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Politik und Markt

Handelsabkommen zwischen EU und Neuseeland zur Ratifizierung vorgelegt

Die Europäische Kommission hat das Handelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland dem Rat zur Unterzeichnung übermittelt und es damit der Ratifizierung einen Schritt näher gebracht. Sobald der Rat – also die 27 Mitgliedstaaten – zugestimmt haben, können die EU und Neuseeland das Abkommen unterzeichnen. Stimmt anschließend das Europäische Parlament zu, kann das Abkommen in Kraft treten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies auf die großen Chancen hin, die das Abkommen Unternehmen, Landwirten und Verbrauchern auf beiden Seiten bietet. „Es wird auch dazu beitragen, gerechtes und grünes Wachstum, kombiniert mit beispiellosen sozialen und klimapolitischen Verpflichtungen, herbeizuführen. Auf diese Weise wird es den Industrieplan für den Grünen Deal fördern und uns dabei helfen, unser Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.“

Mehr Ausfuhren, mehr Investitionen und ein Abbau der Zölle

Das Abkommen dürfte der EU erhebliche Vorteile bringen. Der bilaterale Handel dürfte um bis zu 30 Prozent wachsen, während sich die jährlichen EU-Ausfuhren um bis zu 4,5 Milliarden Euro erhöhen könnten. Die EU-Investitionen in Neuseeland könnten um bis zu 80 Prozent steigen. Das Abkommen kann Unternehmen in der EU ab dem ersten Jahr der Anwendung einen Zollabbau in Höhe von jährlich etwa 140 Millionen Euro bringen.

Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident und Handelskommissar, hob die Bedeutung von neuen wirtschaftlichen Chancen für die Wettbewerbsfähigkeit Europas und die Diversifizierung von Lieferketten hervor, angesichts des sehr schwierigen geopolitischen Kontexts: „Dieses Abkommen der neuen Generation wird eine Fülle neuer Ausfuhrmöglichkeiten für Unternehmen – auch KMU – aus der EU sowohl bei Waren als auch bei Dienstleistungen eröffnen. Es enthält außerdem ambitioniertere Nachhaltigkeitsverpflichtungen als jedes bisherige Handelsabkommen.“

Offener Handel – ein wichtiger Bestandteil des Industrieplans für den Grünen Deal

Ein offener Handel ist eine der vier Säulen des von Präsidentin von der Leyen am 1. Februar 2023 angekündigten Industrieplans für den Grünen Deal, und dieses Abkommen wird dazu einen Beitrag leisten. Sobald es in Kraft ist, wird es dazu beitragen, die EU-Wirtschaft umweltfreundlicher, wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger zu machen.

Neue Ausfuhrmöglichkeiten für große und kleine Unternehmen

Das Abkommen eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten, indem

  • alle Zölle auf EU-Ausfuhren nach Neuseeland abgeschafft werden;
  • der neuseeländische Dienstleistungsmarkt in Schlüsselbranchen wie Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Seeverkehr und Zustelldiensten geöffnet wird;
  • eine nichtdiskriminierende Behandlung von EU-Investoren in Neuseeland und umgekehrt sichergestellt wird;
  • die Teilnahme von EU-Unternehmen an neuseeländischen öffentlichen Ausschreibungen für Waren, Dienstleistungen, Bauprojekte und Baukonzessionen verbessert wird;
  • die Datenströme erleichtert und berechenbare, transparente Regeln für den digitalen Handel sowie ein sicheres Online-Umfeld für Verbraucher gefördert werden;
  • ungerechtfertigte Anforderungen an die Datenlokalisierung verhindert werden und ein hohes Maß an Schutz personenbezogener Daten erhalten wird;
  • kleine Unternehmen durch ein eigenes Kapitel über kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt werden, mehr auszuführen;
  • Konformitätsanforderungen und -verfahren erheblich abgebaut werden, um einen schnelleren Warenfluss zu ermöglichen;
  • Neuseeland erhebliche Verpflichtungen zum Schutz und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den EU-Standards eingegangen ist.

Agrar- und Ernährungswirtschaft: EU-Ausfuhren ankurbeln, für die EU sensible Bereiche abschirmen

Die EU-Landwirte werden unmittelbar ab der Anwendung des Abkommens deutlich bessere Möglichkeiten haben, ihre Erzeugnisse in Neuseeland zu verkaufen. Zölle auf wichtige EU-Ausfuhren wie Schweinefleisch, Wein und Schaumwein, Schokolade, Zuckerwaren und Kekse werden ab dem ersten Tag abgeschafft.

EU-Landwirte werden zusätzlich zu den Zollsenkungen noch weitere Verbesserungen spüren. Das Abkommen schützt die vollständige Liste der Weine und Spirituosen aus der EU (beinahe 2.000 Namen), wie Prosecco, Polska Wódka, Rioja, Champagne und Tokaji. Ferner werden 163 der renommiertesten traditionellen Erzeugnisse aus der EU (geografische Angaben) – etwa  Käsesorten wie Asiago, Feta, Comté oder Queso Manchego, Istarski pršut (istrischer Schinken), Lübecker Marzipan, Elia Kalamatas (Oliven) – in Neuseeland geschützt.

Das Abkommen trägt den Interessen der EU-Erzeuger von sensiblen landwirtschaftlichen Erzeugnissen – einige Milcherzeugnisse, Rind- und Schaffleisch, Ethanol und Zuckermais – Rechnung. In diesen Bereichen wird es keine Liberalisierung des Handels geben. Stattdessen wird das Abkommen durch sogenannte Zollkontingente nur begrenzte Mengen von zollfreien Einfuhren oder Einfuhren mit niedrigerem Zollsatz aus Neuseeland erlauben.

Ambitionierte Nachhaltigkeitsverpflichtungen wie in keinem Handelsabkommen zuvor

Das Handelsabkommen zwischen der EU und Neuseeland ist das erste, in das der neue Ansatz der EU zu Handel und nachhaltiger Entwicklung einfließt. Dieser Ansatz wurde erst eine Woche vor dem Abschluss der Verhandlungen über das Abkommen im Juni 2022 (in der Mitteilung „Die Macht von Handelspartnerschaften: gemeinsam für ein grünes und gerechtes Wirtschaftswachstum“) angekündigt.

Beide Seiten einigten sich auf ehrgeizige Verpflichtungen im Bereich Handel und nachhaltige Entwicklung, die ein breites Themenspektrum abdecken und auf Zusammenarbeit und einer verstärkten Durchsetzung beruhen. Das schließt auch die Möglichkeit von Sanktionen als letztes Mittel ein, wenn es zu schwerwiegenden Verstößen kommt gegen grundlegende arbeitsrechtliche Prinzipien oder gegen das Übereinkommen von Paris.

Zum ersten Mal beinhaltet ein EU-Handelsabkommen ein eigenes Kapitel über nachhaltige Lebensmittelsysteme, einen eigenen Artikel über Handel und die Gleichstellung der Geschlechter sowie eine besondere Bestimmung über Handel und die Reform der Subventionierung fossiler Brennstoffe. Beim Inkrafttreten des Abkommens werden auch Umweltschutzwaren und -dienstleistungen liberalisiert.

Dies steht im Einklang mit den aus der Konferenz zur Zukunft Europas hervorgegangenen Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger, nachhaltigen Handel zu fördern und zugleich neue Möglichkeiten für europäische Unternehmen zu erschließen.

Nächste Schritte

Nachdem der Rat den Beschluss über die Unterzeichnung angenommen hat, können die EU und Neuseeland das Abkommen unterzeichnen. Nach der Unterzeichnung wird der Text an das Europäische Parlament zur Zustimmung übermittelt. Nachdem das Parlament seine Zustimmung erteilt hat, kann der Rat den Beschluss über den Abschluss verabschieden. Sobald Neuseeland mitgeteilt hat, dass es das Ratifizierungsverfahren ebenfalls abgeschlossen hat, kann das Abkommen in Kraft treten.

Hintergrund

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Neuseeland begannen im Juni 2018. Bis März 2022 fanden zwölf Verhandlungsrunden statt. Es folgten jeweils Gespräche zwischen den Sitzungen bis zum Abschluss der Verhandlungen am 30. Juni 2022. Das Abkommen wurde dann von Präsidentin von der Leyen und anschließend der neuseeländischen Premierministerin Ardern in Gegenwart der beiden Verhandlungsführer – Exekutiv-Vizepräsident Dombrovskis und Handelsminister O’Connor – verkündet.

Quelle: EU Kommission

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