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Der letzte Schliff der UVgO – Rolle rückwärts oder das Beste zum Schluss?

UVgOAm 07.02.2017 wurde die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie soll den 1. Abschnitt der bisher geltenden Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) ersetzen. In ihrer letzten Fassung wurde die UVgO noch in einigen Punkten geändert. Dieser Beitrag vergleicht die Endfassung der UVgO mit dem bislang bekannten Diskussionsentwurf (nachfolgend: Entwurf) vom 31.08.2016.

1. Wahl der Verfahrensart

Öffentliche Auftraggeber sollen grundsätzlich weiterhin die Wahl zwischen der Öffentlichen und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb haben, § 8 Abs. 2 UVgO. Wenn eine Öffentliche Ausschreibung zu keinem wirtschaftlichen Ergebnis geführt hat, dürfen sie eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb durchführen, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UVgO. Eine Verhandlungsvergabe ist zulässig nach Aufhebung einer Öffentlichen oder Beschränkten Ausschreibung, wenn ihre Wiederholung kein wirtschaftliches Ergebnis verspricht, § 8 Abs. 4 Nr. 4 UVgO. Die neue Formulierung des fehlenden „wirtschaftlichen Ergebnisses“ soll die bisherige ersetzen, wonach keine zuschlagsfähigen Angebote eingereicht worden sind.

Eine Erleichterung ergibt sich bei der Beschaffung von Ersatzteilen für Maschinen und Geräte: Öffentliche Auftraggeber sollen jetzt direkt mit dem Lieferanten der ursprünglichen Leistung in die Verhandlungsvergabe eintreten dürfen, wenn eine anderweitige Beschaffung unwirtschaftlich wäre, § 8 Abs. 4 Nr. 13 UVgO.

Für die Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen i.S.v. § 130 GWB oder verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen enthalten § 49 und § 51 UVgO i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 3 UVgO einige Sondervorschriften.

2. Freiberufliche Leistungen

Quasi in letzter Sekunde klammerte das BMWi die Vergabe freiberuflicher Leistungen vom Anwendungsbereich der UVgO aus und vollzog eine Kehrtwende. Während § 8 Abs. 4 Nr. 4 des Entwurfs dafür noch die Verhandlungsvergabe als Regelfall ansah, nimmt die Sondervorschrift des § 50 UVgO i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 3 UVgO die Vergabe freiberuflicher Leistungen vom Anwendungsbereich der UVgO aus. Sie übernimmt die Regelung der Nummer 2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 55 der Bundeshaushaltsordnung (VV-BHO) und beschränkt sich auf die Aussage, dass auch freiberufliche Leistungen im (größtmöglichen) Wettbewerb zu vergeben sind. Damit erledigt sich die wettbewerblich bedenkliche Regelung des § 12 Abs. 3 S. 2 des Entwurfs, die es ermöglichen sollte, für alle nach Gebühren- oder Honorarordnung abzurechnenden freiberuflichen Leistungen mit nur einem einzigen Unternehmen verhandeln zu dürfen (vgl. hierzu Soudry, in: Vergabeblog Nr. 28077 vom 01.12.2016).

3. Vergabeunterlagen

Vertragsstrafen sollen weiterhin die Ausnahme bleiben: Wie schon in § 9 Abs. 2 VOL/A sollen sie auch nach § 21 Abs. 3 UVgO nur dann vereinbart werden dürfen, wenn die Überschreitung der Ausführungsfrist erhebliche Nachteile verursachen kann.

Auch Sicherheitsleistungen sollen – wie schon nach § 9 Abs. 4 VOL/A – nach § 21 Abs. 5 UVgO nur ausnahmsweise gefordert werden.

4. Nebenangebote

Keine Änderung im Vergleich zur VOL/A, aber eine Abkehr von der geplanten Vereinheitlichung des Unter- und Oberschwellenvergaberechts: Öffentliche Auftraggeber sollen bei zugelassenen Nebenangeboten nicht zwingend Mindestanforderungen festlegen müssen, § 25 Abs. 2 des Entwurfs ist ersatzlos weggefallen. Haben sie jedoch Mindestangebote vorgegeben, so sollen sie gemäß § 42 Abs. 2 UVgO nur Angebote berücksichtigen dürfen, die diese erfüllen. Im Oberschwellenbereich schreibt § 35 Abs. 2 VgV die Festlegung von Mindestanforderungen vor.

5. Ausschluss wegen Schlechtleistung

Die Anforderungen an den Ausschluss eines Bieters wegen früherer Schlechtleistung wurden im Vergleich zum GWB-Vergaberecht deutlich gesenkt: § 31 Abs. 2 S. 5 UVgO fordert für einen Ausschluss nur noch, dass ein Bieter einen früheren öffentlichen Auftrag mangelhaft erfüllt hat. Anders als nach § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist nicht erforderlich, dass die mangelhafte Ausführung auch zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. Öffentliche Auftraggeber sind jedoch gut beraten, hiervon nicht vorschnell Gebrauch zu machen, denn die Beweislast für das Vorliegen von Ausschlussgründen tragen sie. Sofern es im Einzelfall an einer gerichtfest messbaren Sanktion fehlt, wird es künftig im Besonderen auf eine ausführliche Dokumentation der Mängel ankommen.

6. Verschiedenes

Aufbewahrung: Gemäß § 6 Abs. 2 UVgO müssen öffentliche Auftraggeber die Dokumentation des Vergabeverfahrens einschließlich der Angebote, Teilnahmeanträge und Anlagen mindestens drei Jahre ab dem Zuschlag aufbewahren – in der letzten Entwurfsfassung waren noch fünf Jahre vorgesehen.

Information: § 46 Abs. 2 des Entwurfs enthielt – wie schon § 19 Abs. 2 VOL/A – die Verpflichtung, relevante Informationen über vergebene Aufträge ab einem Wert von 25.000 Euro im Internet zu veröffentlichen. Die Regelung wurde an dieser Stelle gestrichen, da sie bereits in § 30 Abs. 1 UVgO enthalten ist. Entfallen ist § 48 Abs. 2 des Entwurfs: Danach sollten öffentliche Auftraggeber die Bewerber und Bieter davon unterrichten müssen, wieso sie nach Aufhebung des Vergabeverfahrens auf die Vergabe des Auftrags oder auf ein erneutes Vergabeverfahren verzichteten. Die Abkehr von diesem „eisernen Grundsatz“ erscheint im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 2 Abs. 1 S. 1 UVgO bedenklich.

Registrierung: Unternehmen sollen auf Verlangen eine eindeutige Unternehmensbezeichnung sowie eine elektronische Adresse benennen müssen, § 7 Abs. 3 UVgO. Diese Regelung ist wortgleich zu § 9 Abs. 3 VgV.

Klarstellung: Der Verweis in § 42 Abs. 1 Hs. 1 auf §§ 123, 124 des GWB ist entfallen. Zum einen war der Verweis auf das GWB missverständlich. Zum anderen ergibt sich der Ausschluss ungeeigneter oder von §§ 123, 124 GWB betroffener Unternehmen schon aus § 31 Abs. 1 UVgO.

Wie geht es weiter?

Während als sicher gilt, dass der Bund die UVgO bis zum Frühjahr 2017 durch entsprechenden Erlass für anwendbar erklären wird, ist offen, ob und welche Länder dem folgen werden. Ist die Reform des nationalen Vergaberechts einmal abgeschlossen, könnten sich Bund und Land an das nächste große Thema wagen: die Kodifizierung eines einheitlichen Rechtsschutzes in Vergabeverfahren unterhalb der Schwellenwerte.

Hinweis der Redaktion: Wir empfehlen weiterführend und vertiefend zum Thema den zweiteiligen Beitrag des Autors „Das Wichtigste zur neuen Unterschwellenvergabeordnung (UVgO)“ in Vergabeblog.de vom 01/12/2016, Nr. 28077 und Vergabeblog.de vom 11/12/2016, Nr. 28201.

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Über Dr. Daniel Soudry, LL.M.

Herr Dr. Daniel Soudry ist Fachanwalt für Vergaberecht und Partner der Sozietät SOUDRY & SOUDRY Rechtsanwälte (Berlin). Herr Soudry berät bundesweit öffentliche Auftraggeber und Unternehmen bei Ausschreibungen, in vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren und im Öffentlichen Wirtschaftsrecht. Darüber hinaus publiziert er regelmäßig in wissenschaftlichen Fachmedien zu vergaberechtlichen Themen und tritt als Referent in Fachseminaren auf.

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6 Kommentare

  1. Peter

    „§ 46 Abs. 2 des Entwurfs enthielt – wie schon § 19 Abs. 2 VOL/A – die Verpflichtung, relevante Informationen über vergebene Aufträge ab einem Wert von 25.000 Euro im Internet zu veröffentlichen. Diese Pflicht, die wie bisher für Beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb gelten sollte, ist in der Endfassung der UVgO ersatzlos weggefallen.“

    Diese Pflicht ist nicht entfallen, sondern war im Entwurf an 2 Stellen genannt. Um eine Dopplung zu vermeiden, befindet sich die Regelung nur noch unter § 30 UVgO.

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  2. Michael Wankmüller

    Der Wegfall der Regelung in § 46 Abs. 2 des Entwurfs ist m.E. konsequent, da dieser Sachverhalt bereits im Entwurfsstadium und jetzt in § 30 Abs. 1 (Vergabebekanntmachung) geregelt ist.

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  3. Daniel Soudry

    Vielen Dank für Ihre Hinweise, der Beitrag wurde an dieser Stelle angepasst!

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