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Baugewerbe zu Infrastrukturgesellschaft: Privatisierung durch die Hintertür verhindern

Zum Gesetzespaket zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs gehört u.a. die Gründung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr des Bundes (Vergabeblog.de berichtete u.a. hier und hier). In ihr sollen Planung, Bau, Verwaltung und Finanzierung der Bundesautobahnen zentralisiert werden.

„Aus Sicht des deutschen Baugewerbes ist es durchaus sinnvoll, einen neuen institutionellen Rahmen für die Infrastrukturentwicklung in Deutschland zu schaffen, um Planung, Bau, Ausbau und Erhalt der Autobahnen über Ländergrenzen hinweg effizient abzuwickeln. Es kann aber nicht sein, dass ein derart wichtiges und einschneidendes Gesetzesvorhaben durch das Parlament gepeitscht wird. Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit!“ Dieses erklärte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen Ende März. Ziel müsse es sein, mit dem Gesetz tatsächlich effizientere und weiterhin demokratisch legitimierte Lösungen zu schaffen. Hier seien aber noch gravierende Fragestellungen offen.

Eine mögliche Privatisierung der Bundesfernstraßen durch die Hintertür (Anm. d. Red.: siehe dazu auch Vergabeblog.de vom 28/03/2017, Nr. 30345) sieht der Zentralverband als wichtigsten Punkt. „Eine materielle Privatisierung ist zwar ausgeschlossen. Funktionale Privatisierungen durch umfangreiche ÖPP-Projekte sind aber weiter vorgesehen. Deren Nachteile hat der Bundesrechnungshof bereits mehrfach dokumentiert. Damit sind Privatisierungen durch die Hintertür weiter möglich. Dieses muss aber verhindert werden.“, so Loewenstein weiter.

Darüber hinaus ist die Frage der Kreditfähigkeit der Gesellschaft zu regeln. Sie sollte auf den Ausgleich von Schwankungen bei den Einnahmen und Ausgaben begrenzt sein. Diese Meinung teilen der Bundesrechnungshof und wohl auch der Bundesfinanzminister. Nach dem Gesetzentwurf sind bisher keine Prüfrechte des Bundesrechnungshofes vorgesehen. Diese sind aber zwingend notwendig, um die Kontrollrechte des Parlaments zu gewährleisten.

Nach dem Gesetzentwurf ist auch vorgesehen, die Gesellschaft zunächst in der Rechtsform einer GmbH zu errichten. Die Rechtsform soll aber später überprüft und möglicherweise auch gewandelt werden können. Diese Wandlung beispielsweise in eine Aktiengesellschaft wäre nach dem Gesetzentwurf ohne Parlamentsbeteiligung möglich. „Dieses muss unbedingt verhindert werden. Mit einer Aktiengesellschaft, die sich Geld am Kapitalmarkt besorgen kann, würden die deutschen Autobahnen später dann doch faktisch privatisiert – und das dann auch noch ohne demokratische Legitimation. Das lehnen wir strikt ab. Wir appellieren an die Bundestagsabgeordneten, sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen. “, so Loewenstein abschließend.

Quelle: Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB)


Hinweis der Redaktion: Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB)  hat Ende 2016 ein Gutachten zum Thema “Autobahnprivatisierung” erstellen lassen , welches Sie hier abrufen können.

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