

Bei der Modernisierung der Alster-Schwimmhalle – ebenfalls ein Projekt im Verantwortungsbereich der BUKEA – versäumte es die Behörde, für eine anforderungsgerechte Bedarfsplanung zu sorgen. Zudem akzeptierte sie für die Maßnahme veraltete Kostenschätzungen und mit Mängeln behaftete Antragsunterlagen. Die bereits von der baufachlichen Prüfung angekündigten Kostensteigerungen muss die BUKEA zum Anlass nehmen Gegenmaßnahmen zu ergreifen und ihr Maßnahme-Controlling zu intensivieren.

Grundlagen für Verwaltungsentscheidungen oftmals lückenhaft

Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Erfolgskontrollen und Vergabeverfahren liefern die Grundlagen für fundierte finanzwirksame Entscheidungen. Der Jahresbericht zeigt erneut, dass die Behörden in vielen Fällen die Schaffung dieser Grundlagen versäumten, die Erstellung fehlerhaft war oder die Unterlagen nicht dokumentiert wurden, was eine nachgehende Kontrolle verhindert. So wurde die Budgetfinanzierung der Eingliederungshilfe ausgeweitet, ohne den Erfolg einer zuvor begrenzt durchgeführten Budgetierung von Trägern zu kontrollieren. Auch beim gemeinsamen Arbeitsmarktprogramm, das Hamburg immerhin mit rund 90 Mio. Euro finanzierte, mangelte es an Erfolgskontrollen. Bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen von 50 Baumaßnahmen mit einem Volumen von 450 Mio. Euro gab es bei 22 % gar keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und bei weiteren 40 % waren sie unzureichend. Mithin gab es keine angemessene WU in 2/3 der Fälle.
Bei Vergabeverfahren waren bei der vom LSBG durchgeführten Vergabe von Bauleistungen für eine Baumaßnahme des Hochwasserschutzes Vergabeunterlagen widersprüchlich. Zehn Beschaffungsvorgänge beim Projekt „Oberbillwerder“ waren mangelhaft, z. B. gab es in keinem Fall eine hinreichende Bedarfsermittlung. In vielen Fällen kam es zu einem Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz und den Transparenzgrundsatz sowie eine fehlerhafte Vertragsgestaltung. Bei der Beschaffung durch den Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung (LGV) wurde ein öffentlicher Auftrag ganz ohne Wettbewerb direkt an ein Unternehmen vergeben.

Qqueelle: Hamburg

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