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Kartellrecht: EU-Kommission verhängt Geldbuße gegen deutsches Verteidigungsunternehmen

Die Europäische Kommission hat gegen das Verteidigungsunternehmen Diehl eine Geldbuße von 1,2 Millionen Euro verhängt, weil es mit seinem Konkurrenten RUAG beim Verkauf von Handgranaten ein Kartell gebildet hat. Beide Unternehmen räumten ihre Kartellbeteiligung ein und stimmten einem Vergleich zu. Gegen RUAG wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission im Rahmen der Kronzeugenregelung von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte. Kommissar Didier Reynders, zuständig für Wettbewerbspolitik, erklärte: „Dies ist der erste Kartellbeschluss im Verteidigungssektor. In einer Zeit, in der sich die geopolitischen Gegebenheiten verändern, stellt er unter Beweis, dass wir in keinem Wirtschaftszweig Kartelle dulden, auch nicht in strategischen Wirtschaftszweigen.“

Die Zuwiderhandlung

Das Kartell betraf militärische Handgranaten.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die beiden Hersteller fast 14 Jahre lang nationale Märkte im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) untereinander aufgeteilt hatten. Entsprechend dieser Aufteilung durfte nur der Hersteller, dem ein bestimmtes Gebiet zugewiesen war, dort militärische Handgranaten verkaufen – es sei denn, der andere Kartellteilnehmer gab seine Zustimmung.

Die Untersuchung der Kommission bestätigte das Vorliegen einer einzigen, fortgesetzten Zuwiderhandlung im EWR, die sich auf den Zeitraum vom 7. November 2007 bis zum 23. November 2021 erstreckte. Die Kartellbeteiligung von RUAG endete am 15. April 2021.

Geldbußen

Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (im Folgenden „Leitlinien“, siehe auch MEMO) festgesetzt.

Bei der Festsetzung der Geldbußen berücksichtigte die Kommission insbesondere die Art der Zuwiderhandlung, ihre geografische Reichweite und ihre Dauer. Da die Anwendung der allgemeinen Methode für die Berechnung der Geldbuße eine sehr niedrige Geldbuße ergeben hätte, machte die Kommission von ihrem Ermessen Gebrauch, das ihr in Randnummer 37 der Leitlinien eingeräumt wird, und legte eine deutlich höhere Geldbuße fest, um eine hinreichende Abschreckung zu erzielen.

Beide Parteien arbeiteten im Rahmen der Kronzeugenregelung (Kronzeugenregelung von 2006) mit der Kommission zusammen:

  • RUAG wurde die Geldbuße, die rund 2,5 Millionen Euro betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission von dem Kartell in Kenntnis gesetzt hatte.
  • Die Geldbuße von Diehl wurde um 50 Prozent ermäßigt, weil das Unternehmen mit der Kommission während der Untersuchung zusammenarbeitete. Die Höhe der Ermäßigung richtet sich danach, wann ein Unternehmen seine Zusammenarbeit angeboten hat und inwieweit die von ihm vorgelegten Beweismittel zum Nachweis des Kartells beigetragen haben.

Darüber hinaus ermäßigte die Kommission die verhängten Geldbußen nach ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren aus dem Jahr 2008 um 10 Prozent, da die Unternehmen ihre Beteiligung an den Kartellen einräumten und die Verantwortung dafür übernahmen.

Hintergrund

Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen verboten. Dies ist das erste Kartellverfahren im Verteidigungssektor.

Die Kommission leitete die Kartelluntersuchung ein, nachdem RUAG auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 einen Antrag auf Geldbußenerlass gestellt hatte. Im Anschluss an Nachprüfungen im November 2021 stellte Diehl einen Antrag auf Geldbußenermäßigung.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall unter der Nummer AT.40760 im öffentlich zugänglichen Register der Kommission auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb veröffentlicht.

Quelle: EU Kommission

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