Vergabeblog

"Fundiert, praxisnah, kontrovers"
ITKPolitik und Markt

Korruptionsregister Schleswig-Holstein – teure Datenbank ohne Daten

“Das Wirtschaftsministerium arbeitet seit über 2 Jahren an einem elektronischen Korruptionsregister. Ein produktiver Einsatz ist nicht absehbar”, heißt es in den Bemerkungen 2016 des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein.

Das gemeinsame Register hat seinen Sitz in Hamburg. Die Kosten für Entwicklung und den Betrieb des IT-Verfahrens tragen die Länder je zur Hälfte. Dataport soll das elektronische Korruptionsregister entwickeln und betreiben. Der lesenswerte Bericht des LHR ist ein Paradebeispiel dafür, warum IT-Projekte der öffentlichen Hand oftmals scheitern, denn, wie der LHR zutreffend schreibt “die Teilnahme an einer jährlich tagenden Lenkungsgruppe reicht nicht aus”.

Auszug aus dem Bericht dem Landesrechnungshofs:

“Das Wirtschaftsministerium hat im März 2013 eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt. Darin schätzte es die Entwicklungskosten für das Verfahren auf 131 T€. Im Februar 2014 lieferte der Entwicklungs- und Betriebsvertrag zwischen Dataport und Hamburg konkrete Zahlen. Er wies Entwicklungskosten von 181 T€ aus. Hierauf gewährte Dataport einen Rabatt von 22.800 €. Somit beliefen sich die geplanten Entwicklungskosten auf 158 T€. Hinzu kommen jährlich 25 T€ für den Betrieb der technischen Infrastruktur.

Im Februar 2015 legte das Wirtschaftsministerium dem Zentralen IT-Management eine vorläufige Kostenschätzung für die Restarbeiten vor. Sie wies für 2015 weitere Entwicklungskosten von rund 92 T€ aus. Das wären insgesamt 222 T€ und entspräche einer Steigerung um mehr als 40 % gegenüber den ursprünglich geplanten 158 T€.

[…]

Der für Anfang 2015 geplante Verfahrenstest war im November 2015 immer noch nicht beendet. Das Wirtschaftsministerium begründet dies mit personellen Veränderungen bei Dataport. Auch am 31.12.2015 waren die Entwicklungsarbeiten noch nicht abgeschlossen. Ein belastbarer und mit dem Kooperationspartner Hamburg abgestimmter Kostenplan fehlte weiterhin. Es ist nicht absehbar, wann das elektronische Korruptionsregister in Betrieb geht und wie hoch die Entwicklungskosten sein werden.

[…]

Der LRH hat mehrfach festgestellt, dass IT-Projekte scheitern oder sich verzögern, weil die erforderlichen qualitativen und quantitativen Ressourcen an Sachmittel und Personal fehlen. Gerade in Zeiten knapper Mittel sollte das Land nur dann IT-Projekte beginnen, wenn für deren Einführung und Betrieb sowohl beim Land als auch beim Vertragspartner die erforderlichen Ressourcen vorhanden sind.

[…]

Für das Korruptionsregister wurde eine Lenkungsgruppe eingerichtet. Sie soll grundsätzliche Fragen zur Planung und zur Umsetzung dieses Projekts regeln. Den Vorsitz hatte 2014/2015 das Wirtschaftsministerium…Außer den Protokollen der Lenkungsgruppe lagen dem Ministerium keine Berichte über den Verlauf des Projekts vor. Weitere Controlling-Mechanismen wie beispielsweise eine Meilensteinplanung existieren nicht.

Angesichts eines Kostenanteils von 50 % muss das Wirtschaftsministerium stärkeren Einfluss auf den Verlauf des Projekts nehmen. Die Teilnahme an einer jährlich tagenden Lenkungsgruppe reicht nicht aus. Vielmehr muss das Wirtschaftsministerium mit seinen Kooperationspartnern verbindliche Zeit- und Budgetvorgaben vereinbaren, um das Projekt wirksam steuern zu können. Diese sind regelmäßig auf Grundlage von Statusberichten zu evaluieren.”

Bedarf für ein elektronisches Korruptionsregister vorhanden?

Bis zum 31.12.2015 wurden der zentralen Informationsstelle im Wirtschaftsministerium keine Rechtsverstöße mitgeteilt, die in das Korruptionsregister einzutragen sind…Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob ein automatisiertes Verfahren in dem vorgesehenen Umfang notwendig und wirtschaftlich ist. IT ist kein Selbstzweck. Automatisierte IT-Verfahren sind nicht grundsätzlich sachgerecht und wirtschaftlich. Deshalb muss zunächst der Bedarf für ein neues IT-Verfahren festgestellt werden. Erst in einem zweiten Schritt ist zu klären, wie es wirtschaftlich umzusetzen ist.”

Sie finden den vollständigen Bericht des LHR hier.

Teilen
1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (2 votes, average: 3,00 out of 5)
Loading...
dvnwlogo Artikel im Deutschen Vergabenetzwerk (DVNW) diskutieren .
Druckansicht Druckansicht

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert