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VOB/A 2019 veröffentlicht!

Am 31.01.2019 hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) die Neufassung der VOB/A beschlossen. Entgegen dem Beschluss vom 13.11.2018 erfassen die Änderungen nicht nur den 1. Abschnitt für nationale Bauvergaben, sondern auch den 2. Abschnitt für EU-weite Vergaben und den 3. Abschnitt für Vergaben im Bereich Verteidigung und Sicherheit.
Die neue Fassung ist auf den Seiten des Bundesanzeigers abrufbar.

1. Ab wann gelten die Neuregelungen?
Der geänderte 1. Abschnitt soll im Zuständigkeitsbereich des Bundesbauministeriums ab dem 01.03.2019 angewendet werden. Hierzu soll zeitnah ein entsprechender Erlass erfolgen. Auf Landesebene ist der neue 1. Abschnitt bereits ab dem Tag der Veröffentlichung in den Bundesländern anzuwenden, welche in ihren Landesvergabegesetzen einen dynamischen Verweis auf die jeweils gültige Fassung der VOB/A beinhalten. Im Übrigen müssen die neuen Vorschriften erst angewendet werden, wenn diese durch einen Anwendungsbefehl, etwa durch Gesetz, Verordnung oder per Erlass in Kraft gesetzt werden

Die Änderungen des 2. Abschnitts für EU-weite Vergabeverfahren oberhalb eines Auftragswertes von 5.548.000 € netto treten noch nicht in Kraft. Hierzu ist zunächst eine Änderung der Vergabeverordnung (VgV) erforderlich, welche noch auf die Fassung des 2. Abschnitts aus dem Jahr 2016 verweist. Zur Änderung der VgV ist jedoch die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, was für gewöhnlich einige Zeit in Anspruch nimmt.

2. Die Änderungen im Einzelnen

2.1 Verfahrensarten
In materieller Hinsicht ermöglichen die Änderungen des 1. Abschnitts zunächst die Wahl vereinfachter Vergabeverfahren bei Bauvergaben zu Wohnzwecken. Bis zu einem Wert von 1.000.000 € netto je Gewerk ist eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb zulässig; bis zu einem Auftragswert von 100.000 € sogar die freihändige Vergabe. Hinzu kommt die Möglichkeit, für alle Bauleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 3.000 € netto eine Beschaffung ohne förmliches Vergabeverfahren durchzuführen, den Direktauftrag.

2.2 Eignungsnachweise und e-Vergabe
Weitere Vereinfachungen betreffen die Möglichkeiten, von der Vorlage von Eignungsnachweisen bei Auftragswerten von unter 10.000 € abzusehen und auf die Vorlage gänzlich zu verzichten, wenn die „den Zuschlag erteilende Stelle“ bereits im Besitz dieser Unterlagen ist.
Die e-Vergabe wird für den Bereich des 1. Abschnitts nicht verpflichtend eingeführt. Auftraggeber können ihre Ausschreibungen weiterhin „klassisch“ in Papierform abwickeln. Entscheiden sie sich jedoch – zulässig – für die elektronische Abwicklung, so gelten hier dieselben Vorschriften wie im Oberschwellenbereich.
Neu in der VOB/A ist die Anforderung an den Auftraggeber, an „zentraler Stelle in den Vergabeunterlagen“ „abschließend alle Unterlagen“ anzugeben. Diese Vorgabe betrifft sowohl den 1. als auch den 2. Abschnitt. Diese „abschließende Liste“ existierte zuletzt im Bereich des 1. Abschnitts des VOL/A in § 8 Abs. 3 und ist nicht mehr in der UVgO enthalten.

2.3 Nachfordern von Unterlagen
Maßgebliche Änderungen gegenüber der VOB/A 2016 beinhalten die Regelungen zum Nachfordern von Unterlagen in § 16a (EU) VOB/A, welche wortgleich für den 1. und 2. Abschnitt gelten. Diese Vorschriften sind an die Bestimmungen für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen in § 56 Abs. 2 VgV bzw. § 41 Abs. 2 UVgO angepasst, wobei im Detail Unterschiede verbleiben. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut

Der Auftraggeber muss Bieter, die für den Zuschlag in Betracht kommen, unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen – insbesondere Erklärungen, Angaben oder Nachweise – nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen – insbesondere Erklärungen, Produkt- und sonstige Angaben oder Nachweise – nachzureichen oder zu vervollständigen (Nachforderung), es sei denn, er hat von seinem Recht aus Absatz 3 Gebrauch gemacht. Es sind nur Unterlagen nachzufordern, die bereits mit dem Angebot vorzulegen waren.

Wie bisher im Baubereich müssen Auftraggeber fehlende (unternehmensbezogene) Unterlagen nachfordern. Darüber hinaus müssen solche Unterlagen auch vervollständigt werden, wenn sie unvollständig sind und korrigiert, wenn sie fehlerhaft sind. Die derzeit in der Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittene Frage, wann die Korrektur fehlerhafter Unterlagen rechtlich überhaupt zulässig ist und wann Unterlagen „fehlerhaft“ sind, wird durch die Vorschrift indes nicht beantwortet.

Weiter müssen Auftraggeber fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachfordern oder vervollständigen lassen. Hier ist besonders darauf hinzuweisen, dass Produktangaben ausdrücklich als leistungsbezogene Unterlagen angeführt werden. Im Liefer- und Dienstleistungsbereich vertreten mehrere Vergabekammern die Auffassung, dass eine Nachforderung bei diesen Unterlagen unzulässig ist. Bei Bauvergaben besteht diese Unklarheit aufgrund des eindeutigen Wortlautes nicht.

Zudem ist die bislang vorgesehene starre Frist von 6 Kalendertagen zur Nachforderung einer „angemessenen Frist“ gewichen. Welche Frist angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab und kann somit kürzer oder länger bemessen werden.

2.4 Zuschlagskriterien
Schließlich sind die Regelungen über die Zuschlagskriterien an den Oberschwellenbereich angeglichen worden. § 16d (EU) Abs. 2 VOB/A entspricht nun den Regelungen des § 58 VgV bzw. § 43 UVgO. Neben der Zulässigkeit personenbezogener Zuschlagskriterien ist es jetzt auch zulässig, Festpreise oder Festkosten vorzugeben, sodass die Auswahlentscheidung ausschließlich anhand qualitativer Kriterien erfolgt.

3. Fazit und Ausblick
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich die Vergabevorschriften für Bauleistungen einerseits und Liefer- und Dienstleistungen andererseits mehr und mehr annähern. Dies betrifft vor allem den bislang am stärksten divergierenden Aspekt des Nachforderns von Unterlagen. Der Nutzen weiterer Änderungen erschließt sich zunächst nicht – ob und inwieweit sich die Neuregelungen bewähren, wird die Anwendung in der Praxis zeigen.

Anmerkung der Redaktion
DVNW_Akademie_SeminarDer Autor, Herr RA Dr. Geitel, stellt in dem Seminar: „Die neue VOB/A 2019“ der DVNW-Akademie, die Neuerungen der VOB/A praxisnah vor. Informationen und eine Anmeldemöglichkeit finden Sie hier.

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Über Dr. Oskar Maria Geitel

Dr. Oskar Maria Geitel ist Fachanwalt für Vergaberecht und Rechtanwalt bei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB in Berlin. Er berät öffentliche Auftraggeber bei der Vorbereitung, Konzeption und Gestaltung sowie der anschließenden Durchführung von Vergabeverfahren. Einen weiteren Schwerpunkt seiner Tätigkeit stellt die rechtliche Begleitung von Bauvorhaben bezüglich aller Fragen des Baurechts dar, welche sich unmittelbar an die Begleitung des Vergabeverfahrens anschließt. Herr Geitel ist Kommentarautor, Lehrbeauftragter für Vergaberecht und Dozent bei diversen Bildungseinrichtungen.

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